Viele Herausforderungen |
14.03.2022 22:59:00
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Schindler-Aktie: Was bei Schindler trotz offenkundig starker Geschäftsentwicklung schief läuft
Der Aufzug- und Fahrtreppenhersteller Schindler hat mit seinen Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr überzeugt. Doch die grössten Herausforderungen drohen erst 2022 durchzuschlagen - das hat auch interne Ursachen.
• Kosten steigen deutlich
• Interne Probleme belasten zusätzlich - Top Speed 23 soll es richten
Die Jahreszahlen von Schindler überzeugten Anleger auf den ersten Blick: Der Umsatz stieg um 5,6 Prozent auf 11,24 Milliarden Franken, der Betriebsgewinn verbesserte sich um 13 Prozent auf 1,17 Milliarden Franken. Unter dem Strich blieben 881 Millionen Franken an Reingewinn bei dem Innerschweizer Unternehmen hängen, beim Auftragseingang und den Erlösen lag man bereits wieder auf Vor-Corona-Niveau.
Doch ein genauerer Blick in die Zahlen offenbarte, dass nicht alles rund läuft bei Schindler. Denn die Herausforderungen, vor denen das Unternehmen steht, deuteten sich bereits im Schlussquartal 2021 an und hinterliessen Spuren in der Bilanz.
Herausforderndes Marktumfeld
Im letzten Jahresviertel war das Betriebsergebnis bereits um 15 Prozent rückläufig. Besonders belastend wirkten sich in diesem Zusammenhang die deutlich gestiegenen Kosten aus. Die Rohmaterialpreise sind deutlich gestiegen. Schindler benötigt zur Herstellung seiner Fahrtreppen und Aufzüge insbesondere Stahl, Aluminium aber auch Seltene Erden. All diese Rohstoffe haben zuletzt massive Preissteigerungen vollzogen. Hinzu kommt, dass Schindler für seine digitalisierten Aufzüge auf Halbleiter angewiesen ist - ein Feld, in dem die Nachfrage zuletzt das Angebot deutlich überstiegen hatte und in dem Schindler mit Unternehmen aus zahlreichen anderen Branchen um die wenigen verfügbaren Chips konkurriert. Auch dies machte sich in deutlich gestiegenen Kosten bemerkbar.
Für Schindler sind diese Kostensteigerungen besonders belastend, denn die Supply Chain der Schweizer ist so aufgebaut, dass 80 Prozent der Komponenten von externen Lieferanten kommt. Dass die Lieferketten dank der COVID-19-Pandemie ohnehin angeschlagen sind, trifft Schindler zusätzlich.
China dürfte als Wachstumstreiber schwächeln
Weitere Belastungsfaktoren für Schindler sind der starke Franken und die Lage in China. Der chinesische Markt ist für Schindler ein wichtiger, in der Gesamtregion Asien/Pazifik generiert das Unternehmen 30 Prozent seiner Umsätze. Zwar summieren sich die Umsatzbeiträge aus China nur auf 18 Prozent, während Schindler in anderen Regionen deutlich mehr umsetzt, das Umsatzwachstum ist mit 23 Prozent aber überproportional hoch. China ist also nicht der umsatzstärkste, wohl aber umsatzwachstums-stärkste Markt für Schindler und genau in dieser Region stehen die Schweizer vor grossen Herausforderungen.
Schon seit geraumer Zeit ist der Kostendruck in China enorm hoch, europäische Unternehmen wie Schindler und seine Konkurrenten Kone und Otis tun sich zunehmend schwerer, mit der lokalen Konkurrenz mitzuhalten. Hinzu kommen die Sorgen um chinesische Immobilienentwickler, zuletzt hatte der ins Trudeln gekommene Konzern China Evergrande über einen Aufschub für die Zahlung einer fälligen Anleihe verhandelt. Das Unternehmen ist in massiven Zahlungsschwierigkeiten und auch andere Immobilienentwickler des Landes sind zuletzt in Turbulenzen geraten. Das bekommt auch Schindler zu spüren, denn die schwächere Bautätigkeit bedeutet auch weniger Aufträge für den Aufzug- und Fahrtreppenhersteller.
Bereits jetzt wird klar: Das Umsatzwachstum in China wird voraussichtlich rückläufig, 2022 könnte in der Region deutlich weniger erfolgreich ausfallen als noch das Jahr zuvor.
