Schwellenländer |
02.09.2015 14:20:00
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Die Masche mit den Fonds-Kürzeln
Sie heissen Bric, Trick oder Mist - Anbieter von Schwellenländer-Fonds werben mit griffigen Akronymen. Doch die Fonds bringen kaum einen Mehrwert.
Guido vom Schemm ist sich sicher: Er hat eine neue Top-Anlageregion ausgemacht. "In diesem Jahr dreht sich alles um die Tricks", behauptet der Chef der Vermögensverwaltung GVS Financial Solutions. Unter dem griffigen Akronym hat er die Türkei, Russland, Indien, China und Korea zusammengefasst. Mit einem Investment in diesen Schwellenländern könnten Anleger in den kommenden Monaten ansehnliche Gewinne erzielen, ist vom Schemm überzeugt.
Der türkische Markt etwa sei vor allem für Schnäppchenjäger eine lukrative Option: "Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des dortigen Aktienmarktes liegt bei zehn", sagt er. Indien wiederum sei spätestens seit dem Amtsantritt von Premierminister Narendra Modi im Mai 2014 wieder in der Spur.
Auch die anderen drei Länder hält vom Schemm aus verschiedenen Gründen für attraktiv: Russland eigne sich für risikofreudige Investoren, China wandle sich von der Export- zur Konsumnation und Südkoreas Wirtschaft dürfe von den jüngsten Reformen profitieren. Alles in allem führt aus Sicht vom Schemms an den Trick-Staaten mittelfristig kein Weg vorbei. Wenn er sich da mal nicht täuscht.
Keine Trick-Fonds am Markt
Experten zufolge entbehren die Marketing-Labels denn auch jeglicher ernsthaften Grundlage als Anlageform. Noch sind keine Trick-Fonds am Markt. Ob sie im Fall des Falles erfolgreich wären und Trick sich als Anlageregion etablieren kann, lässt sich also aus gutem Grund bezweifeln.
Der Trend zur Akronymisierung der Emerging Markets begann vor beinahe 15 Jahren. Im Jahr 2001 erfand Jim O'Neill, Chefökonom der US-Investmentbank Goldman Sachs, die Abkürzung Bric, welche die vier grössten Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China zusammenfasste. Damals überzeugten die vier Staaten mit hohen Wachstumsraten und galten angesichts schwächelnder Industriestaaten als grosse Hoffnungsträger der Weltwirtschaft. Goldman-Sachs-Ökonom O'Neill prophezeite den vier Ländern eine grosse Zukunft als kommende Wirtschaftsmächte.
Gute Vermarktung
Die Marketingabteilungen von Banken und Fondsgesellschaften nahmen das Kürzel dankbar auf: Es klang griffig und liess sich gut vermarkten. In der kommenden Dekade kauften Schwellenländer-Investoren mit Vorliebe alles, worauf das Etikett Bric klebte. Später wurde das Akronym um Korea erweitert und hiess fortan Brick, auch Brics - das S steht für Südafrika - machte die Runde.
Bric-Fonds legten zunächst auch mitunter rasante Wertsteigerungen hin. Unter dem Strich und mehr als ein Jahrzehnt nach dem Bric-Hype fällt die Bilanz vieler Produkte allerdings mässig aus. Im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008 brachen die meisten Bric-Fonds vollständig ein und haben sich seither nicht erholt: Ein Produkt der Schweizer Privatbank Banque Bonhôte etwa verzeichnete über drei Jahre hinweg eine jährliche Wertsteigerung von gerade einmal 0,8 Prozent, über fünf Jahre betrachtet besteht gar ein jährliches Minus von 3,71 Prozent. Ähnlich schlecht schnitt der Schroder International Selection Fund Bric ab: Minus 1,16 Prozent über drei Jahre, minus 3,5 Prozent über fünf Jahre hinweg, lautet die Bilanz.
