Lob für Fed-Chef Powell |
04.08.2023 23:42:00
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US-Ökonom Jeremy Siegel wechselt in das Lager der Bullen - Lob für Powells Äusserungen im Rahmen des letzten Zinsentscheides
Während des offensiven Zinsstraffungszyklus galt der US-amerikanische Wirtschaftsprofessor Jeremy Siegel als einer der entschiedensten Kritiker des Fed-Chefs Jerome Powell. Doch inzwischen hat Siegel zugegeben, sich getäuscht zu haben - und wechselte in das Lager der Bullen. Was macht den Top-Ökonomen neuerdings so optimistisch?
• Siegel: Fed hat verstanden, dass sie mit Zinserhöhungen nicht übertreiben darf
• Ende des Straffungszyklus könnte Aktien dauerhaft Antrieb verleihen
Jeremy Siegel ist einer der anerkanntesten Ökonomen in den USA, seine Meinungen finden stets grosses Gehör in Investorenkreisen. So galt Siegel im vergangenen Jahr als einer der grössten Mahner vor allzu positiven Erwartungen an die Börsen. Immer wieder erneuerte der Wirtschaftsprofessor von der Wharton School of Business seine Kritik an der US-Notenbank Fed. Seiner Meinung übertrieb Fed-Chef Jerome Powell mit den Leitzinserhöhungen, Siegel befürchtete grosse Schäden für die US-Wirtschaft und sagte einen langwierigen Bärenmarkt voraus.
Siegels Pessimismus hat ein Ende gefunden
Seine Ansichten erwiesen sich aber zumindest teilweise als überzogen, wie Siegel selbst vor einigen Wochen zugab. Er rechnet nun nicht mehr mit einem Kollaps an den internationalen Kapitalmärkten, sondern geht vielmehr von weiter steigenden Notierungen an den Börsen aus. Er habe die Gefahren, die von den Leitzinserhöhungen für die US-Konjunktur ausgingen, als zu hoch eingeschätzt. Statt einer scharfen Rezession sei es allemal zu einer temporären Stagnation gekommen, die Arbeitslosigkeit befinde sich weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. So rechnet Siegel auch in den kommenden Monaten mit einer positiven Börsenstimmung. Besonders diejenigen Tech-Unternehmen, die stark im Mega-Wachstumsmarkt künstliche Intelligenz (KI) vertreten sind, dürften seiner Ansicht nach noch ein deutliches Kurspotenzial aufweisen. Dennoch setzt auch Siegel keine rosarote Brille auf und verweist weiterhin auf die Gefahr einer leichten Rezession im Herbst, da die Kaufkraft der US-Konsumenten unter den hohen Zinsen leide.
Siegels gesondertes Lob an Jerome Powell
In einem CNBC-Interview bestätigte Wharton vor Kurzem, dass sich seine Ansichten bezüglich der Konjunktur- und Börsenlage deutlich aufgehellt hätten. Als Hauptgrund für seine neuartige Zuversicht nannte Siegel die Äusserungen des Fed-Chefs Jerome Powell im Rahmen der letzten Zinssitzung, bei der das Leitzinsniveau um 25 Basispunkte auf einen Korridor von 5,25 bis 5,5 Prozent erhöht wurde. Powell betonte hierbei, dass die Fed sich der Gefahren allzu hoher Zinsen für die Konjunktur bewusst sei und deshalb darauf achte, bei der geldpolitischen Straffung den Bogen nicht zu überspannen.
"Dies war die beste Pressekonferenz, die ich seit über einem Jahr von Jay [Jerome] Powell gehört habe", sagte Siegel gegenüber CNBC. "Er war fast so weit zu sagen, dass die Risiken ausgeglichen sind. Nicht ganz, noch ein bisschen mehr Inflation, aber er hat wirklich eingeräumt, dass es potenzielle Abwärtsrisiken gibt." Siegel zufolge handele es sich bei Powells Äusserungen um einen Paradigmenwechsel, da die offizielle Fed-Politik sich nicht mehr nur auf die Inflationsbekämpfung konzentriere, sondern zunehmend auch konjunkturelle Erwägungen in den Vordergrund rückten. Angesichts des zuletzt deutlich abnehmenden Inflationsdrucks habe sich der Druck auf die Notenbanken, die Zinsen weiter zu erhöhen, merklich reduziert. Siegel macht indes kein Geheimnis daraus, dass er weitere Zinserhöhungen für gefährlich halte, da sie die angeschlagene Finanzlage vieler US-Haushalte noch weiter verschärfen würden.
Siegel sieht viele Anzeichen für einen baldigen Konjunkturaufschwung
Immer mehr Anleger gehen inzwischen davon aus, dass der US-Zinsgipfel bereits erreicht worden ist. Zumindest für die kommende Fed-Sitzung im September rechnet eine Mehrheit der Anleger mit einer Zinspause, wie Daten von "CME Fed Watch" zeigen. Neben der Aussicht auf ein Ende der Zinssteigerungen sei laut Siegel ebenfalls positiv zu werten, dass sich die US-Konjunktur trotz des sehr offensiven Straffungszyklus in einer vergleichsweise guten Lage befinde - und vor allem deutlich besser, als er zuvor befürchtet hatte. Siegel verwies in diesem Kontext auf Trends bei den Rohstoffpreisen, den Immobilienpreisen und der Geldmenge, die allesamt nicht mehr sinken, sondern sich stabilisieren.
"Die sehr hohen Zinssätze, die mich und den Markt zu Beginn des Jahres erschreckt haben, scheinen sich nicht so negativ auszuwirken, wie ich angenommen hatte", gibt Siegel zu. "Und das in Verbindung mit der Tatsache, dass Powell jetzt sagt: 'Ich werde beide Seiten der Gleichung betrachten', ist sehr positiv für den Markt." Angesichts der Gleichzeitigkeit vieler positiver Entwicklungen zeigt sich Siegel wenig überrascht über den hervorragenden Lauf der internationalen Börsen in den vergangenen Monaten und rechnet - trotz der Möglichkeit kleinerer Korrekturen - grundsätzlich mit einer Fortsetzung des derzeitigen Bullenmarktes.
Redaktion finanzen.ch
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