Notfusion |
20.03.2023 17:58:00
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Credit Suisse-Fall bedroht Markt der CoCo-Bonds - Deutsche Bank, AXA und Commerzbank kaum betroffen von Anleihen-Totalausfall - Aktien holen Verluste auf
Durch die Notfusion der Credit Suisse Group mit der UBS Group werden die risikoreichsten Anleihen der Krisenbank ausgelöscht.
Sogenannte Additional-Tier-1-Anleihen der Credit Suisse im Volumen von rund 16 Milliarden Schweizer Franken oder etwa 16,2 Milliarden Euro werden vollständig abgeschrieben, teilte die Schweizer Finanzaufsichtsbehörde Finma in ihrer Erklärung zur Fusion am Sonntag mit. Ähnlich äusserte sich auch die Credit Suisse.
Beliebtes Anlageprodukt
AT1-Anleihen - auch bekannt als Contingent Convertible Bonds oder CoCos - waren nach der Finanzkrise 2008 eingeführt worden, um das Bankenrisiko von den Steuerzahlern auf die Anleiheinhaber zu übertragen. Sie wurden zu einem beliebten Anlageprodukt, das Geldverwalter und Banken, darunter die Credit Suisse, ihren Kunden als relativ sichere Möglichkeit zur Steigerung der Rendite von Anleihenportfolios anpriesen.
"Schockierend ist, dass es so aussieht, als würden sich die Inhaber von Aktien besser erholen als die Inhaber von Tier-1-Anleihen", sagte Justin D'Ercole, Mitbegründer von ISO-mts Capital Management, einem Fonds, der sich auf Bankpapiere konzentriert. Die aus der Vollabschreibung resultierenden Verluste werden private und institutionelle Anleger wahrscheinlich dazu veranlassen, ähnliche Wertpapiere anderer europäischer Banken zu verkaufen, sagte D'Ercole.
CoCo-Bonds der Deutschen Bank unter Druck
In der vergangenen Woche gab es auf AT1-Markt bereits Anzeichen von Stress. Die 6-prozentige AT1-Anleihe der Deutschen Bank im Nennwert von 1,25 Milliarden Dollar verlor 10 Prozent und notierte bei etwa 79 Prozent, so Advantage Data Inc. Die 7-prozentige UBS-Anleihe über 2,5 Milliarden Dollar gab laut Marketaxess um etwa 5 Prozent auf 95,50 Prozent nach.
Nach Angaben von Lazard Frères Gestion sind AT1-Anleihen im Nennwert von etwa 254 Milliarden Dollar im Umlauf, und aufgrund ihres grossen Volumens sind diese Wertpapiere häufig die am aktivsten gehandelten Bankanleihen. AT1-Anleihen werden auch deshalb höher verzinst als herkömmliche Schuldtitel, weil sie in Aktien umgewandelt oder abgeschrieben werden können, um bei einer Bank in Krisenzeiten die Verbindlichkeiten zu reduzieren.
Höhere Renditen lockten
Die höheren Renditen zogen angesichts lange Zeit niedriger Benchmark-Zinsen im vergangenen Jahrzehnt zunehmend Käufer an und drückten die Returns der meisten anderen Anleihen. "Der CoCo-Markt bietet eine Rendite von rund 3,62 Prozent", schrieben die Portfoliomanager der Anlageabteilung der Credit Suisse in einem Bericht vom Januar 2021. "Selbst europäische Hochzinsanleihen liegen bei etwa 2,88 Prozent, so dass wir in nachrangigen Finanzanleihen durchaus noch Wert sehen."
Die Nachfrage war im August 2020 so gross, dass die Credit Suisse, als sie im August 2020 eine AT1-Anleihe im Wert von 1,5 Milliarden Dollar mit einem Zinssatz von 5,625 Prozent auflegte, mehr Aufträge erhielt, als sie Titel hatte, und deshalb den Zinssatz auf 5,25 Prozent herunterhandeln konnte, so Creditsights.
