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Erwartungen angepasst 17.10.2024 17:42:00

Nestlé-Aktie dreht nach Mehrjahrestief ins Plus: Nestlé kappt Jahresziele und baut Konzernleitung um

Nestlé-Aktie dreht nach Mehrjahrestief ins Plus: Nestlé kappt Jahresziele und baut Konzernleitung um

Nestlé ist in den ersten neun Monaten 2024 um 2,0 Prozent gewachsen.

Nestlé ist in den ersten neun Monaten 2024 zu wenig stark gewachsen, um die bisherigen Wachstumsziele fürs Gesamtjahr noch zu erreichen. Deshalb kappt der neue Chef Laurent Freixe nun die Erwartungen für 2024. Zudem drückt der neue Chef dem Konzern mit dem Umbau der Geschäftsleitung seinen Stempel auf.

Insgesamt setzte Nestlé in den ersten neun Monaten 67,1 Milliarden Franken um, wie der weltgrösste Nahrungsmittelkonzern am Donnerstag mitteilte. Das entspricht einem organischen Wachstum von 2,0 Prozent.

Der frühere Chef Mark Schneider hatte zuletzt betont, Nestlé werde im Gesamtjahr organisch um "über 3 Prozent" zulegen. Doch das scheint zu optimistisch. Laurent Freixe, der nach einer langen Karriere beim Lebensmittel-Multi im August die Geschäftsführung übernahm, erteilt den falschen Hoffnungen nun eine Absage und senkt die Erwartungen ans Gesamtjahr.

"Die Konsumentennachfrage hat in den letzten Monaten nachgelassen und wir erwarten, dass dieses Umfeld verhalten bleiben wird", wird Freixe in der Mitteilung zitiert. "In Anbetracht dessen und unserer weiteren Massnahmen zum Abbau von Lagerbeständen bei Kunden im vierten Quartal haben wir unseren Ausblick für das Gesamtjahr aktualisiert", so der CEO.

Nestlé werde wohl 2024 organisch nur um "etwa 2,0 Prozent" wachsen, heisst es in der Mitteilung. Analysten hatten damit gerechnet, dass Freixe die Jahres-Guidance senken würde. Auch die operative Marge dürfte leiden. Sie wird gemäss dem Firmenchef noch bei "etwa 17 Prozent" liegen. Davor hatte Nestlé für das laufende Jahr noch eine leichte Verbesserung gegenüber der Vorjahresmarge von 17,3 Prozent vorausgesagt.

Nachlassende Nachfrage drückt das Verkaufsvolumen

Zum organischen Wachstum von 2,0 Prozent trugen Preiserhöhungen von 1,6 Prozent und ein höheres Verkaufsvolumen (das sogenannte Real Internal Growth, RIG) von 0,5 Prozent bei. Im dritten Quartal erhöhte Nestlé die Preise noch um 0,6 Prozent, während die Verkaufsvolumen und Mixeffekte um 1,3 Prozent zunahmen. "Wenn man sich das Wachstum ansieht, bleibt Volumen und Mix sowohl im Neunmonatszeitraum als auch im dritten Quartal stabil und positiv. Allerdings ist das Umfeld weiterhin herausfordernd", sagte Freixe an einem Telefonat mit Medien.

Die Preisanpassungen würden nun weiter normalisiert, nachdem sie in den beiden Vorjahren "beispiellos" angehoben worden seien. Dass die Verkaufsvolumen nicht stärker zunahmen, begründet Nestlé unter anderem mit der nachlassenden Konsumentennachfrage. Ein anhaltendes Thema war ausserdem der Konflikt in Nahost. Konsumenten würden sich gegenüber globalen Marken "im Zusammenhang mit den geopolitischen Spannungen" zurückhalten, heisst es in der Mitteilung.

Zudem hätten Kunden ihre Lagerbestände reduziert, heisst es in der Mitteilung. Dabei sei es jedoch nicht um einzelne Kategorien gegangen, die nicht gefragt waren, erläuterte Finanzchefin Anna Manz. Vielmehr hätten Detailhandels-Kunden in manchen Regionen, insbesondere in den USA und Lateinamerika, ganz allgemein angesichts der trüben Konsumentenstimmung ihre Kosten tief gehalten und dadurch ihre Bestände abgebaut statt aufgestockt.

Kassenschlager wachsen weiter

Bezogen auf die einzelnen Produktkategorien waren die üblichen "Stars" der Firma auch diesmal gefragt. So leistete die Kategorie Kaffee, zu der unter anderem die Kaffeemarken Nescafé, Starbucks und Nespresso gehören, mit einem organischen Wachstum im mittleren einstelligen Bereich den grössten Beitrag zum Gesamtwachstum.

Das Tierfutter mit der Marke Purina erzielte laut Mitteilung ein niedriges einstelliges Wachstum. Süsswaren mit Marken wie Kitkat zogen im mittleren einstelligen Bereich an.