Erwartungen nicht erfüllt
"Die Bric-Staaten haben die Erwartungen schlicht nicht erfüllt", sagt Markus Ackermann, Schwellenländer-Experte bei HSBC Global Asset Management. Im Jahr 2001 sei die Zusammenfassung der Länder zu einem griffigen Kürzel zwar durchaus verständlich gewesen: "Das Aufholpotenzial war definitiv vorhanden." Nun aber schwächelten die Wachstumsraten, die grossen Schwellenländer hätten derzeit allesamt Probleme - sei es politischer oder ökonomischer Natur.
Fondsanbieter haben viele Bric-Fonds längst wieder geschlossen, andere verschmolzen die Produkte mit globalen Schwellenländer-Fonds. So änderte etwa der DWS Invest Bric Plus sowohl seinen Namen als auch Strategie und heisst nun Deutsche Invest Global Emerging Markets Equities. Die Wertentwicklung kann sich sehen lassen: Im vergangenen Jahr schaffte der neu strukturierte Fonds ein Plus von 10 Prozent, im laufenden Jahr sind es bereits 8,5 Prozent.
Neue Schwellenländer-Akronyme
Die Entscheidung, sich nicht mehr nur auf die Bric-Staaten zu fokussieren, dürfte also richtig gewesen sein. Seit dem Jahr 2011 haben sich die Aktienmärkte in Brasilien, Russland, Indien und China insgesamt lediglich seitwärts bewegt. Als Marketinglabel ist Bric nicht mehr zu gebrauchen, sind sich Analysten einig. Die Nachfolger des Akronyms nehmen sie grösstenteils überhaupt nicht mehr ernst. Marketingspezialisten haben in den vergangenen Jahren quasi inflationär neue Schwellenländer-Akronyme erfunden: Zum Beispiel das vor allem im deutschen Raum nicht gerade wohlklingende Mist.
Das Kürzel steht für Mexiko, Indonesien, Südkorea und die Türkei. "Sehr aussagekräftig", ätzt ein Marktbeobachter. Oder Civets, ein Akronym, das Kolumbien, Indonesien, Vietnam, Ägypten, die Türkei und Südafrika zusammenfasst. Goldman-Sachs-Ökonom O'Neill stellte im Jahr 2005 seine persönliche Liste der Nachfolger der Bric-Staaten als Wachstumslokomotive der Emerging Markets zusammen und fasste sie unter dem Namen Next Eleven zusammen. Auf der Liste stehen unter anderem Ägypten, Iran, Nigeria und Vietnam. Investmentgesellschaften bringen immer wieder neue Fonds auf den Markt, die in solche Ländergruppen investieren.
Fokus auf Asien
Anleger sollten von den vermeintlich vielversprechenden Produkten die Finger lassen: In der Regel schneiden sie nicht besser ab als breit gestreute Schwellenländer-Fonds - und haben darüber hinaus oft eine geringe Lebensdauer. Es sei eben schwierig, Schwellenländer in einen Topf zu werfen - auch wenn ein griffiges Label darauf klebe, sagt Mariano Arrieta, Schwellenländer-Analyst bei der Credit Suisse: "Dafür sind die einzelnen Länder viel zu unterschiedlich." Aus diesem Grund investieren viele Manager von Schwellenländer-Fonds mittlerweile auch nicht mehr nach Ländern, sondern suchen gezielt nach Einzeltiteln in allen Emerging Markets.
Nur etwas für Risikofreudige
Statt in zusammengewürfelte Ländergruppen sollten Anleger in global anlegende Schwellenländer-Fonds investieren - sofern sie die nötige Risikofreude mitbringen. "Aktienmärkte in Schwellenländern schwanken ohnehin sehr stark, und derzeit hat fast jedes Land mit Problemen zu kämpfen", sagt HSBC-Experte Ackermann. Ein Schwellenländer-Investment sei deshalb mit Risiken verbunden, die sich durch möglichst breite Streuung am besten begrenzen liessen.
Perspektivisch könnten einige Länder allerdings wieder in die Spur finden, erwartet Ackermann. "Vor allem Asien bleibt als Anlageregion interessant." Wer ein Emerging-Market-Investment wagen will, sollte sich also einen Fonds aussuchen, der breit in Emerging Markets investiert, den Fokus aber auf asiatische Unternehmen legt.
(Handelszeitung)
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