Standortfaktor in Gefahr |
11.07.2020 23:01:00
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Swiss Tax Report: Ist das Steuerparadies Schweiz in Gefahr?
Die Schweiz gilt insbesondere vielen Unternehmen als Steueroase inmitten von Europa. Doch der Standortvorteil droht, verloren zu gehen - aus verschiedensten Gründen.
• Auch weltweit weiter attraktiver Unternehmensstandort
• Grosse Herausforderungen für Steuerparadies Schweiz
Attraktiver Unternehmensstandort Schweiz
Der "Swiss Tax Report 2020" der Beratungsfirma KPMG zeigt: Die Schweiz ist im internationalen Vergleich beim Thema niedrige Unternehmenssteuern noch immer konkurrenzfähig. Nachdem verschiedene Kantone Steuersatzsenkungen vorgenommen haben, bleiben die Eidgenossen im internationalen Vergleich im vorderen Drittel und haben sogar einige Plätze gut gemacht und Hongkong und Singapur überholt.
Auch in Europa schaffen es Schweizer Kantone im Standortvergleich ins Spitzenfeld: "Die Kantone Zug, Luzern und Glarus belegten nach Guernsey (0%) und einigen (süd-) osteuropäischen Staaten die vordersten Plätze der Standorte mit tiefen Steuersätzen", geht aus dem Report von KPMG hervor. Ebenfalls gut positioniert zeigen sich demnach Appenzell Innerrhoden und die weiteren Zentralschweizer Kantone, die nach Irland, Liechtenstein und Zypern zu den steuerlich attraktivsten Unternehmensstandorten gehören.
Bei Besteuerung von Spitzeneinkommen im europäischen Mittelfeld
Betrachtet man die Besteuerung von Spitzenverdienern, schafft es die Schweiz im europäischen Vergleich ins Mittelfeld: Mit Steuersätzen von zehn Prozent in Bulgarien und Rumänien beziehungsweise 15 Prozent in Ungarn kann die Schweiz nicht konkurrieren, der Kanton Zug schafft es aber mit einem Satz von 22,4 Prozent unter die Top 10 der niedrigsten Steuersätze für Spitzenverdiener. Die übrigen Kantone finden sich mehrheitlich im europäischen Mittelfeld wieder, lediglich Genf fällt mit einem Spitzensteuersatz von 44,75 Prozent aus der Reihe. Verglichen mit Ländern wie Schweden, Dänemark und Österreich, wo Spitzensteuersätze von 57,2, 55,9 und 55 Prozent vorherrschen, scheint aber auch das noch vermeintlich attraktiv.
Attraktivität der Schweiz in Gefahr
Doch die Zukunft könnte für die Schweiz als Steuerparadies weniger rosig aussehen. Obwohl die Eidgenossen insbesondere bei der Unternehmensbesteuerung noch ihren Standortvorteil ausspielen, dürften niedrige Unternehmenssteuern nicht ausreichen, "um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu erhalten", so die KPMG. In der internationalen Steuerlandschaft zeichne sich ein scharfer Paradigmenwechsel ab, heisst es in dem Report der Beratungsfirma weiter, die dabei insbesondere auf das Projekt BEPS 2.0 von OECT/G20 verweist. Im Rahmen des Vorhabens will die internationale Staatengemeinschaft die Steuerregeln festlegen. Dabei hat die OECT insbesondere umsatzstarke Grosskonzerne im Visier, die ihre Steuerlast dort tragen sollen, wo ihr Kundenstamm sitzt. Zudem zielt BEPS 2.0 auf eine globale Mindestbesteuerung ab.
Dies könnte zu Lasten der Steuereinnahmen in der Schweiz gehen, bis zu 5 Milliarden Franken weniger seien möglich, hatte Finanzminister Ueli Mauerer vor einigen Monaten gewarnt.
Doch das ist nicht der einzige Gegenwind, mit dem die Schweiz als Steueroase zu kämpfen hat. Denn viele andere Länder könnten der Schweiz ihren Standortvorteil abnehmen, insbesondere vor dem Hintergrund einer sich weiterhin verschärfenden Corona-Krise, warnt die KPMG. "Denn gerade die ohnehin hoch verschuldeten Länder haben sich während der Pandemie massiv zusätzlich verschuldet und werden entsprechend noch intensiver um Steuereinnahmen kämpfen. Daher dürften im internationalen Standortwettbewerb künftig Faktoren wie der Zugang zu Märkten und qualifizierten Arbeitskräften, eine moderne Infrastruktur sowie Investitions- und Rechtssicherheit eine zunehmende Rolle spielen", heisst es im "Swiss Tax Report 2020" weiter.
Handeln erforderlich
Die Beratungsgesellschaft rät daher dringend dazu, sich nicht nur auf tiefe Steuersätze als Standortfaktor zu verlassen, sondern auch auf andere Faktoren zu setzen, um ein attraktives Unternehmensumfeld zu bieten. Konkret werden in diesem Zusammenhang der Marktzugang und der Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften genannt, auch eine moderne Infrastruktur sowie Investitions- und Rechtssicherheit werden der KPMG zufolge eine zunehmende Rolle im internationalen Standortwettbewerb spielen.
Noch unklar ist, ob das reicht, um die derzeit noch gute Ausgangslage der Schweiz als attraktiver Unternehmensstandort zu verteidigen, wenn die Steuern am Ende über dem aktuellen Niveau liegen werden. "Die Schweiz ist daher gut beraten, sich aktiv in die Gespräche innerhalb von OECD und anderen involvierten Gremien einzubringen und mit Ländern Allianzen zu schmieden, denen ein attraktives Umfeld für Wirtschaft und Gesellschaft ebenfalls am Herzen liegt", mahnt Stefan Kuhn, Leiter der Steuer- und Rechtsberatung von KPMG.
Redaktion finanzen.ch
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