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Platzt die KI-Blase? 16.08.2023 21:16:00

NVIDIA-Aktie nach Höhenrausch: Darum sieht Morgan Stanley-Analyst Edward Stanley grosse Gefahren voraus

NVIDIA-Aktie nach Höhenrausch: Darum sieht Morgan Stanley-Analyst Edward Stanley grosse Gefahren voraus

Im laufenden Börsenjahr gibt es wohl kein Thema, das so heiss diskutiert wird wie künstliche Intelligenz (KI). Während einige Experten die KI-Technologie als den Heiligen Gral künftiger Produktivitätsfortschritte betrachten, warnen andere vor allzu hohen Erwartungen. Zu den Skeptikern gesellt sich auch der Morgan Stanley-Analyst Edward Stanley.

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• KI-Aktien bestimmen seit ChatGPT-Launch im November 2022 die Börsenschlagzeilen
• NVIDIA fungiert als Zugpferd des KI-Booms: 2023 hat sich die Aktie etwa verdreifacht
• Morgan Stanley-Analyst Edward Stanley warnt vor zu grossem KI-Optimismus

Seitdem ChatGPT am 30. November 2022 live ging und der KI-Chatbot erstmals für die Öffentlichkeit nutzbar wurde, dominiert das Thema KI die Börsenschlagzeilen. Fast täglich gibt es neue Berichte und Ankündigungen rund um den vermeintlichen Mega-Trend. Sei es, dass Microsoft eine Milliardeninvestition in das hinter ChatGPT steckende Unternehmen OpenAI tätigte, NVIDIA dank des KI-Megatrends beinahe von einer Verdoppelung des Umsatzes ausgeht, Apple angeblich an einer eigenen Version eines KI-Chatbots arbeite oder Rackspace eine KI-Cloud-Architektur launchen will - beinahe alle grösseren Tech-Unternehmen scheinen sich aktuell auf dem Wachstumsmarkt KI optimal positionieren zu wollen. Doch können all die hohen Hoffnungen vonseiten der Unternehmen, Investoren und Analysten auch wirklich erfüllt werden? Oder handelt es sich - ähnlich wie bei den neuartigen Internet-Aktien Ende der 1990er-Jahre - um eine Blase, die jederzeit platzen könnte?

Edward Stanley ordnet Ausmass des KI-Booms historisch ein

Morgan Stanley-Analyst Edward Stanley gehört definitiv nicht zu den Analysten, die beim Thema KI ins Schwärmen geraten. Anders als der Wedbush-Analyst Dan Ives, der die KI-Technologie als die vierte industrielle Revolution ansieht, rät Stanley Anlegern in einer kürzlich veröffentlichten Studie zur Vorsicht. Seiner Ansicht nach gibt es Anzeichen dafür, dass die Blase bei den KI-Aktien platzen könnte. Stanley kommt zu diesem Schluss, nachdem er 70 historische Blasen aus dem letzten Jahrhundert untersuchte, darunter Phänomene wie die Dotcom-Blase und die jüngste Begeisterung für Kryptowährungen. Die durchschnittliche Dreijahresrendite für diese Blasen liegt seiner Studie zufolge bei bei 154 Prozent, bevor es beim Platzen der Blase stets scharf begab ging.

Stanley setzt diese Zahl ins Verhältnis mit der diesjährigen Performance der NVIDIA-Aktie, die emblematisch für den aktuellen KI-Boom steht: Seit Jahresbeginn stiegen die Papiere des US-Chipherstellers um 199,39 Prozent (Stand: Schlusskurs vom 14. August 2023). Stanley zitiert aber noch einige andere Large-Cap-Tech-Aktien, die als Indikatoren für das Ausmass des KI-Booms dienen. Stanley zufolge liegt vor dem Hintergrund der enorm starken Aktienperformance von wachstumsorientierten Technologie-Unternehmen der Schluss nahe, dass die KI-Aktienrallye in ihre Spätphase eintreten könnte. "Mit typischen 3-Jahres-Renditen von 150 Prozent in Blasen-Spitzenzeiten könnte man argumentieren, dass diese Rallye die meisten anderen übertrifft", zitiert "Yahoo Finance" Stanley.

Darum könnte es sich beim KI-Aufschwung (noch) nicht um eine Blase handeln

Ganz so einfach könne es man sich allerdings nicht machen, meint Stanley. Die aktuelle KI-Euphorie sei nur teilweise mit vorherigen Blasenbildungen vergleichbar. Eine wichtige Einschränkung liege demnach in der schwierigen Messbarkeit der aktuellen KI-Rally. Die ungefähre Verdreifachung der NVIDIA-Aktien könne nicht allein als Massstab für die gesamte KI-Branche dienen.

