Börsenausblick |
19.01.2015 11:50:00
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«Jetzt ziehe ich defensive Werte vor»
Was erwartet Anleger diese Woche, wo bieten sich Chancen und wo Risiken? Philipp Grüebler, Geschäftsführer der Grüebler Vermögensverwaltung, gibt eine Einschätzung zur Schweizer Börse in der Woche nach dem SNB-Entscheid.
Wie wird sich der Entscheid der SNB zur Aufhebung des Mindestkurses noch auswirken?
Philipp Grüebler: Die Volatilität auf dem Schweizer Markt wird nach diesem Schock in den kommenden Tagen sowohl am Devisenmarkt als auch am Aktienmarkt sehr hoch bleiben. Auch Zinsen können in diesem Umfeld der Unsicherheit stärker schwanken.
Wo wird sich der Franken-Euro-Kurs einpendeln?
Philipp Grüebler: Prognosen zu Währungskursen sind stets mit grosser Unsicherheit behaftet. Die SNB hatte letzte Woche durchscheinen lassen, dass die Märkte am Donnerstag mit der starken CHF-Aufwertung überreagiert hätten. Wahrscheinlich sieht sie den Euro eher bei CHF 1.10 statt bei CHF 1.00. Ereignisse im Euroraum haben aber das Potenzial den EUR/CHF-Kurs stark zu drücken. Der Kurs wird daher weiter stark schwanken, doch halte ich einen Kurs von 1.02 für die beste Schätzung.
Welche Auswirkungen hat dies auf die Schweizer Börse?
Kurzfristig wird die Schweizer Börse extrem volatil bleiben bis geklärt ist, wo sich die Wechselkurse einpendeln und wie stark jedes einzelne Unternehmen von dem stärkeren Franken zahlenmässig betroffen ist. Eine Tendenz zur Schwäche mit einer grossen Zahl von Verlieren ist aber zu erwarten.
Welche Ereignisse prägen die nächste Woche?
Aus Schweizer Sicht dürften die Aktionen und Äusserungen der Nationalbank in den kommenden Tagen im Fokus bleiben. Es ist vorstellbar, dass die SNB stützend in den Devisenmarkt eingreift oder versucht, einen etwas höheren EUR/CHF Kurs herbeizureden. Zum heutigen Zeitpunkt sind dies allerdings nur Spekulationen. Interessant dürfte es auch am Donnerstag werden: Die EZB wird in Ihrer monatlichen Pressekonferenz weitere Details zu den Plänen ihres umstrittenen QE-Programms mitteilen. Erwartet wird, dass die EZB in den kommenden Monaten damit beginnt, Anleihen verschiedenster europäischer Staaten aufzukaufen. Dies wird eine Flucht aus dem Euro in den Schweizerfranken auslösen.
Welche Unternehmen/Branchen stehen nun besonders im Fokus?
Branchen, die in der Schweiz produzieren und einen hohen Exportanteil aufweisen, werden sicher am stärksten verlieren. Richemont und Swatch sind die bekanntesten Namen dieser Gruppe. Ihr Absatz wird gemessen in Schweizerfranken stark nachlassen und ihr Gewinn überproportional erodiert.
Wo sehen Sie die grössten Risiken?
Das grösste Risiko liegt in der Belastung der ungünstigen Wechselkursrelationen auf die Gewinne der Schweizer Unternehmen. Zudem haben die ausländischen Aktiven von Schweizer Firmen an Wert verloren. Nach den Exporteuren kommen auch die im Ausland produzierenden und verkaufenden Firmen etwas unter die Räder, da deren Bilanzen und Gewinne nun zu einem tiefen Kurs in Schweizerfranken umgerechnet werden. Zusätzlich hat die Weltbank die Erwartung an das globale Wachstum zurückgenommen, was auch historisch tiefe Preise für Öl und Kupfer widerspiegeln.
Gibt es auch Chancen?
In diesem, kurzfristig schwierigen Umfeld ziehe ich defensive Werte vor, die keinen grossen Umsatzanteil im Ausland haben. Swisscom ist ein Beispiel dafür. Ebenso werden Anleihen in Schweizerfranken höher notieren und deren Rendite noch weiter fallen, da sich viele Marktteilnehmer in Sicherheit begeben werden.
Eine hohe Volatilität kann natürlich auch als Kaufgelegenheiten genutzt werden, sollten einzelne Aktien zwischenzeitlich extrem fallen und auf Mehrjahrestief notieren.
Wie schätzen Sie die Entwicklung an der Schweizer Börse über die nächsten 12 Monate ein?
Die Aktien der Schweizer Unternehmen werden in den kommenden Monaten gegen einen sehr ungünstigen Wechselkurs ankämpfen: Da Gewinne in der Exportwirtschaft und Aktiven im Ausland zwangsläufig sinken, werden wir in 12 Monaten tiefere Kurse verzeichnen.
*Philipp Grüebler, CFA ist Portfolio Manager und Geschäftsführer der Grüebler Vermögensverwaltung AG. Bevor er im Jahr 2000 zur Grüebler Vermögensverwaltung AG stiess arbeitete er bei UBS und Credit Suisse. 1995 schloss er das Betriebswirtschaftsstudium mit dem Lizienziat ab und 2000 den Chartered Finanicial Analyst (CFA).
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