12.12.2024 10:59:42
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RWI: Konjunkturelle Schwäche dürfte noch bis zum Frühjahr anhalten
Von Andreas Kissler
DOW JONES--Das RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung hat seine Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung in diesem Jahr und den beiden Folgejahren gesenkt und rechnet nun mit einem Anhalten der konjunkturellen Schwäche bis zum kommenden Frühjahr. Das Institut erwartete in seiner aktuellen Konjunkturprognose für 2024 einen Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,2 Prozent, nachdem es im September noch einen Anstieg um 0,1 Prozent prognostiziert hatte. Für 2025 sieht das RWI statt 0,9 jetzt 0,6 Prozent BIP-Wachstum. Für 2026 senkte das Institut seine Prognose von 1,4 Prozent leicht auf 1,3 Prozent Wirtschaftswachstum.
"Die deutsche Wirtschaft hat im Sommerhalbjahr weiter an Boden verloren", konstatierte das Essener Institut. Weiterhin schwach hätten sich vor allem die Exporte entwickelt, die gegenüber dem Welthandel zurückblieben. Verbunden damit seien die Investitionen erneut zurückgegangen. Die Unternehmen litten unter einer geringen Nachfrage, sodass die Auftragsbestände schwänden und die Kapazitätsauslastung niedrig sei. Dies gelte insbesondere für den Kraftfahrzeugbau und die energieintensiven Industrien. Dagegen sei der private Konsum mit 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal recht deutlich gestiegen. Die privaten Haushalte schienen allmählich die steigenden Realeinkommen zu spüren, so dass sie bereit seien, ihre Ausgaben wieder zu erhöhen.
Die konjunkturelle Schwäche dürfte noch bis zum Frühjahr des kommenden Jahres anhalten. Erst wenn klarer werde, wie nach Neuwahlen in Deutschland und Amtsantritt des neuen US-Präsidenten die wirtschaftspolitischen Weichen diesseits und jenseits des Atlantiks gestellt würden, dürfte die Unsicherheit abnehmen und die Nachfrage stärker steigen. Auf dem Arbeitsmarkt deuteten die gängigen Indikatoren darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit zunächst noch etwas steigen und die Zahl der Erwerbstätigen weiter sinken dürfte. Die schwache Nachfrage nach deutschen Waren lasse vorerst keinen Beschäftigungsaufbau erwarten.
Mit Erholung geht Arbeitslosigkeit zurück
Gleichzeitig beklage ein Grossteil der Unternehmen einen Fachkräftemangel und versuche daher, ihre Beschäftigten länger zu halten als in früheren Schwächephasen. Im Zuge der konjunkturellen Erholung im Laufe des kommenden Jahres dürfte die Arbeitslosigkeit etwas zurückgehen. Es sei damit zu rechnen, dass die Arbeitslosenquote aus statistischen Gründen von voraussichtlich 6 Prozent in diesem Jahr im Folgejahr zunächst auf 6,1 Prozent steigen und im Jahr 2026 dann auf 5,9 Prozent sinken werde. Erwartet wird eine Arbeitslosenzahl von 2,787 Millionen 2024, von 2,845 Millionen 2025 und von 2,757 Millionen 2026.
Für dieses Jahr ging das RWI von einer Inflationsrate von 2,2 Prozent aus. Zu Beginn des Jahres 2025 würden Sondereffekte wie der höhere Tarif für das Deutschlandticket sowie gestiegene Beiträge in der privaten Krankenversicherung die Preise beeinflussen. Dem ständen jedoch im Vergleich zum Jahr 2024 nur noch schwach steigende Löhne sowie moderat fallende Energiepreise gegenüber, sodass die Inflationsrate bei 2,2 Prozent bleiben werde. 2026 dürfte sie auf 1,9 Prozent sinken. Im laufenden Jahr dürfte das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit mit knapp 107 Milliarden Euro in etwa auf dem Niveau des Vorjahrs liegen, im kommenden auf gut 87 Milliarden Euro zurückgehen und 2026 mit knapp 92 Milliarden Euro wieder etwas höher ausfallen. Der Hauptgrund sei, dass die Einnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen weniger stark als im Jahr 2025 zulegen dürften.
Der Prognose liegt laut dem Institut die Annahme zugrunde, dass die gesamtwirtschaftliche Unsicherheit im kommenden Jahr deutlich zurückgeht. Sei dies nicht der Fall, könnte sich die konjunkturelle Erholung erneut verzögern. Auch in der Klima- und Energiepolitik gehe die Prognose davon aus, dass nach der Bundestagswahl die Unsicherheit allmählich sinkt. Sei das nicht der Fall, könnten Investitionen und der private Konsum zumindest vorübergehend belastet werden. "Damit die deutsche Wirtschaft im nächsten Jahr wieder wachsen kann, braucht sie vor allem mehr wirtschafts- und gesamtpolitische Sicherheit", sagte RWI-Konjunkturchef Torsten Schmidt. "Davon würden die Unternehmen ebenso profitieren wie der private Konsum."
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/apo
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