Börsenausblick |
21.09.2015 06:45:00
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«Globale Konjunktur bleibt das grosse Fragezeichen»
Valiant-Investmentleiter Renato Flückiger rechnet mit einer weiterhin unruhigen Entwicklung an der Schweizer Börse. Sein Ausblick ist aber optimistisch: Der SMI könnte innert eines Jahres auf 9'600 Punkte steigen.
Was beschäftigt derzeit die Börsen?
Renato Flückiger*: Der Entscheid der US-Notenbank Fed, die Zinserhöhung aufzuschieben, hat Ende letzter Woche für eine gewisse Ernüchterung gesorgt. Das grosse Fragezeichen bleibt also der Zustand der globalen Konjunktur: Ist der Aufschwung gebrochen? Folgt eine Konjunkturdelle oder gar ein wirtschaftlicher Abschwung? Diese Unsicherheiten wurden primär durch die schwachen Exporte aus der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt, aus China, geschürt. Zudem werden die tiefen Rohstoffpreise als Anzeichen einer zunehmenden Nachfrageschwäche interpretiert. All diese Faktoren haben zum jüngsten Ausverkauf an den Aktienmärkten geführt.
Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Die Märkte werden volatil bleiben. Die Marktteilnehmer werden weiter sehr gespannt die Entwicklung an den Finanzmärkten in China und in den Schwellenländern beobachten. Kurzfristig werden die jeweils neu veröffentlichten Konjunkturdaten den Trend des Börsentages bestimmen.
Wo steht der SMI in 12 Monaten?
Wir rechnen mit klaren Aussagen der US-Notenbank bis Ende Jahr und mit einer weiteren Abschwächung des Schweizer Frankens. Kombiniert mit den positiven Aussichten der Schweizer Unternehmen ergibt dies ein Potenzial für den SMI von 9'600 Punkten.
Wo sehen Sie Chancen?
Das Wachstum der globalen Konjunktur verlangsamt sich zwar, wir gehen jedoch weiterhin von einem moderat positiven Wachstum und nicht von einem Abschwung aus. Die grosse Mehrheit der weltweiten Zentralbanken wird ihre Geldpolitik nach wie vor expansiv ausrichten, und die aktuell sehr tiefen Rohstoffpreise wirken stimulierend auf die Weltwirtschaft. Davon werden schlussendlich die Unternehmen und auch die Aktionäre profitieren können.
Wie geht's weiter beim Ölpreis?
Die Preiskorrektur diesen Sommer hat den Ölpreis unter das Niveau zu Jahresbeginn gedrückt. Der Hauptgrund für diese Entwicklung liegt unseres Erachtens nicht bei der Nachfrage sondern beim anhaltenden Überangebot. Dieses Ungleichgewicht wird durch den Markt nicht oder nur sehr langsam korrigiert. Die Perspektive auf eine Erhöhung der iranischen Ölmenge aufgrund der Lockerung der Sanktionen sowie die prall gefüllten Öllager werden den Preis weiterhin tief halten. Einzelne Hoffnungen auf steigende Ölpreise dürften weiterhin unerfüllt bleiben.
Wie geht’s weiter beim Franken?
Der Schweizer Franken hat sich jüngst abgeschwächt. Dies ist angesichts der zwei grösseren Krisen an den Finanzmärkten (Griechenland und China) durchaus erstaunlich. In diesen Risk off-Situationen hat der Schweizer Franken nun erstmals seit langem nicht die Funktion als Fluchtwährung übernommen. Wir interpretieren dies als Effekt aus der Negativ-Verzinsung und aus der zugenommenen Zinsdifferenz zwischen Euro und Schweizerfranken. Wir erwarten kurzfristig eine weitere Seitwärtsbewegung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro, mittelfristig könnte sich die Abwertung in moderaten Schritten weiter fortsetzen.
Wann kommt die Zinswende in den USA und was bedeutet das für die Märkte?
Die tiefe Inflation, Sorgen über die Schwellenmärkte und China sowie der stärkere US Dollar hat das Fed letzte Woche dazu bewogen, die Zinserhöhung zu verschieben. Die Mehrheit der Geldpolitiker ist jedoch der Ansicht, dass dieser Schritt noch vor Ende Jahr folgen wird - wahrscheinlich im Dezember. Unabhängig vom genauen Zeitpunkt wird die US-Notenbank die Zinsen wohl nur moderat erhöhen und langsamer als in früheren Zyklen. Falls es zu einer Zinserhöhung kommt, werden die Aktienmärkte kurzfristig volatil reagieren. Mittelfristig werden sie das als Zeichen einer stabilen Konjunktur interpretieren und positiv reagieren.
Renato Flückiger ist seit August 2012 CIO der Bank Valiant in Bern. Zuvor war der Betriebsökonom bei der Grossbank UBS in verschiedenen Funktionen tätig. Renato Flückiger hat an der Fachhochschule in Bern studiert und besitzt zudem das Diplom des Chartered Financial Analyst.
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