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HZ-Geldfrage 15.06.2013 07:45:00

"Dollar-Hausse ist eine zwangsläufige Rally"

Tilmann Galler, Kapitalmarktexperte bei JP Morgan Asset Management, äussert sich zu den Erwartungen an die US-Notenbank – und nennt seine Szenarien für Aktien, Devisen und Rohstoffe.

Interview von Urs Aeberli (Handelszeitung)

Der Dollar haussierte in den letzten Wochen. Es sei eine «zwangsläufige Rally», meint Tilmann Galler. Der Kapitalmarktexperte von JP Morgan Asset Management erklärt sie mit der simplen Erwartung, dass die amerikanische Notenbank als Erste die Geldpolitik straffe, nachdem sie diese als Erste gelockert habe.

Wann wird Amerikas Notenbank Fed ihre Anleihenkäufe drosseln?
Tilmann Galler: Die Fed erklärt, dass sie die quantitative Lockerung ab einer ­Arbeitslosenrate von maximal 6,5 Prozent auf­geben werde. Mit zurzeit 7,6 Prozent sind wir immer noch ein ganzes Stück ­davon entfernt. Wenn wir den aktuellen Trend auf dem Arbeitsmarkt der USA in die ­Zukunft extrapolieren, wird die Ziel-­Arbeitslosenquote voraussichtlich erst im November 2014 erreicht werden. Bei einer Beschleunigung des US-Wachstums könnte die Marke frühestens im Juni 2014 erreicht sein, während das bei einer Wachstumsverlangsamung erst im Oktober 2015 der Fall wäre. Die rückläufige Entwicklung der Kerninflation sendet ebenfalls keine Alarmsignale an die Fed, vorzeitig die Geldpolitik zu straffen.

Also die beste aller Welten?
Einzig der rasante Preisanstieg ­risikobehafteter Anlageklassen könnte bei der Fed eine gewisse Besorgnis ausgelöst haben. Doch die letzten Tage zeigten, dass auch eine rein verbale Intervention die Dynamik bremsen kann. So erwarten wir, dass die amerikanische Notenbank zumindest bis Dezember mit ihren ­Käufen unvermindert fortfährt.

Doch in Erwartung steigender Zinsen hat sich der Dollar bereits aufgewertet, oder?
Die geldpolitischen Lockerungen in den Industrienationen gingen von der Fed und der Bank of England aus. Eineinhalb Jahre später schloss sich die Europäische Zentralbank an, und jetzt zog auch die Bank of Japan nach. Dadurch entsteht ein Umfeld, in dem viele Anleger erwarten, dass die Fed, die den quantitativen Lockerungskurs als Erste einschlug, auch als Erste wieder aussteigt. Durch diesen Effekt entsteht eine – wie wir es nennen – zwangsläufige Rally des Dollar, die nur dadurch begründet ist, dass dieser angesichts der geldpolitischen Kursänderungen anderswo in der entwickelten Welt nicht ganz so schlecht dasteht wie die Währungen anderer wichtiger Industrienationen.

Verstärkt die gute Konjunktur in den USA den Aufwertungsdruck auf den Dollar?
Die Aufwertungstendenz aufgrund der relativ stärkeren US-Wirtschaft gegenüber Europa wird durch die im ­Vergleich weiterhin expansive Geldpolitik wettgemacht. In den letzten Monaten stieg die Geldbasis in den USA kontinuierlich an, während wir in der Euro-Zone die entgegengesetzte Entwicklung erlebten.

Was heisst das für die Entwicklung des Dollarkurses bis Ende des Jahres?
Gegenüber der EU-Einheitswährung wird sich der Dollar zwischen 1.26 und 1.36 Euro seitwärts bewegen. Da sich der Franken 2013 weiterhin sehr nahe am Euro bewegen wird, sehen wir den Dollar auch gegenüber der Schweizer Währung in einer Spanne von 0.90 bis 0.98 Franken seitwärts tendieren.

Sollte der Dollar nachhaltig steigen, was wären die Folgen für die Schwellenländer?
Das ist nicht unser Kernszenario. In der Vergangenheit wurde ein kräftig anziehender Dollar in der Regel von einer Underperformance der Schwellenländer begleitet.

Hätte ein starker Dollar auch negative Folgen für die amerikanischen Aktien?
Nicht unbedingt. Bisher waren Phasen der Dollarstärke wie 1980 bis 1985 und 1995 bis 2001 eher positiv für US-­Aktien. Stark exportorientierte Aktien dürften in diesem Szenario jedoch zu den Underperformern zählen.

Was geschähe mit den Rohstoffpreisen?
Wenn sich der Dollar aufwertet, gehen die Rohstoffpreise in der Regel ­zurück. Das hat auch negative Folgen für die Währungen rohstoffexportierender Länder. Der brasilianische Real ist ein ­gutes Beispiel – er wird immer noch durch gute Renditen gestützt, ist aber korrekturanfällig, weil er über dem fairen Bewertungsniveau liegt. Der chilenische Peso ist ebenfalls eine Währung, die verhältnismässig teuer erscheint und anfällig sein könnte, vor allem wenn der Dollar die Kupferpreise in Mitleidenschaft zieht.

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