Euro am Sonntag |
13.12.2017 09:12:00
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Schweiz: Dickes Plus in Sicht
Die Wirtschaft des Landes gewinnt dank der robusten Weltkonjunktur endlich an Fahrt. Vor allem die Exportindustrie profitiert und könnte eidgenössischen Aktien zu einem neuen Allzeithoch verhelfen.
Kurz vor Weihnachten wird es für die Schweiz noch mal ungemütlich. Diese Woche setzte die Europäische Union das Land auf ihre graue Liste der Steueroasen. Das Fehlen von zwei Missbrauchsklauseln im eidgenössischen Unternehmensteuerrecht hatte die Schweiz unerwartet auf diese sogenannte Watchlist katapultiert.
Größeres Ungemach droht aber aus den USA: Dort steht die umstrittene US-Steuerreform von Donald Trump kurz vor der Verabschiedung. Deren Kernelemente, nämlich niedrigere Unternehmensteuern und die Möglichkeit, im Ausland geparktes Vermögen zu einem niedrigen Steuersatz zurück in die USA zu holen, könnten die Schweiz hart treffen. Sie profitiert dank ihrer niedrigen Steuern besonders stark von Gewinnverschiebungen der US-Konzerne.
Ein möglicher Rückzug amerikanischer Firmen wäre zwar ein Dämpfer für die Wirtschaft der Alpenrepublik, aber kein Drama. Neben der robusten Weltkonjunktur hat vor allem der vergleichsweise günstige Schweizer Franken dazu beigetragen, dass das lange Zeit enttäuschende Wirtschaftswachstum endlich anzieht. Insbesondere die Exportindustrie profitiert vom Aufschwung weltweit und der weiterhin expansiven Geldpolitik - woraus sich für Anleger lukrative Investmentchancen ergeben.
Für die US-Bank Morgan Stanley gehört die Schweiz sogar zu einem der aussichtsreichsten Investmentziele im kommenden Jahr. Das Hauptargument sind vor allem die guten Gewinnaussichten der dortigen Unternehmen. Die Schätzungen dafür seien für 2018 und 2019 nach oben korrigiert worden. Schweizer Firmen, so die Analysten, hätten damit eine der höchsten Gewinnrevisionsraten in Europa. Kein Wunder, dass Marktbeobachter damit rechnen, dass der SMI, der Aktienindex der Eidgenossen, sein Allzeithoch von 9.531 Punkten aus 2007 im kommenden Jahr knacken könnte, nachdem er es vor zwei Jahren nur knapp verpasst hat.
Gute Zahlen, gute Stimmung
Die guten Aussichten kommen nicht von ungefähr. Vor allem Exportunternehmen litten unter dem starken Franken nach Aufhebung des Mindestkurses 2015. Ihre Produkte verteuerten sich auf dem Weltmarkt über Nacht und wurden weniger nachgefragt. Viele Unternehmen reagierten auf den rauen Wind mit strukturellen Anpassungen in ihrer Wertschöpfungskette: Prozesse wurden effizienter gestaltet, Kosten gesenkt - das zahlt sich nun aus.
Die Auftragsbücher vieler Unternehmen sind voll, die Lager leeren sich trotz gestiegener Produktion, und jeden Tag werden 1.350 Jobs in der Schweiz geschaffen. Die ohnehin niedrige Arbeitslosenquote soll nächstes Jahr unter die Dreiprozentmarke fallen.
Entsprechend gut ist die Stimmung: Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie kletterte im November um 3,2 Zähler auf 65,1 Punkte. Das liegt nicht nur über den Erwartungen befragter Ökonomen, die von maximal 63,5 Punkten ausgegangen waren, sondern ist auch der höchste Wert seit Juli 2010.
Mittlerweile spiegelt sich die Entwicklung auch im Wirtschaftswachstum wider: Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im dritten Quartal mit 1,2 Prozent Plus gegenüber dem Vorjahresquartal so stark wie seit drei Jahren nicht mehr. Für 2018 wird ein Anstieg um 2,2 Prozent prognostiziert. Nach Jahren mit deflationären Tendenzen legt auch die Inflation zu, wenn auch mit einer Rate von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr relativ moderat.
