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EZB-Coup 23.01.2015 09:33:56

Die wichtigsten Antworten zur EZB-Geldschwemme

Investoren hatten viel erwartet, EZB-Chef Mario Draghi hat noch mehr geliefert. Für die Euro-Zone sind das gute Nachrichten. Für die Schweiz womöglich auch.

Von Mathias Ohanian

Was genau macht die Europäische Zentralbank nun? Ab März wird die EZB jeden Monat Anleihen von Staaten, Unternehmen und Institutionen der Euro-Zone im Wert von 60 Milliarden Euro kaufen. Das Programm soll bis September 2016 laufen - beziehungsweise so lange, bis die Inflation wieder in Richtung EZB-Zielwert von «nahe, aber unter» 2 Prozent steigt.

Die Verteilung läuft nach dem EZB-Kapitalschlüssel: Deutschland ist das grösste Land, danach folgen Frankreich, Italien und Spanien. Griechenland ist vorerst ausgenommen.

War das Programm nötig?

Die Meinungen darüber gehen auseinander. Länder wie Deutschland brauchen das Programm nicht. Doch Länder in Südeuropa stehen auf wackligen Beinen. Problematisch ist für Mario Draghi, dass die Inflationserwartungen in der Euro-Zone für die kommenden Jahre zuletzt deutlich gesunken sind.

Das heisst: Investoren rechnen kaum mehr damit, dass die Teuerung in den kommenden fünf Jahren wieder in Richtung Inflationsziel von knapp 2 Prozent steigt. Ohne zusätzliche Massnahmen droht Draghi sein Mandat der Preisstabilität offenbar nicht erfüllen zu können.

Startet die EZB jetzt einen Währungskrieg?

Auch dazu gehen die Bewertungen auseinander. Laut Kaufkraftparitäten steht der faire Wert des Euro bei etwa 1.15 Dollar. Das heisst: In den vergangenen Jahren war der Euro durchgehend stärker bewertet als er theoretisch sein sollte. Deshalb kann argumentiert werden, dass erst in diesen Wochen ein fundamental gerechtfertigter Wert zum Dollar erreicht ist.

Und im Gegensatz zur oft vorherrschenden Meinung ist die Bilanzsumme der EZB in den vergangenen beiden Jahren gar um 1 Billion Euro gesunken. Notenbanken in den USA, England, Japan und der Schweiz hingegen expandierten kräftig.

Wie gross ist das EZB-Programm im internationalen Vergleich?

Mit rund 1.1 Billion Euro bewegt sich das Programm im Rahmen der Erwartungen von Mittwochabend - ist jedoch doppelt so hoch, wie Experten noch vor Wochen spekuliert hatten. Das Gesamtvolumen macht etwa ein Zehntel des Bruttoinlandprodukts der Euro-Zone aus.

Daran gemessen ist es so gross wie das erste der drei Programme, welche die US-Notenbank Fed seit der Finanzkrise lanciert hat. Es ist auch mit dem ersten Paket der Bank of England vergleichbar. Inzwischen haben die Angelsachsen aber viel massiver interveniert: Die Briten kauften Papiere im Wert von fast einem Viertel der Wirtschaftsleistung, die Amerikaner sogar noch mehr.

Kommt mit den Anleihekäufen jetzt die Hyperinflation?

Davor warnen vor allen Euro-Kritiker in Deutschland. Der umstrittene Ökonom und Politiker Thilo Sarrazin (SPD) etwa sagte schon 2012, dass er sein Diplom zurückgebe, sollte es innert zehn Jahren nicht zu einer Hyperinflation kommen. Diese Kassandra-Rufe gibt es seit Jahren - haben sich jedoch nie bestätigt. Für keinen der grösseren Währungsräume seit der Finanzkrise.

Im Gegenteil: Die Inflation in der Euro-Zone befindet sich im Sinkflug. Selbst die Kernrate, die verzerrende Faktoren wie Energie und Nahrungsmittel nicht berücksichtigt. Im Dezember sanken die Konsumentenpreise in der Euro-Zone sogar erstmals seit fünf Jahren.

Was bedeutet das Billion-Paket für die Schweiz?

In den USA, in England und Japan trugen die Anleihekäufe dazu bei, dass sich die Wirtschaft schneller erholte. Das sagte heute in Davos auch US-Topökonom Larry Summers. Neue Jobs wurden geschaffen, der Optimismus bei Firmen und privaten Haushalten stieg. Positive Nachrichten also für die Konjunkturaussichten in Europa. Wenn es der Euro-Zone besser geht, ist das auch für die Schweiz gut. Denn immerhin 60 Prozent der Ausfuhren gehen in den Währungsraum.

Abzuwarten bleibt, wo sich der Wechselkurs zwischen Euro und Franken einpendelt. Zwar gab der Euro nach Veröffentlichung der Massnahme gegenüber dem Dollar um rund 1.5 Prozent nach. Der Franken jedoch zeigte sich unbeeindruckt und notierte weiter nahe Gleichstand zur Gemeinschaftswährung. Sollten sich die Konjunkturaussichten in Europa mittelfristig merklich bessern, könnte das den Euro stärken - und schliesslich den Franken entlasten. Noch ist es jedoch zu früh, dies vorherzusagen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Handelszeitung.ch. Dort finden Sie zudem ein Interview mit Prof. Dr. Reiner Eichenberger. Der Leiter des Seminars für Finanzwissenschaft an der Universität Freiburg spricht darin über die Massnahmen der EZB wie auch über die Auswirkungen des SNB-Entscheides. "Die Aktienkurse mögen zwar gesunken sein, aber nicht so stark wie sich die Währungsrelationen verändert haben", relativiert er die Panik an den Märkten.

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