Zusätzliche hausgemachte Probleme
Neben dem herausfordernden Marktumfeld infolge der COVID-Pandemie und massiven Preisanstiegen bei Rohmaterialpreisen sowie einer voraussichtlichen Verlangsamung des Wachstumstreibers China sind es auch interne Probleme, die zusätzliches Belastungspotenzial bergen.
Das Produktportfolio von Schindler ist sehr komplex, was sich in ebenfalls komplexer Fertigung niederschlägt. Viele Fertigungsschritte für viele Kabinentypen etwa im Aufzugsbereich machen Kostensenkungen im Fertigungsbereich schwierig, die modulare Produktplattform, die ebendiese ermöglichen könnte, kommt nicht effektiv genug zu Einsatz.
Echte Stabilität in der Führungsebene hat das Unternehmen zudem ebenfalls noch nicht gefunden. Die letzten beiden Konzernchefs hatten ihr Amt zwei Jahre inne, Thomas Oetterli kam zumindest auf sechs Jahre, bevor Schindler im Januar seinen Rücktritt verkündete. Am Markt wurde die Trennung von Oetterli überrascht und mit Skepsis aufgenommen, Analysten vermuteten operative Probleme, die der Manager nicht in den Griff bekommen hatte. Besonders spannend war der Zeitpunkt der Bekanntgabe: Kurz vor der Publikation der Jahreszahlen, die das besprochene herausfordernde Quartal abbildeten.
So will Schindler die Herausforderungen bewältigen
Eine schnelle Lösung für die Herausforderungen, denen sich Schindler zu stellen hat, wird wohl auch Silvio Napoli nicht liefern können, der die Nachfolge von Oetterli angetreten hat. Napoli, der bereits zwischen 2014 und 2016 einmal die Konzernleitung inne hatte, nimmt bei Schindler nun eine Doppelrolle ein, denn er bleibt zeitgleich Präsident des Verwaltungsrates. "Die vielfältigen Herausforderungen, die sich aus einem immer komplexeren Umfeld ergeben, verlangen nach höchster organisatorischer Agilität und Effizienz", wird Napoli nach der Verschlankung der Führungsebene zitiert. Mit diesem Schritt wolle man "Defizite in der Wettbewerbsfähigkeit noch schneller" angeben und den Margendruck senken.
Napoli soll dem Unternehmen nun wieder auf Kurs verhelfen - und die Umsetzung des Top Speed 23 überwachen. Diese Initiative, die Schindler voraussichtlich zunächst Kosten im dreistelligen Millionen-Franken-Bereich verursachen wird, soll die Digitalisierung und Produktinnovationen weiter beschleunigen. Auf diesem Weg will man die Wettbewerbsprobleme in den Griff bekommen und mögliche Lücken in der Profitabilität schliessen. Zudem wolle man das schlechte Verhältnis von Umsatz und Kosten angehen, so Napoli.
Als Reaktion auf die enormen Kostensteigerungen bei Rohmaterial hat Schindler unterdessen Preiserhöhungen angekündigt - über alle Produktgruppen und Regionen hinweg. Analysten zeigten sich zuletzt aber skeptisch, dass dieser Schritt die stark gestiegenen Kosten einfangen könne.
Nach Beendigung des Top Speed 23-Programmes soll Napoli wieder ausschliesslich als Verwaltungsratspräsident tätig sein. Dann wolle man wieder einen separaten Konzernchef ernennen.
Schindler-Aktie mit starken Schwankungen
Ein Blick auf die Entwicklung der Schindler-Aktie zeigt, dass die Anteilseigner in den vergangenen Jahren starke Schwankungen verkraften mussten. Aktuell wird der Anteilsschein bei rund 200 Franken gehandelt - fast 100 Franken unterhalb des Rekordhochs, das im vergangenen Jahr erzielt wurde. Die Performance seit Jahresstart ist tiefrot: Mehr als 18 Prozent verlor die Aktie - allerdings in einem schwachem Marktumfeld - allein 2022.
Ob sich die starke Volatilität der Aktie einfangen lässt, dürfte auch davon abhängen, ob der Konzern seine internen Probleme und operativen Herausforderungen in den Griff bekommt.
Redaktion finanzen.ch
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