Experten-Kolumne |
22.07.2019 13:23:14
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Schwellenländer unumgänglich für globale Investoren

Die Aufnahme von Emittenten aus China und dem Golf-Kooperationsrat in globale Indizes könnte weitreichende Folgen haben.
Seit China im Jahr 2001 der WTO beigetreten ist, hat sich der Beitrag des globalen BIP von den entwickelten Industriestaaten zu den Schwellenländern deutlich verschoben. So ist der Anteil der Schwellenländer nominell von 20% auf 45% auf US-Dollar-Basis gestiegen: ausgedrückt in Kaufkraftparitäten von 45% auf 60%. Diese Verschiebung zeigt sich deutlich in der Veränderung des Welthandelsgefüges. Während vor zwei Jahrzehnten der Grossteil des internationalen Handels auf die Wirtschaften entwickelter Länder fiel, findet er heute überwiegend zwischen entwickelten und aufstrebenden Ländern statt, wobei China, Indien und Ostasien einen Grossteil dieser Verschiebung ausmachen. Emerging Markets sind nicht mehr peripherere Akteure im Welthandel, sondern zu einem Motor der globalen Wirtschaftstätigkeit geworden.
Globale Investoren haben zunehmend versucht über Schuldtitel oder Aktienanlagen an der Wachstumsentwicklung der Schwellenländer teilzuhaben. Die Anleihemärkte in den Schwellenländern haben sich erheblich vertieft und machen gegenüber 2% im Jahr 2000 heute 25% der ausstehenden globalen Anleihen aus. Die wachsende Wirtschaftskraft der Emerging Markets und die steigende Emission von Anleihen spiegeln sich jedoch nicht vollständig in den Anleihenallokationen der globalen Investoren wider. Dies ist sowohl auf einen mangelnden Zugang zu den Anleihen zurückzuführen als auch auf ihrer Unterrepräsentation in den globalen Anleihenindizes, der Emerging Market Anteil am Bloomberg Barclays Global Aggregate Index macht nur 7% aus.
Dies ändert sich jedoch gerade. China beispielsweise, der mit 13 Billionen US-Dollar an lokal ausstehenden Anleihen mit Abstand grösste Emittent von Schwellenländer-Anleihen (zweitgrösste global nach den USA), war für internationale Investoren bisher nicht zugänglich und fehlte innerhalb der wichtigen globalen Anleihen-Benchmarks. Im April wurden schliesslich auf Renminbi lautende chinesische Anleihen in den Bloomberg Barclays Global Aggregated Index aufgenommen, dem weltweit Vermögenswerte mit einem Gesamtvolumen von insgesamt über 2 Billionen US-Dollar als Referenzindex folgen. Chinas Anleihemärkte, wie die der Schwellenländer im weiteren Sinne, sind viel zu gross geworden, als dass globale Investoren sie ignorieren könnten und beginnen nun, sich in den globalen Fixed-Income-Mainstream zu verwandeln.
Diese Entwicklung betrifft jedoch nicht nur Staatsanleihen, da auch Unternehmensschuldner der Schwellenländer zunehmend in den globalen Kreditmarkt vordringen. Selbst wenn die Bankkredite nach wie vor die Schuldenlandschaft in den Schwellenländern dominieren, so ändert sich dies langsam, da ihre Kapitalmärkte reifen und denen entwickelter Länder ähnlicher werden. So hat sich der gesamte Unternehmensanleihebestand in Hartwährung seit 2009 auf 2,3 Billionen US-Dollar mehr als vervierfacht und liegt nun doppelt so hoch wie der US-Markt für Hochzinsanleihe.
Dieses Wachstum spiegelt die zunehmende wirtschaftliche Bedeutung der Emerging Markets wider. Nach Schätzungen von McKinsey sollen bis 2025 fast die Hälfte der Fortune Global 500-Unternehmen in Schwellenländer ansässig sein, verglichen mit nur 24 im Jahr 2020.
Heute gibt es zahlreiche Beispiele für Unternehmen aus Schwellenländer, die zu den grössten globalen Playern in ihren jeweiligen Branchen gehören. Zum Beispiel der brasilianische Fleischproduzent JBS, der Hafenbetreiber DP-World in den Vereinigten Arabischen Emirate oder der mexikanische Lebensmittelproduzent Grupo Bimbo. Viele der Unternehmen erzielen nun auch wesentliche Teile ihrer Umsätze in entwickelten Länder, was die Unterscheidung zwischen aufstrebenden und entwickelten Märkten weiter verwischt. Für JBS stammen rund 46% der Einnahmen aus Nordamerika, während die Zahl für ein weiteres brasilianisches Beispiel, den Rindfleischproduzenten Marfrig, bei 65% liegt. Teva, das israelische Pharmaunternehmen, erwirtschaftet zwei Drittel seines Umsatzes in Europa und Nordamerika.
Natürlich geht dies in beide Richtungen, sodass viele Unternehmen aus entwickelten Industriestaaten auch in den Schwellenländern etabliert sind. Das norwegische Telekommunikationsunternehmen Telenor erwirtschaftet rund zwei Drittel seines Umsatzes in Emerging Markets, und viele spanische Unternehmen wie Telefonica, Banco Santander und BBVA sind aufgrund der historischen und kulturellen Bindungen Spaniens an die Region in ganz Lateinamerika stark vertreten.
Ein weiteres Zeichen für die gestiegene Reife von Unternehmen aus Schwellenländern und die verschwommene Unterscheidung zwischen ihnen und Unternehmen aus entwickelten Industriestaaten ist durch ihre Akquisitionstätigkeit zu erkennen. Unternehmen aus Emerging Markets erwerben zunehmend Unternehmen aus entwickelten Ländern, um neue Märkte zu erschliessen, ähnlich wie diese es in der Vergangenheit umgekehrt getan haben. Sehr oft handelt es sich dabei um Übernahmen bekannter Premium-Marken wie die Übernahme von Jaguar durch die indische Firma Tata Motors oder die Übernahme von Volvo durch die chinesische Autofirma Geely, die seit langem mit entwickelten Länder verbunden sind.
Offensichtlich sind die Schwellenländer viel zu wichtig geworden, als dass Investoren sie ignorieren könnten. Eine langanhaltende Periode mit höheren Wachstumsraten hat die wirtschaftliche Kluft zu den Industrieländern verringert. Viele Unternehmen aus aufstrebenden Ländern sind zu wichtigen Akteuren auf der Weltbühne geworden und für historisch führende Gesellschaften in Industrieländern gleichermassen zu Peers als auch Herausforderer geworden. In der Zwischenzeit haben die fortschreitende Entwicklung und Lockerung der Kapitalmärkte von Schwellenländer sowie der zunehmende Bedeutungsverlust von Banken grosse Teile der Schwellenländer-Anleihemärkte für globale Investoren geöffnet. Investoren wollen an der Wachstumsgeschichte der Schwellenländer teilhaben, der Zugang wird auch durch die verschwommene Unterscheidung zwischen aufstrebenden und entwickelten Länder bequemer.
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