Keine Bärenmarkrally? |
15.07.2023 22:33:00
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Wall Street-Bulle Tom Lee bleibt optimistisch: Warum der Experte dem S&P 500 ein Allzeithoch zutraut
Nach der Rally der Aktienmärkte im ersten Halbjahr zeigen sich Anleger und Experten zurückhaltend, was Prognosen für die weitere Marktentwicklung angeht. Nicht so Fundstrat-Experte Tom Lee: Seiner Ansicht nach geht der Aufwärtstrend nicht nur weiter, er hält auch neue Rekordmarken für möglich.
• KI und Fed als Kurstreiber
• Kursziel für S&P 500 angehoben
Die ersten sechs Monaten des Börsenjahres 2023 haben viele Anleger mit der mauen Kursentwicklung des vorangegangenen Jahres versöhnt. Nicht nur der breite US-Aktienmarkt - abgebildet durch den S&P 500-Index - hat von Januar bis Juni kräftige Gewinne eingefahren, insbesondere im Techbereich lief es ausgesprochen gut. Während sich angesichts weiter vorherrschender Unsicherheit über die Zinspolitik der Notenbanken aber auch die Angst vor deren Folgen viele Anleger vorsichtiger werden lässt, bleibt Finanzanalyst Tom Lee weiter auf der Seite der Bullen.
Fundstrat-Experte sieht Erfolge für die Fed
Dabei verweist Fundstrat-Stratege Lee insbesondere auf die Bemühungen der US-Notenbank Federal Reserve im Kampf gegen die Inflation, in denen er den Währungshütern Erfolg bescheinigt: "Unserer Ansicht nach hat der Aktienmarkt am 12. Oktober 2022 seinen Tiefpunkt erreicht und der Anstieg in den letzten neun Monaten ist der Beginn eines neuen Bullenmarktes. Wir haben einen enormen Rückgang der Inflation erlebt, und der Inflationskrieg ist der Krieg, den die Fed führt und scheinbar gewinnt", wird Lee bei MarketWatch zitiert.
Angesichts der Entspannung an der Inflationsfront dürfte sich der Druck auf die Fed verringern und die US-Notenbank könnte zu einer gemässigteren Haltung übergehen, zeigt sich der Experte weiter zuversichtlich. Zwar sei "die Kerninflation hartnäckig", insbesondere weil diese Restkomponenten wie Wohnimmobilien und Autos immer noch hinterherhinkten, sobald hier ein Rückgang zu sehen sei, werde "der Kern-VPI auf Jahresbasis auf unter 3 % fallen", so Lee in einem Telefoninterview.
Selbst von der jüngsten Ankündigung der US-Notenbank, dass in diesem Jahr noch mit zwei weiteren Leitzinserhöhungen zu rechnen sein dürfte, lässt sich der Fundstrat-Analyst nicht aus der Ruhe bringen, denn "zwei weitere Erhöhungen sind für mich kein so grosser Schock wie 500 Basispunkte in 12 Monaten", nahm er Bezug auf die Zinserhöhungsserie der Fed seit März 2022.
KI als Treiber für den Markt
Vor diesem Hintergrund geht er davon aus, dass auch die Börsen ihren Aufwärtstrend fortsetzen werden. Dabei werde sich die Marktbreite weiter verbessern, nahm Lee Bezug auf Bedenken vieler Experten, dass nur einige wenige Aktien mit KI-Bezug für das kräftige Plus der Aktienmärkte in der ersten Jahreshälfte gesorgt hätten. "Wenn sich die Inflation abkühlt und die Menschen daher zuversichtlicher werden, dass zwei Zinserhöhungen das Maximum sind, oder vielleicht gibt es nicht einmal zwei Zinserhöhungen, dann denke ich, dass dies die finanziellen Bedingungen lockern wird, sodass die Zinssätze und die Volatilität am Anleihenmarkt abnehmen sollten", zeigt er sich zuversichtlich.
Kursziel für S&P 500 angehoben
Entsprechend dieser Überzeugung hob Lee dann auch sein Kursziel für den S&P 500 an. Statt 4'750 Punkte traut der Experte dem breiten Marktindex bis zum Jahresende nun einen Sprung bis auf 4'825 Zähler zu. Zum aktuellen Indexstand von 4'505,42 Punkten (Schlusskurs vom 14.07.2023) wäre damit noch ein Aufwärtspotenzial von rund sieben Prozent drin. Zudem würde der S&P 500 damit ein neues Rekordhoch erreichen: Auf Schlusskursbasis hatte das Börsenbarometer zuletzt Anfang 2022 bei 4'796,56 Punkten ein Allzeithoch erreicht.
Zwar räumt Lee ein, dass es für diese Prognose durchaus Unsicherheiten gebe und verwies unter anderem auf Inflationsrisiken, das Risiko, dass die Fed einen Fehler mache, den Ukraine-Krieg, eine enttäuschende Wirtschaftserholung in China sowie die Verbraucherausgaben, der Analyst legt seinen Fokus aber auf andere Dinge. "Jeder konzentriert sich auf das Risiko, daher glaube ich nicht, dass uns das unbedingt so sehr überraschen wird", zeigt sich Lee zuversichtlich.
Stattdessen rechnet er damit, dass es im Falle eines Rücksetzers am Markt zu Panikkäufen kommen werde, weil ein Grossteil der Anleger davon überzeugt sei, dass aktuell eine Bärenmarktrally im Gange sei. "Wie auch immer, irgendwann müssen sie erkennen dass das nicht der Fall ist". Seiner Ansicht nach sei die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Panikkäufen kommen werde, höher, als dass es zu Panikverkäufen kommen werde.
Redaktion finanzen.ch
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