Angesichts der anziehenden Teuerung und der gut laufenden Wirtschaft rückt für die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Möglichkeit näher, ihre Geldpolitik zu straffen. Drei Jahre lang waren die Währungshüter vor allem damit beschäftigt, den Wechselkurs des Franken auf einem für die Exportwirtschaft halbwegs erträglichem Maß zu halten. Durch Negativzinsen und den Aufkauf von Fremdwährungen in Milliardenhöhe sollte eine Aufwertung des Franken verhindert werden. Mit dem Ende der Eurokrise und den besseren Wirtschaftsdaten aus der Eurozone waren Interventionen am Devisenmarkt zuletzt immer seltener nötig.
Wenn die Schweizer Währungshüter nächsten Donnerstag zu ihrer vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung zusammenkommen, ist es dennoch unwahrscheinlich, dass ernsthafte Straffungsschritte diskutiert werden. Der Wechselkurs zum Euro bewegt sich derzeit stabil zwischen 1,16 und 1,17 Franken. Damit ist die Währung zwar deutlich günstiger als nach der Aufhebung des Mindestkurses Anfang 2015. Gemäß der Kaufkraftparität liegt der faire Wert aber bei einem Wechselkurs von 1,21 Franken je Euro. Der Franken ist also noch immer zu teuer.
Exporteure als Profiteure
Nach Meinung von Karsten Junius, Chefvolkswirt der Bank J. Safra Sarasin, scheiden höhere Zinsen darum auch erst mal aus. "Eine isolierte Zinserhöhung in der Schweiz würde die ohnehin unterdurchschnittliche Zinsdifferenz zu Euro-Anlagen noch verringern und Aufwärtsdruck auf den Franken auslösen", sagt er. Zinserhöhungen seitens der SNB sind wohl frühestens dann zu erwarten, wenn auch die Europäische Zentralbank damit beginnt. Vor 2019 rechnet mit diesem Schritt allerdings kaum jemand.
Was des Sparers Leid, ist der Wirtschaft Freud: Der Anreiz für Investitionen bleibt angesichts geringer Kreditkosten hoch und der Franken relativ günstig. Insbesondere für Exporteure könnten fette Jahre bevorstehen: Die ohnehin gute Nachfrage nach Schweizer Produkten dürfte dank des vergleichsweise schwachen Franken noch verstärkt werden.
Nach Ansicht der Analysten von Morgan Stanley könnte der Franken bis Mitte kommenden Jahres sogar auf 1,28 Franken weiter abwerten. Insbesondere exportorientierte Titel wie der Lebensmittelkonzern Nestlé, das Pharmaunternehmen Novartis oder der Luxusgüterhersteller Richemont werden in den Portfolios der Bank darum übergewichtet.
Auch Finanzwerte stehen auf dem Einkaufszettel. Allerdings sind die Titel trotz höherer Gewinnprognosen mit Vorsicht zu genießen: Den Geldhäusern droht angesichts der US-Steuerreform eine Wertminderung ihrer Verlustvorträge, die sie während der Finanzkrise in den USA angehäuft haben. Die Folge wären Abschreibungen in Milliardenhöhe. Wann sie fällig werden, hängt davon ab, wann Donald Trump das geplante Gesetz unterzeichnet - vermutlich noch vor Weihnachten.
Investor-Info
DWS Zürich Inv. Aktien Schweiz
Schweizer von Weltrang
Der Fonds investiert überwiegend in Schweizer Bluechips von internationalem Renommee, die von der weltweit steigenden Nachfrage und dem günstigeren Franken profitieren. Mit je rund neun Prozent sind der Pharmariese Novartis sowie der Lebensmittelkonzern Nestlé am schwersten gewichtet. Der Anteil des Uhrenherstellers Richemont am Portfolio beträgt knapp fünf Prozent. Neben den Schweizer Großkonzernen investiert das Fondsmanagement außerdem in ausgewählte kleinere und mittelgroße Gesellschaften mit guten Wachstumsperspektiven. Anfallende Dividenden der Einzeltitel werden an die Anleger ausgeschüttet.
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