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Preiskampf 09.04.2015 14:30:00

«Die Akzeptanz von ETF bei Anlegern steigt stetig»

Für 2015 deutet alles auf ein neues Rekordjahr in der ETF-Branche hin. Im Interview spricht die Europa-Chefin des ETF-Anbieters iShares, Rachel Lord, über den Preiskampf der Emittenten, die Folgen des SNB-Schocks sowie Trends in der Branche.

Interview: Pascal Meisser

Vergangenes Jahr wurden so viele ETF wie noch nie gehandelt. Wie ist die Branche in das Jahr 2015 gestartet?
Rachel Lord*: Wir haben zwar erst die Zahlen für die ersten zwei Monate. Aber es deutet alles auf ein neuerliches Rekordjahr hin. Gemäss den jüngsten Zahlen sind der ETF-Branche in Europa 26 Milliarden Dollar an neuen Vermögen zugeflossen. Das ist mehr, als etwa 2012 während des ganzen Jahres hinzugekommen ist, und setzt den starken Trend von 2014 fort.

Was sind die Gründe?
Im vergangenen Jahr ist das Wachstum erst in der zweiten Hälfte beschleunigt worden. In den ersten sechs Monaten waren die Zuwachsraten relativ gering. Man spürt, dass die Akzeptanz von ETF unter den Investoren ständig steigt. Alleine in den vergangenen zwölf Monaten hat das Wissensniveau der Anleger bezüglich Indexfonds spürbar zugenommen. Aber auch das sich ändernde regulatorische Umfeld spielt uns in die Hände.

In welcher Form?
Ein höherer Grad an Regulierung bedeutet für Banken und Vermögensverwalter auch höhere Kosten. In einem solchen Umfeld sind Anlageberater noch viel mehr daran interessiert, auf Tiefpreisprodukte zu setzen. Für ETF spricht aber auch das Marktumfeld. Bei diesen tiefen Zinsen erhalten die Anleger nicht mehr viel Rendite. Die Folge davon ist, dass sie tendenziell mehr Risiken eingehen und gleichzeitig nach günstigen Anlagelösungen suchen, um doch noch Renditen zu erzielen.

Wo sehen Sie die grössten Geldzuflüsse?
Neugelder werden vor allem in europäische Anlagen gesteckt, vorzugsweise in Aktien. Die Investoren setzen dafür weniger auf amerikanische Assets. Die USA sind vergangenes Jahr das grosse Anlagethema gewesen, nun besteht die Tendenz, Europa zu übergewichten. Man merkt auch, dass gerade institutionelle Anleger ETF benutzen, um ihr Geld schnell und günstig für taktische Allokationen zu verschieben.

Und wo gibt es grössere Abflüsse?
Vor allem bei Anlagen, die kaum noch Rendite versprechen. Anleger investieren weniger Geld in europäische Staatsanleihen und lassen es eher auf ihrem Cash-Konto. Abflüsse stellen wir etwa aus US-Staatsanleihen fest. Interessant ist auch, dass es in den vergangenen zwei Monaten um britische Aktien sehr ruhig geworden ist. Wir sehen praktisch keine Zuflüsse, kaum Abflüsse und die Volumen sind ziemlich geschrumpft.

Als Folge der Wahlen im Mai?
Wir spüren eine grosse Unsicherheit. Die Umfrageergebnisse sind widersprüchlich, niemand will sich derzeit positionieren. Die Anleger sind um mögliche Folgen besorgt, sie stehen an der Seitenlinie.

Das grosse Trendthema bei ETF sind Smart-Beta-Produkte. Früher waren Indexfonds transparente und einfache Produkte, nun werden sie immer komplizierter. Wo sind die Grenzen?

Das ist eine gute Frage. Zumindest bei iShares ist es nicht die Idee, möglichst komplizierte Produkte zu emittieren. Zugegebenermassen ist Smart Beta nicht gerade ein Ausdruck, den ich mag. Er steht aber nicht für Komplexität. Die Frage ist eher: Sind die traditionellen Indizes immer die richtigen für mich? Mit Smart-Beta-Strategien bieten wir Anlegern, die das anders sehen, eine Möglichkeit, nach ihrem Gusto zu investieren. Wer auf Aktien mit hoher Dividendenrendite setzen will, kauft sich den entsprechenden ETF. Das ist doch einfach.

