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Börsenausblick 16.03.2015 06:45:00

«Ausweitung der Negativzinsen eher unwahrscheinlich»

Was erwartet Anleger diese Woche, wo bieten sich Chancen und wo Risiken? Jeden Montag gibt an dieser Stelle ein anderer Experte eine Einschätzung über die aktuelle Börsenwoche - heute Philipp Grüebler, Geschäftsführer der Grüebler Vermögensverwaltung.


Gibt es Einflüsse der Vorwoche, welche an der Börse nachwirken werden?
Philipp Grüebler*: In der vergangenen Woche hat die EZB mit ihrem massiven «Quantitative Easing»-Programm begonnen. Die nationalen Notenbanken kaufen Staatsanleihen der jeweiligen Länder mit Laufzeiten bis zu 30 Jahren. Es ist klar, dass dies die Preise der Papiere hochtreiben und damit ihre Renditen massiv drücken wird. Dadurch werden Obligationen immer unattraktiver für Anleger, diese werden zum Kauf von Aktien gedrängt. Aufgrund der erwarteten steigenden Zinsen in den USA entsteht zudem eine Divergenz zwischen der Notenbankpolitik der USA und Europas, was die ausgeprägte Euroschwäche gegenüber dem US Dollar erklärt. Europäische Exporteure erhalten dadurch einen von der EZB gewünschten Wettbewerbsvorteil.

Welche Ereignisse werden die Woche prägen?
Vor allem makroökonomische Ereignisse werden diese Woche für Spannung sorgen. Das Drama um Griechenland geht in die Verlängerung: Die Griechen sind zum Kaufprogramm der EZB nicht zugelassen und müssen ein nachgebessertes Reformprogramm liefern. In den USA trifft sich das Fed am Mittwoch, um über ihre Zinspolitik zu entscheiden. Der Markt erwartet ein Zeichen, wann das Fed mit der Zinserhöhung in diesem Jahr beginnen wird. In der Schweizer Presse kursierten in der vergangenen Woche Gerüchte, wonach die Schweizerische Nationalbank am Donnerstag den Zins von -0.75% auf -1.5% senken könnte. Da dies zum Nachteil des klassischen Bankgeschäftes, der Vorsorgewerke und der Sparer wäre, halte ich die Ausweitung der Negativzinsen für eher unwahrscheinlich.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Der starke Dollar und die tiefen Zinsen könnten an der Börse für ein weiteres Strohfeuer sorgen. Die Luft ist jedoch nach der starken Rally der vergangenen Wochen dünn geworden, da die schweizerischen Aktien sehr hoch bewertet sind. Ich tippe daher auf eine Seitwärtsbewegung.

Welche Schweizer Unternehmen/Branchen stehen in nächster Zeit besonders im Fokus?
Spannend ist die Frage nach der strategischen Ausrichtung der Credit Suisse unter dem neuen CEO Tidjane Thiam. Die Bank ist aufgrund ihrer grossen und kapitalintensiven Investment Banking Sparte stark unterkapitalisiert. Schafft es die Credit Suisse, ihr von den Amerikanern dominiertes Investment Banking massgeblich zu beschneiden und das profitable Wealth Management zu stärken? Antworten werden wir wohl erst im zweiten Semester erhalten.

Ihr Ratschlag für Anleger - wo bieten sich Chancen?
Exporteure aus der Eurozone haben durch den schwachen Euro nun einen kompetitiven Vorteil und können vermehrt in die USA mit ihrer anziehenden Wirtschaft exportieren. Zudem sind deren Aktien tiefer bewertet als der Schweizer oder US Aktienmarkt und die EZB wird mit ihrer ultraexpansiven Geldpolitik die europäischen Aktienmärkte weiterhin beflügeln. Deutsche Sparer waren bis anhin stark in festverzinslichen Instrumenten engagiert und werden nun durch die tiefen Zinsen in Aktien gedrängt. Ich favorisiere daher solide deutsche Industriewerte, an welchen man mit einem Exchange Traded Fund (ETF) auf den DAX partizipieren kann.

Wo sehen Sie Risiken?
Die Märkte sind zurzeit relativ ruhig, doch können die unterschiedlichsten Ereignisse zu erhöhter Volatilität und zu Korrekturen wie im vergangenen Oktober, Dezember oder Januar führen. Das grösste Risiko stellt sicherlich die hohe Bewertung der globalen Aktienmärkte dar. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone kann zwar nicht mehr ausgeschlossen werden und hat das Potential an den Finanzmärkten für grössere Unruhen zu sorgen, jedoch ist die Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Szenarios aus politischen Gründen noch gering.

Wie schätzen Sie die Entwicklung an der Schweizer Börse über die nächsten 12 Monate ein?
Das Spannungsfeld geprägt durch expansive Notenbankliquidität und hohe Bewertung der Schweizer Aktien wird in den nächsten 12 Monaten für Volatilität sorgen. Die hohe Bewertung fungiert dabei als Deckel für weitere Kurssteigerungen. Insgesamt erwarte ich, dass der Schweizer Aktienmarkt sich seitwärts bewegt, wobei die Wahrscheinlichkeit grösserer Einbrüche gestiegen ist.

*Philipp Grüebler ist Portfolio Manager und Geschäftsführer der Grüebler Vermögensverwaltung AG. Bevor er im Jahr 2000 zur Grüebler Vermögensverwaltung AG stiess arbeitete er bei UBS und Credit Suisse. 1995 schloss er das Betriebswirtschaftsstudium mit dem Lizenziat ab und 2000 den Chartered Finanicial Analyst (CFA).

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