Zudem: "Es ist äusserst schwierig zu beurteilen, wo wir uns in der Hochphase des Marktüberschwangs befinden", schrieb Stanley, der der Ansicht ist, dass KI-Aktien sich aktuell etwas von ihren Rekordständen distanziert hätten. "Viele Anleger könnten glauben, dass KI-Investmentfonds aufgrund der Begeisterung für generative KI neue Allzeithochs erreichen. In Wirklichkeit ist das nicht der Fall. Einige zugrundeliegende Aktien sind es zwar, aber als Anlagethema liegt die Performance immer noch 14 Prozent unter dem vorherigen Markthoch", schreibt Stanley in der Anfang August veröffentlichten Studie. Vielmehr zeige sich in den vergangenen Wochen die Tendenz, dass das KI-Thema seinen ersten Höhepunkt bereits überschritten habe.

Zeugt die laufende Berichtssaison von abnehmendem KI-Elan?

Stanley zufolge ebbte die Begeisterung im Rahmen der Berichtsvorlagen zum zweiten Quartal 2023 etwas ab. Zu Beginn der Gewinnsaison für das zweite Quartal schien der Einfluss des KI-Versprechens die Aktienkurse weiter in die Höhe zu treiben. Im Juli führte ein "Bloomberg"-Bericht über Apples Bemühungen, eine eigene Version von ChatGPT zu entwickeln, zu einem Kursanstieg von etwa einem Prozent bei der Aktie des Unternehmens. Nur einen Tag zuvor verzeichnete Microsoft einen beachtlichen Kursanstieg von vier Prozent, nachdem die Preisangaben für sein KI-Angebot M365 Copilot bekannt gegeben worden waren. Bemerkenswerterweise markierten beide Unternehmen am Tag dieser Enthüllungen Rekordwerte.

Bei den eigentlichen Quartalsberichten wurde die KI-Euphorie aber zunehmend gedämpft. Der Vorstandsvorsitzende von Apple, Tim Cook, wollte jedoch auf Nachfrage keine konkreten Details zu den KI-Projekten des Unternehmens preisgeben. Er räumte ein, dass KI und maschinelles Lernen "grundlegende Technologien sind, die fast jedem unserer Produkte zugrunde liegen", ging aber nicht näher auf kommende Produkte wie den im "Bloomberg"-Bericht erwähnten ChatGPT-ähnlichen Bot ein. Cook erklärte: "Unser Ansatz ist es, Entwicklungen zu enthüllen, sobald sie marktreif sind. Wir sind entschlossen, diese Strategie beizubehalten."

Während der gedämpfte Enthusiasmus rund um KI wahrscheinlich nicht der einzige Faktor war, der den Rückgang der Apple-Aktie beeinflusste - so musste der iKonzern mitteilen, dass er weniger iPhones verkaufte - haben Unternehmen, die ihre Errungenschaften im Bereich KI ins Rampenlicht gerückt haben, in diesem Quartal auch keine nennenswerten Vorteile erfahren. Abgesehen von Meta, das sein Umsatzwachstum im laufenden Quartal auf KI-Beiträge zurückführte, zeigten sich die Anleger Stanley zufolge eher besorgt über den aktuellen Stand der Dinge als überschwänglich in Erwartung potenzieller KI-Vorteile.

Stanley sieht abflauendes Momentum rund um KI-Aktien

Das beste Beispiel für das Abflauen des Investorensentiments rund um neue KI-Ankündigungen lieferte Stanley zufolge Snap. So verkündete die Social-Media-Plattform in einem kürzlich veröffentlichten Bericht stolz, dass über 150 Millionen Nutzer mit dem unternehmenseigenen My AI Chatbot interagiert haben. Der Fokus an der Wall Street schien jedoch auf die Kosten dieses Vorhabens gerichtet zu sein: Die Snap-Aktie musste nach der Quartalsvorlage einen herben Rückgang von mehr als 14 Prozent verkraften.

Stanley sieht in der Anlegerskepsis rund um Snap keinen Einzelfall. Auch bei einigen der grössten Namen der Branche habe sich die Dynamik im Vorfeld ihrer Berichte verlangsamt. So konnte die NVIDIA-Aktie in den vergangenen Handelstagen keine neuen Rekordhochs mehr markieren. "Die Reaktion nach der Veröffentlichung der Ergebnisse könnte eine kurzfristige Konsolidierung der Aktie nach dem Anstieg von mehr als 200 Prozent im letzten Jahr zur Folge haben", zitiert "Yahoo Finance" die Erwartungshaltung von Vivek Arya, Research-Analyst der Bank of America, vor der NVIDIA-Quartalsvorlage, die für den 23. August geplant ist.

Der US-Tech-Index NASDAQ 100 liegt auf Ein-Monats-Sicht nun sogar 2,31 Prozent im Minus (Stand: Schlussstand vom 14. August 2023). Auch wenn dies eher als eine Konsolidierung auf sehr hohem Niveau zu interpretieren sei, zeige der zuletzt stockende Aufwärtstrend der Tech-Aktien an, dass der KI-Boom zumindest einmal eine Pause einzulegen scheint. Ob damit jedoch eine vermeintliche KI-Blase platzen wird - darüber werden künftige Unternehmensberichte entscheiden.

Redaktion finanzen.ch

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