Der neuste Hype der ETF-Branche sind die sogenannten aktiven börsengehandelten Indexfonds. Machen diese Produkte Sinn?
Ich zweifle selber, ob hinter diesen ETF ein Konzept steht. Ich weiss beim besten Willen nicht, weshalb man bei ETF ein aktives Management benötigen sollte.

Harte Worte gegen Ihre Branche.
Es sind ja in der Regel kleinere, spezialisierte Anbieter, welche aktive ETF überhaupt auf den Markt bringen. Aber nochmals: Aktives Management ist hoffentlich eine intelligente Entscheidung, wo man das Geld investieren möchte. Dafür werden die Manager ja auch bezahlt. Nun sollten ETF transparent sein und täglich ihre Positionen publizieren. Aber wo soll der Anreiz für einen Manager liegen, seine Strategie offenzulegen? Er würde ja sofort kopiert. Ich sehe hier beim besten Willen keinen Mehrwert für die Anleger.

Sie geben den aktiven ETF demnach keine lange Lebensdauer?
Erst müsste mir jemand beweisen, dass diese aktiven ETF tatsächlich Sinn machen. I-Shares bietet keine solchen Produkte an und wir haben auch keine Pläne, solche ETF in Europa anzubieten.

Vor zwei Monaten hat die Schweizerische Nationalbank die Märkte geschockt - mit welchen Folgen für den ETF-Markt?
Zunächst mal war es für uns ein unglaublicher Tag. So was hatten wir noch nie gesehen. Die Handelsvolumen waren enorm. Wir sahen 10- bis 20-mal höhere Volumina als an normalen Handelstagen. Es war schlicht beeindruckend. Nach dem SNB-Entscheid musste die Eurex den Handel für Future-Kontrakte während 20 Minuten schliessen. Sie konnte schlicht keine Preise mehr stellen. ETF hingegen wurden pausenlos gehandelt.

ETF als ideales Trading-Instrument?
Genau. Anleger, die den SMI handeln wollten, kamen also gar nicht um ETF herum. Das war nur deshalb möglich, weil ETF stets an den Index gebunden sind. Auch bei der Spanne zwischen Geld- und Briefkursen bestanden ETF den Test. Während die Differenz bei Futures sich verachtfachte, war es bei ETF eine Verdoppelung. Unser Fazit des Tages war: ETF verhielten sich effizient, blieben liquide, waren gut handelbar und sind von Investoren benutzt worden.

Haben Anleger die tiefen Kurse der SMI-Aktien für einen Einstieg genutzt?
Nein. Für ausländische Investoren war es ein sogenannter Non-Event. Unter Berücksichtigung der Wechselkurse erlitten sie keine Verluste. Schweizer Investoren wollten abwarten, was die tatsächlichen Folgen der Frankenaufwertung sind. Bis heute ist die Masse noch nicht an den Schweizer Markt zurückgekehrt.

Die vergangenen Monate waren vom massiven Preiskampf unter den ETF-Anbietern geprägt. Geht dieses Kostenduell weiter?
Bei den heutigen Kostenniveaus ist das kaum noch möglich. Beim liquidesten Markt, dem S&P-500-Index, liegen die ETF-Kosten derzeit noch bei 0,05 bis 0,1 Prozent. Da kann es schon mathematisch nicht mehr viel tiefer gehen. Unser ETF liegt derzeit bei 0,07 Prozent Kosten. Ich glaube nicht, dass auf diesem Level die einzelnen Basispunkte die ausschlaggebende Rolle spielen, welchen ETF ein Anleger kauft. Viel wichtiger sind die Handelbarkeit und die effektive Grösse der börsenkotierten Indexfonds.

Für den Moment hat die Branche bei den Kosten also den Boden erreicht?
Unter den Anbietern sehe ich derzeit keinen grossen Preisdruck mehr, zumindest bei den grossen Hauptmärkten.

*Rachel Lord ist Leiterin Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA) bei iShares, dem grössten Emittenten von börsengehandelten Indexfonds. Seit 2009 ist die Firma im Besitz von Blackrock.

Weitere Links:

ETF-Sparpläne bei neon invest | BX Swiss TV

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