Das zuletzt schwächelnde Geschäft mit Gesundheitsprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln, Nestlé Health Science, legte nun wieder im tiefen einstelligen Bereich zu. Es hatte mit IT-Integrationsproblemen zu kämpfen. Im dritten Quartal sei der Umsatz organisch nun sogar im zweistelligen Bereich gewachsen. "Die Wiederherstellung ist auf Kurs", heisst es dazu.

Einen organischen Rückgang der Umsätze verzeichnete Nestlé hingegen bei Milchprodukten und im Kulinarikgeschäft, wobei dort vor allem Kaffeeweisser und Tiefkühlprodukte gemieden wurden.

Umbau der Konzernleitung

Mit einem Umbau der Konzernleitung will Freixe nun Nestlé wieder zum Erfolg führen. Die 2022 vorgenommene Zonen-Reorganisation wird rückgängig gemacht: Die Zonen Lateinamerika und Nordamerika werden wieder zusammengelegt und Greater China in die Asien-Zone integriert. Zudem kommt es zu einigen Wechseln in der Konzernleitung - neu sind darin mit Nespresso-Chef Philipp Navratil und der neuen Personalchefin Anna Lenz zwei Schweizer vertreten.

Nestlé-Aktien drehen nach Mehrjahrestief ins Plus

Die Aktien von Nestlé waren am Donnerstag nach einem schwachen Start in den Handel in die Gewinnzone geklettert. Nachdem zunächst schwächer als erwartet ausgefallene Neunmonatsergebnisse und die Senkung der Jahresziele den Kurs auf den tiefsten Stand seit 2019 gedrückt haben, standen die Papiere letztlich klar im Plus. Schnäppchenjäger nutzten die Gunst der Stunde.

Schlussendlich gewannen Nestlé 2,53 Prozent auf 86,00 Franken. Im frühen Handel waren die Papiere des Nahrungsmittelkonzerns noch bis auf 81,60 Franken getaucht (-2,7%). Seit Jahresbeginn waren die Titel von über 100 Franken kontinuierlich zurückgefallen. Vor allem Sorgen vor einer Abschwächung des Wachstums führten dazu. Vom Nestlé-Richtungswechsel profitierte auch der Gesamtmarkt (SMI).

Die Nestlé-Aktie habe nach dem stetigen Rückgang während des Jahres nun wohl den Boden gefunden, meinen Börsenexperten. Nestlé bleibe eine Qualitätsaktie und mit dem vom neuen Chef Laurent Freixe abgegebenen Bekenntnis zu profitablem Wachstum werde Nestlé allmählich an Vertrauen zurückgewinnen, so ein Händler. Schnäppchenjäger würden die tiefen Notierungen für einen Einstieg nutzen.

Mit den Zahlen zu den ersten neun Monaten hat Nestlé allerdings noch nicht brilliert und etwa beim Umsatz sogar die pessimistischsten Analystenschätzungen verfehlt. Entgegen den anders lautenden Erwartungen habe sich das organische Wachstum zwischen Anfang Juli und Ende September weiter verlangsamt, heisst es in einem Kommentar. Das sei nicht nur der Entwicklung bei den Absatzmengen, sondern auch der Verkaufspreise geschuldet.

Vor allem die Umsatzentwicklung in Nordamerika sei enttäuschend, so Analysten. Nordamerika ist nach neun Monaten die einzige Region mit einem leicht rückläufigen organischen Wachstum. Nun wird befürchtet, dass der Siegeszug von Abnehm-Spritzen das Verhalten der dortigen Konsumentinnen und Konsumenten verändern könnte.

Nestlé nimmt den Wechsel von Laurent Freixe an die Konzernspitze zum Anlass, die diesjährigen Wachstums- und Margenvorgaben nach unten anzupassen. Für viele Analysten kommt dieser Schritt zwar nicht völlig überraschend. Dennoch ist die Enttäuschung gross, denn der Konzern hat die Ziele unter seinem früheren Firmenchef in diesem Jahr schon einmal gekürzt. Zudem fällt die Senkung noch deutlicher als befürchtet aus.

Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy schreibt von einem "sehr schmerzhaften Schritt". Für ihn ist unerklärlich, weshalb das Unternehmen noch im Juli mit einem organischen Umsatzwachstum von 4 Prozent in diesem Jahr rechnen konnte. Der Analyst lässt keine Zweifel daran, dass Nestlé nun möglichst rasch zu seinen eigentlichen Stärken zurückfinden muss: Marketing und Kundennähe.

Andere Berufskollegen finden zwar weniger drastische Worte, teilen die Meinung des Vontobel-Analysten jedoch. Die angekündigten personellen und organisatorischen Veränderungen werden als ein erster wichtiger Schritt beurteilt.

tv/tt

Vevey (awp)

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Bildquelle: Ken Wolter / Shutterstock.com,Taina Sohlman / Shutterstock.com
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