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Vermögensverwalter-Kolumne 08.02.2021 10:11:16

Alte Eisen sind Gold wert

Alte Eisen sind Gold wert

Es lohnt sich gleich in mehrfacher Hinsicht, ältere Arbeitnehmer über das ordentliche Rentenalter hinaus zu beschäftigen. Vor allem in Zeiten des sich zuspitzenden Fachkräftemangels.

Der bereits heute spürbare Fachkräftemangel wird sich in den kommenden Jahren noch deutlich verschärfen. Die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten Babyboomer erreichen bald das Rentenalter und werden mehrheitlich aus dem Arbeitsprozess ausscheiden. Gemäss Schätzungen der Universität Freiburg fehlen in der Schweiz in zehn Jahren eine halbe Millionen Arbeitskräfte. Dieses Defizit kann weder allein durch die vermehrte Berufstätigkeit von Frauen, noch durch die Zuwanderung neuer Arbeitskräfte kompensiert werden. Zusätzlich sollten auch ältere Arbeitnehmende nach Erreichen des ordentlichen Pensionierungsalters von 65 respektive 64 Jahren für Frauen weiter im Berufsleben bleiben. Heute arbeiten erst 12% der Personen über das 65igste Lebensalter hinaus; hier liegt also noch ein grosses Potential brach. Zumal ältere Arbeitnehmer aus vielerlei Gründen höchst attraktiv für das Unternehmen sein können.

Finanziell gesehen lohnt es sich für eine Firma durchaus, ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen. Diese können bei einer Weiterbeschäftigung über das 65igste Lebensjahr hinaus ihre AHV-Rente entweder sofort beziehen oder den Bezug maximal fünf Jahre aufschieben. Bei einem Aufschub erhöht sich der künftige Rentenanspruch, wobei der Zuschlag von der Anzahl der Monate abhängt, um die er den Rentenbezug hinausschiebt. Bei einem Jahr Aufschub erhält der Rentner künftig 5,2% mehr AHV-Rente, bei der maximalen Dauer von fünf Jahren Aufschub erhält er 31,5% mehr AHV-Rente. Während der Jahre des Aufschubs müssen jedoch weiterhin Beiträge an die AHV entrichtet werden, allerdings gilt hier ein Freibetrag von monatlich 1400 oder jährlich 16800 Franken auf die keine AHV-Beiträge zu entrichten sind - weder vom Arbeitnehmer, noch vom Arbeitgeber.

Leistungen aus 2. und 3. Säule

In der Beruflichen Vorsorge präsentiert sich ein anderes Bild. Ob ältere Arbeitnehmer auch weiterhin in der Pensionskasse verbleiben oder ihr Altersguthaben als Kapital oder Rente mit 65 beziehen müssen, hängt vom Reglement der jeweiligen Vorsorgeeinrichtung ab. Viele Pensionskassen lassen heutzutage eine Weiterversicherung älterer Arbeitnehmer bis zum 70igsten Lebensjahr zu, Einzahlungen in die Pensionskasse sind in diesen Jahren jedoch grundsätzlich nicht vorgesehen, dass heisst, dass sich das Altersguthaben der Versicherten trotz längerer Erwerbstätigkeit nicht erhöht. Allerdings erhöht sich der Rentenumwandlungssatz und damit die künftige Rente aus der 2. Säule. Zudem darf ein Arbeitnehmer dann auch über das 65igste Lebensjahr hinaus weiterhin Einzahlungen in die 3. Säule tätigen, maximal 6883 Franken pro Jahr. Sieht das Pensionskassenreglement keine Aufschubmöglichkeit vor und der Arbeitnehmer muss die Rente aus der 2. Säule ab 65 Jahren beziehen, darf er sogar bis zu 20% des Netto-Einkommens oder maximal 34416 Franken in die 3. Säule einzahlen.

Falls der rentenberechtigte Arbeitnehmer die Rente aus der 2. Säule beziehen muss und zusätzlich weiterhin ein Erwerbseinkommen generiert, können sich hier steuerliche Nachteile ergeben. Denn die Summe von Lohn und Renteneinkommen kann zu einer höheren Steuerprogression führen und auch die Steuerrechnung für das Eigenheim erhöhen.

Aus Unternehmenssicht ist die Weiterbeschäftigung aufgrund des AHV-Freibetrags und dem Wegfall der Beiträge an die Pensionskasse und Arbeitslosenversicherung (ALV) und dem Wegfall der Verpflichtung zur Leistung von Taggeldern im Krankheitsfall des Arbeitnehmers durchaus attraktiv. Die Lohnnebenkosten sind deutlich tiefer als für Arbeitnehmer unter 65 Jahren. Hingegen sind die monetären Anreize für die arbeitenden Rentner deutlich geringer, aufgrund der steuerlichen Belastung und der Beitragspflicht zur AHV.

