Experten-Kolumne |
10.03.2021 09:43:11
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Aktienmärkte reagieren nervös auf US-Renditen
Kolumne
Seit dem Tiefpunkt Mitte des vergangenen Jahres ist die Rendite von 10-jährigen US-Staatsanleihen von 0.50% auf über 1.6% gestiegen. Insbesondere die Dynamik des Anstiegs seit Mitte Februar lässt darauf schliessen, dass Inflationsängste das Marktgeschehen nun wieder beherrschen dürften.
US Verschuldung und Geldmenge auf Rekordniveau
Um die Wirtschaft am Laufen zu halten, hat die US-amerikanische Zentralbank im Februar 2020 die Geldschleusen geöffnet. Lag die im Umlauf befindliche Geldmenge M1 vor der Pandemie noch bei 4 Billionen US-Dollar, schoss dieser Wert innerhalb von 12 Monaten auf über 18 Billionen US Dollar (Quelle: Reuters). Gleichzeitig stieg der US-Schuldenberg von knapp 16 Billionen US Dollar auf über 21 Billionen US-Dollar an. Ein zunächst hilfreicher Geldregen, der nun zum Bumerang werden könnte. Denn das Inflationsgespenst treibt aktuell die Börsen vor sich her.
Abbildung 1: US Geldmenge M1 und US Verschuldung
(Quelle: Reuters)
Bislang blieben die Preise, gemessen am Verbraucherpreisindex, bei annualisierten 1.4% noch deutlich unter dem eigentlichen Ziel der US-Zentralbank von 2%. Wo die Inflation jedoch bereits sichtbar durchschlägt, ist bei Vermögenswerten wie Aktien und Immobilien und auf dem Rohstoffmarkt. Während der S&P 500 trotz Coronakrise und ausgehend von Vorkrisenniveaus um 10% stieg, erreichte der Immobilienmarkt, gemessen am Hauspreisindex, Ende 2020 ein neues Allzeithoch. Ein weiterer Grund zur Besorgnis dürfte die Entwicklung am Rohstoffmarkt sein. Mit einem Anstieg von +53.6% stiegen die Preise für Basismetalle, die überwiegend von der verarbeitenden Industrie benötigt werden, am stärksten. Aber auch Lebensmittel verteuerten sich gemäss der Angaben des Internationalen Währungsfonds um 18.6% und könnten die Inflationsängste weiter anheizen.
Als Indiz für die steigende Inflationsangst ist der Anstieg der Anleihenrenditen. Lag die Rendite für 10-jährige Staatsanleihen im vergangenen August noch auf einem Rekordtief von knapp 0.5% stiegen diese in kürzester Zeit auf knapp 1.6%. Was hier besonders für Unruhe bei Investoren sorgt, ist die Geschwindigkeit, mit der die Renditen gestiegen sind. Und dies, obwohl die US-Zentralbank bislang klar signalisiert, dass sie von ihrer ultralockeren Geldpolitik mit Zinsen auf Rekordtief vorerst nicht abweichen wird.
US Renditekurve wird steiler
Was besonders auffällt ist, dass die US Renditekurve aktuell deutlich steiler verläuft als noch im August. Während die Renditen am kurzen Ende der Laufzeit, welche die Zentralbank mit der Zinspolitik am ehesten beeinflussen kann, aktuell tiefer sind also noch im August, sind die Renditen am langen Ende der Laufzeit deutlich gestiegen. Dies dürfte vor allem Banken freuen, die bei einer steilen Renditekurve höhere Gewinnmargen haben und somit die Bereitschaft zur Kreditvergabe deutlich steigen sollte.
Abbildung 2: US Renditekurven im Vergleich
(Quelle: Reuters)
Die Aktienmärkte reagierten in den vergangenen Wochen zunehmend nervöser auf die Entwicklungen am Renditemarkt. Während der S&P 500 von seinem vorläufigen Rekordhoch um etwa 4% absackte, erwischte es den Technologieindex Nasdaq 100 mit einem Verlust von nahezu 10% deutlich stärker. Alle Augen werden diese und nächste Woche folglich auf den Zentralbanksitzungen der EZB am 11. März und der FED am 17. März liegen. Zwar ist aktuell, aufgrund der noch geringen Inflation, kein Zinsschritt zu erwarten. Jedoch wird der Fokus auf den Pressekonferenzen liegen, bei denen auf Zeichen einer Änderung der Geld- und Zinspolitik geachtet wird. Änderungen, die jüngst bereits von der chinesischen Zentralbank angekündigt wurden, wo sich die Zeit des billigen Geldes dem (vorläufigen) Ende nähern dürfte.
Christos Maloussis ist Market Analyst - Premium Client Manager bei IG Bank S.A.
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