«Frankenabwertung wäre für den SMI förderlich»

Gibt es Einflüsse der Vorwoche, welche an der Börse nachwirken werden?
Adrian Scherer*: Nach den turbulenten Ereignissen während der zweiten Januarhälfte ist an den Märkten letzte Woche eine gewisse Beruhigung eingetreten und die Volatilität des SMI hat sich weiter zurückgebildet. Nebst den Unternehmensausweisen verfolgten die Investoren die Entwicklung der heimischen Währung mit grossem Interesse. Die Anleger suchen nach dem neuen ‚Gleichgewichtspreis‘ des Schweizerfrankens primär in Relation zum Euro und US-Dollar. Auch diese Woche dürften diese beiden Faktoren tonangebend bleiben. Ich erwarte, dass die Franken-Entwicklung kurzfristig einen starken Einfluss auf den SMI ausüben wird.

Welche Ereignisse werden die Woche prägen?
Die Publikation der Teuerung und der Arbeitslosigkeit in der Schweiz dürfte höchstens einen Einfluss auf heimische Detailhändler haben. Auf internationaler Ebene wird die erste Schätzung des Wirtschaftswachstums der Euro Zone eine gewisse Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Präsentation der Gewinnausweise ist weiter in vollem Schwung und dürfte den grössten Einfluss auf die Kursentwicklung haben.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Ich gehe von einer weiteren Abschwächung des Schweizerfrankens in den kommenden Wochen aus, was der weiteren Erholung des SMI förderlich sein wird. Die Erholung wird aber im Vergleich zu den letzten drei Wochen eine Verlangsamung erfahren und es dürften mehr negative Tage zu verzeichnen sein.

Welche Schweizer Unternehmen/Branchen stehen in nächster Zeit besonders im Fokus?
In der Schweiz werden vor allem die Finanzwerte UBS, CS und Zurich Insurance im Fokus stehen, welche diese Woche ihre Gewinnausweise präsentieren werden. Diese drei Werte machen rund 13 Prozent des SMI aus und werden daher einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf den Index haben. Nebst dem eigentlichen Gewinnausweis interessiert aber vor allem der Ausblick und die Frage, wie sich die Firmen den sich nochmals akzentuierten Herausforderungen eines starken Schweizerfrankens und tiefen, respektive negativen Zinsen stellen werden.

Ihr Ratschlag für Anleger - wo bieten sich Chancen?
Das extreme Tiefzinsumfeld heizt die Suche nach Rendite weiter an. Obwohl aus Risikosicht nicht zu befürworten, werden Obligationenanleger wahrscheinlich vermehrt in Aktien investieren, da diese mit einer Dividendenrendite von mehr als 3 Prozent (SMI) locken. Im Fokus dieser Anleger werden Firmen mit tiefem Beta, starken Bilanzen und hohen Dividendenrenditen stehen. Die Dividende soll gesichert sein und in den vergangenen Jahren regelmässig eine Erhöhung erfahren haben. Mit einem Beta von 0.65, einer schuldenfreien Bilanz und einer Dividendenrendite von über 5 Prozent passt beispielsweise Schweiter in dieses Schema.

Wo sehen Sie Risiken
Grossbanken wie UBS und CS, welche diese Woche die Zahlen präsentieren werden, sind immer für eine Überraschung - positiver oder negativer Art -gut. Sollte die Dividende im Falle der CS gekürzt oder im Falle der UBS nicht verdoppelt werden, so drohen Kursrückgänge.

Wie schätzen Sie die Entwicklung an der Schweizer Börse über die nächsten 12 Monate ein?
Trotz des Kursrückgangs seit dem SNB-Schritt sind unsere heimischen Aktien nicht günstiger geworden: Einer Reduktion der Gewinnerwartungen für das laufende Jahr um 11 Prozent steht ein Kursrückgang von ‚lediglich‘ 5 Prozent gegenüber. Diese Bewertungsexpansion ist eine Folge der nochmals tieferen Zinsen, welche den Aktienmarkt momentan stark stützen. Für die kommenden 12 Monate ist nicht mit einem signifikanten Anstieg der Zinsen zu rechnen, wodurch uns diese Stütze erhalten bleiben sollte. Ich sehe den SMI in der Region von 8‘800 Punkten.

*Adrian Scherer, CFA ist Anlagestratege des unabhängigen Vermögensverwalters Limmat Wealth in Zürich.