Derivate |
14.10.2015 14:15:00
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Das Jahr der Strukis
Wenn Aktienkurse stark schwanken, spielen Zertifikate ihre Vorteile aus. So attraktiv wie dieses Jahr waren die Konditionen im Derivatemarkt schon lange nicht mehr.
Lesen Privatanleger die Bezeichnung "strukturierte Produkte", blättern viele möglichst rasch weiter - begleitet von einem tiefen Seufzer. Schlecht sind die Erfahrungen, die sie mit Derivaten gemacht haben. Anstelle vermeintlich sicherer Gewinne resultierten Verluste. Vorbei sind daher auch die Zeiten, als zig Emittenten grossflächige Inserate in Zeitungen schalteten und Investoren kurz Ausschau nach möglichst hohen Coupons hielten, um dann zuzuschlagen. "Damals", so beginnt eine ehemalige Produktentwicklerin zu schwärmen, "ja, damals war es einfach. Wir gaben ein Inserat in Auftrag und schauten zu, wie Geld in die Produkte floss." Heute ist sie ihren Job los.
Die Derivatebranche steckt seit der Finanzkrise im Formtief und in den Sommermonaten ist das Geschäft traditionell flau. Nach den grossen Ferien ziehen die Handelsvolumen zwar meist wieder etwas an. Nicht so in diesem Jahr. Die Anleger sind nach wie vor verunsichert und tappen möglicherweise in eine verhaltenspsychologische Falle. Lacht die Sonne am Aktienmarkt, verkaufen sich die beliebten Barrier Reverse Convertibles, kurz BRC, einigermassen gut. Jetzt aber, wo die Aktienkurse kräftig durchgeschüttelt werden, bleiben Käufer fern. Vernünftig ist dieses Anlageverhalten nicht.
Bonus-Zertifikate für steigende Märkte
Im Fall steigender Kurse ergibt es wenig Sinn, das Aufwärtspotenzial mit BRC zu begrenzen. Besser wird in haussierenden Märkten in Bonus-Zertifikate investiert. Diese Struktur zahlt zwar keinen garantierten Coupon, doch nach oben wird in den meisten Fällen unlimitiert partizipiert. Zudem wird oft eine Mindestrückzahlung ausbezahlt, zumindest dann, wenn es zu keiner Barriereverletzung kommt.
Die richtige Wahl im laufenden Jahr waren und sind aber ganz klar BRC auf Aktien. Die wichtigen Indizes bewegen sich - grosszügig ausgedrückt - seitwärts. Seit Anfang Jahr erlitten so gut wie alle Verluste. Die Partizipation nach oben war also nicht das ausschlaggebende Kriterium für einen Investitionsentscheid. Viel wichtiger war es, mit grosszügigem Kapitalschutz Aktienengagements einzugehen. Weil dieser aber sehr teuer ist und in Franken eigentlich nicht finanzierbar, bieten sich BRC als Alternative an.
Die Attraktivität von BRC steigt in turbulenten Marktphasen. Der Grund: Das Auszahlungsprofil der Struktur wird aus dem Verkauf von Optionen finanziert. Vereinfacht gesagt verteuern sich diese mit steigender Volatilität. Als Folge können Emittenten ansprechendere Konditionen anbieten. Das äusserst sich in höheren Coupons oder tieferen Barrieren.
Vollen Kapitalschutz aktivieren
Mit dem Wiedererstarken Glencores am Aktienmarkt haben sich die Konditionen von Glencore-BRC wieder etwas eingetrübt - wer Ausschau nach wirklich herausragenden Coupons und Barrieren hält, muss auf Zack sein und bei aussergewöhnlichen Kursbewegungen umgehend Verbindung mit dem Kundenberater aufnehmen. Zudem muss die Hausbank in der Lage sein, auf ein sogenanntes Multi-Issuer-Tool zuzugreifen, um das gewünschte Zertifikat für den Kunden masszuschneidern. ZKB, UBS und Vontobel sind solche Schweizer Banken. Ab einer Summe von zehntausend Franken ist eine Transaktion möglich.
Aktuell lohnt sich ein zusätzlicher Blick auf die Zeichnungskalender der Emittenten. Nicht nur die Konditionen der meisten Produkte sind besser als sie es vor einigen Monaten waren, mitunter gibt es auch neue, innovative Auszahlungsprofile zu entdecken. Vielversprechend klingt etwa die Struktur Lock-in BRC, die von diversen Emittenten im Frühling lanciert wurde. Den beliebten Barriere-Produkten wurde eine Zusatzfunktion eingebaut - namentlich ein Lockin-Level. In der Regel liegen diesen Produkten drei bis vier Basiswerte zugrunde. Schliessen diese Basiswerte an monatlichen Beobachtungstagen oberhalb des Levels von meist 103 Prozent, aktiviert das einen vollständigen Kapitalschutz. Anstelle eines Derivats haben Anleger dann eine Anleihe mit überdurchschnittlich hoher Verzinsung im Portfolio.
Sekundärmarkt beachten
Das Verhalten von Lock-in BRC im Sekundärmarkt ist ebenfalls vorteilhaft. Mit Aktivierung des Lock-in-Levels steigen die Strukis in die Nähe der Maximalrendite. Wäre dem nicht so, könnten sich Findige einen "free lunch" einverleiben. Anlegern bietet sich also die Chance, bereits vor Verfall eine ansprechende Rendite zu realisieren. Vor dem Verkauf sollte unbedingt die Geld-Brief-Spanne des Produkts angeschaut werden, möglicherweise ist diese so hoch, dass es sich lohnt, "gelockte" BRC bis zum Verfall zu halten.
Für alle, die länger nicht in ein strukturiertes Produkt investiert haben, gilt es, "Hemmungen" abzulegen. So attraktiv wie dieses Jahr waren die Konditionen im Derivatemarkt schon lange nicht mehr. Auch das Argument der zu hohen Gebühren verfängt nicht (mehr). Seit März werden die Retrozessionen auf den Term Sheets ausgewiesen. Wird ein Produkt über eine Multi-Issuer-Plattform abgeschlossen, ist die Gebührenhöhe mitunter verhandelbar. Mehr als 1 Prozent pro Jahr sollte nie bezahlt werden.
(Handelszeitung)
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