Daher bleibt es in erster Linie Aufgabe der Unternehmen dafür zu sorgen, dass ältere Arbeitnehmer möglichst lange im Unternehmen verbleiben. Die Vorteile für das Unternehmen liegen dabei nicht nur in den geringeren Lohnnebenkosten sondern auch in vielen anderen Bereichen. Denn ältere Arbeitnehmer sind weitaus erfahrener und wenn sie aus dem Betrieb ausscheiden, nehmen sie auch ihr Know-how und ihre Berufserfahrung mit. Besser wäre es, sie würden dieses an die nachfolgenden Generationen im Betrieb weitergeben bevor sie sich aufs Altenteil zurückziehen.

Unternehmen, die gerne und viele ältere Arbeitnehmer beschäftigen haben zudem die Erfahrung gemacht, dass die Fluktuation bei älteren Arbeitnehmern tendenziell gleich Null ist. Ein Mitarbeiter der seinen 50igsten Geburtstag schon gefeiert hat, wird kaum noch den Arbeitgeber wechseln, erst recht nicht, je mehr er sich dem Pensionierungsalter nähert. Die höhere Loyalität älterer Arbeitnehmer zeigt sich aber nicht nur in der geringen Fluktuation, meist sind Mitarbeitenden die seit Jahrzehnten im Betrieb arbeiten mehr als nur Mitarbeiter, sondern es sind schon fast Ambassadoren, die den Ruf und die Kultur eines Unternehmens nach aussen und innen verkörpern.

Und last not least gibt es viele Unternehmen, deren Kundschaft ebenfalls im reiferen Alter ist und die sich von erfahrenen Mitarbeitern besser und auf Augenhöhe beraten fühlen als von einer deutlich jüngeren Person.

All dies sind gute Gründe, um ältere Arbeitnehmer möglichst lange im Betrieb zu halten. Da sich die monetären Anreize für den arbeitenden Rentner wie oben beschrieben jedoch in Grenzen halten, gilt es im Betrieb eigene Arbeitsmodelle zu schaffen, welche die Weiterbeschäftigung von Rentnern attraktiver machen und sie animieren, auch nach dem 65igsten Geburtstag noch jeden Tag - oder zumindest ein paar Tage die Woche - zur Arbeit zu kommen. Grössere Konzerne wie Post, Roche oder SBB haben ausgefeilte Lebensarbeitszeitmodelle oder eigene Altersteilzeitmodelle, die sich für KMU aber nur schwer adaptieren lassen. Hier muss jedes Unternehmen seinen eigenen Weg finden.

Der erste Schritt zu einem langfristig angelegten Betrieblichem Altersmanagement (BAM) ist eine Erhebung der Altersstruktur des Betriebs und eine bewusst gestaltete Generationenpolitik bei der Personalplanung und -rekrutierung. Dann sollte der Wissenstransfer zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden durch Mentoring- oder Coaching-Programme sichergestellt werden. Darüber hinaus sollte das Thema Weiterbildung auch für ältere Arbeitnehmer offen gestaltet werden. Und zu guter letzt sollte ein Betriebliches Gesundheitsmanagement für ein gutes und kooperatives Betriebsklima und das Wohlbefinden der Belegschaft sorgen.

Den Rest muss die Unternehmensführung individuell in persönlichen Gesprächen mit den Mitarbeitenden evaluieren. Spätestens bei Erreichen des 58igsten Lebensjahres eines Mitarbeiters sollte dessen berufliche Zukunft besprochen werden. Ein Schlagwort, welches in diesem Zusammenhang immer häufiger fällt, ist die sogenannte "Bogenkarriere". Damit ist die Abgabe von Führungsverantwortung im Alter gemeint. Der Mitarbeiter bleibt zu einem reduzierten Pensum im Betrieb und in der fachlichen Verantwortung für seinen Bereich aber er legt die personelle Verantwortung in andere Hände. Damit ist beiden Seiten gedient, sowohl dem Arbeitnehmer, der weiter arbeiten möchte als auch dem Arbeitgeber, der das Fachwissen des älteren Mitarbeitenden halten und die nachrückenden jüngeren Mitarbeitenden stärker in die Verantwortung nehmen möchte.


Bildquelle: Daniela Staerk / Shutterstock.com,1eyeshut / Shutterstock.com

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