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Experten-Kolumne 12.02.2021 08:43:37

Tiger Broker fordert Robinhood heraus

Kolumne

Mit einer Bewertung von nahezu 20 Milliarden US-Dollar spielt der US-Amerikanische Zero-Cost Broker Robinhood in einer Liga mit etablierten Anbietern wie E-Trade und TD Ameritrade, die inzwischen von Morgan Stanley respektive Charles Schwab übernommen wurden.

Ein von Investoren bislang wenig beachteter Player im Markt ist die chinesische UP Fintech Holding, die mit ihrer Handelsplattform Tiger Brokers das asiatische Pendant zu Robinhood darstellt.

Hohes Wachstumspotential in Asien

Genau wie Robinhood, zielt auch Tiger Brokers auf die junge Generation von Tradern ab, die Wert auf technologische Innovation und geringe Handelskosten legen. Es verwundert daher kaum, dass dreiviertel der Kunden jünger sind als 35 Jahre und überwiegend selbst im Technologiesektor arbeiten. Ziel des Unternehmens ist es, den chinesisch sprachigen Tradern eine Plattform in der eigenen Landessprache anzubieten. Und einen unkomplizierten Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten zu ermöglicht. Obwohl beide Unternehmen in 2015 lanciert wurden, hinkt Tiger Brokers in wesentlichen Kennzahlen den Amerikanern noch hinterher. Während Robinhood mittlerweile mehr als 13 Millionen Kunden meldet, hat Tiger Brokers die Schwelle von 1 Millionen Konten erst vor Kurzem erreicht. Aufgrund der strengen Vorschriften für den Kauf von Fremdwährungen, welche in China gelten, wurden zudem nur knapp ein Viertel dieser Konten kapitalisiert. Dies bedeutet jedoch gleichzeitig, dass Tiger Brokers bereits aus dem bestehenden Kundenstamm ein hohes Wachstumspotenzial generieren kann. Zudem sind die Vermögen privater Haushalte in China mit schätzungsweise 78 Billionen US-Dollar nach den USA mit 115 Billionen mittlerweile die zweitgrössten der Welt und dürften die USA noch in diesem Jahrzehnt überholen. Chinesen legen ihr Geld tendenziell eher in Immobilien und Bankeinlagen an. Trotzdem dürfte zum einen die Notwendigkeit nach Diversifizierung und der internationale Trend des Self-Investments dazu beitragen, dass Tiger Brokers in Zukunft starken Zulauf erfährt.

2020 erstmals Gewinn

Im Gegensatz zu Robinhood, die ihr Geld primär durch den Weiterverkauf des Handelsvolumens an Market Maker verdienen, sind die Einnahmen von Tiger Broker diversifizierter. Neben Kommissionseinnahmen, die im Q3/2020 etwas mehr als die Hälfte des Ergebnisses ausmachten, erzielte das Unternehmen ein Fünftel der Einnahmen aus der Vergabe von Handelskrediten und ein Viertel aus dem Neuemmissionsgeschäft. Letzteres erlaubt es den Chinesen frühzeitig an Börsengängen chinesischer Unternehmen in den USA teilzunehmen und bietet in sich bereits enormes Potenzial. Zudem dürfte Tiger Broker in 2020 erstmals die Gewinnzone erreicht haben, was den deutlich positiven Trend bestätigt.

Langfristig interessant

Es steht ausser Frage, aktuell dominiert Robinhood den Kampf um das Kleinstanlegersegment deutlich. Die Nutzerzahlen, die Handelsumsätze und die Marktkapitalisierung sprechen für sich. Berücksichtigt man jedoch das weitere Potenzial im asiatischen Raum, scheint es nur eine Frage der Zeit, bis Tiger Broker seinem grossen Rivalen aus den USA einholen wird. Derzeit fliegt Tiger Broker noch unter dem Radar der meisten Analysten, sodass die breite Masse das schlummernde Potenzial noch nicht wahrgenommen hat. Trotz der fulminanten Kursrallye seit Dezember 2020, in der der Aktienkurs um unglaubliche 500% zulegen konnte, liegt die Marktkapitalisierung mit knapp unter 5 Milliarden US-Dollar noch klar unter dem geschätzten Wert von Robinhood von knapp 20 Milliarden US-Dollar. Obwohl die Aktien kurzfristig ein erhöhtes Risiko aufweist, sollte man sie langfristig im Blick behalten.

Christos Maloussis ist Market Analyst - Premium Client Manager bei IG Bank S.A.

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