Ernstfall in Spanien 2017
Wie CoCo-Anleihen im Krisenfall wirken, liess sich 2017 am Beispiel der spanischen Banco Popular Español studieren. Als diese durch eine Fusion mit Banco Santander gerettet wurde, verloren die Anleiheinhaber alles. Die Umstrukturierung wurde jedoch als Einzelfall gewertet. "Eine durchschnittliche europäische Bank müsste fast zwei Drittel ihres Kapitals verlieren, um die vertraglichen Auslöser zu verletzen", so die Fondsmanager der Credit Suisse in ihrem Marketingbericht 2021. "Unserer Ansicht nach ist dies ein relativ unwahrscheinliches Szenario."
Laut einem Bericht der De Nederlandsche Bank aus dem Jahr 2017 wird der Grossteil der Anleihen von Versicherern und Pensionskassen gehalten oder über Investmentfonds an Privatanleger ausserhalb Europas verkauft. Europäische Anleger können sie auch indirekt über internationale Fonds kaufen, so der Bericht.
Invesco hat 2018 einen börsengehandelten Fonds mit Schwerpunkt auf AT1-Anleihen aufgelegt, der laut Daten von Morningstar auf ein Volumen von rund 1,2 Milliarden Dollar angewachsen ist. Ende Januar waren AT1-Anleihen der Deutschen Bank und der UBS laut Morningstar die beiden grössten Anlagen in einem auf Vorzugspapiere spezialisierten Investmentfonds von Nuveen Asset Management im Wert von 4,5 Milliarden Dollar.
Die vollständige Abschreibung von Credit Suisse, einem der grössten Emittenten auf dem AT1-Markt, wird nach Ansicht von Fondsmanagern wahrscheinlich den Appetit der Anleger auf diese Anleihen beeinträchtigen. Dies wird auch die Kreditvergabe der Banken einschränken, glauben sie. Denn die Ausgabe von AT1-Anleihen wird für Banken teurer werden, was ihre Fähigkeit, neue Kredite zu vergeben, einschränkt, sagt Fondsexperte D'Ercole. "Das bedeutet, dass die Banken wahrscheinlich kleinere Bilanzen führen müssen."
Deutsche Bundesregierung unterstreicht Stabilität des deutschen Finanzsystems
Die Bundesregierung hat angesichts der Unruhe an internationalen Finanzmärkten die Stabilität des deutschen Finanzsystems betont. Bundeskanzler Olaf Scholz begrüsste am Montag nach Angaben eines Regierungssprechers das "entschlossene Handeln der Schweizer Behörden" bei der Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse durch den Konkurrenten UBS . Gesetzgeber und Bankenaufsicht in Europa hätten aus der Finanzkrise 2008 gelernt und die Bankenregulierung erheblich verschärft, betonte der Sprecher. "Das deutsche Bankensystem ist daher gut aufgestellt."
Auch eine Sprecherin des Finanzministeriums betonte: "Das deutsche Finanzsystem ist stabil." Es gebe keine Erkenntnisse zu einem "systemischen Problem im deutschen Finanzwesen", beobachtet werde vielmehr eine hohe Resilienz. Die deutschen Aufsichtsbehörden und die europäische Finanzaufsicht stünden in engem Kontakt und beobachteten die Lage aufmerksam.
Die Credit Suisse war nach dem Zusammenbruch des US-Geldinstituts Silicon Valley Bank (SVB) in einen Abwärtsstrudel geraten. Die Übernahme der zweitgrössten Schweizer Bank durch die grössere UBS ist die bedeutendste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren. Staat und Aufsichtsbehörden ging es darum, einen Flächenbrand zu verhindern.
Deutsche Bank fürchtet bei Ausfall von Credit-Suisse-Anleihen kaum um Geld
Die Deutsche Bank sieht sich von dem absehbaren Totalausfall bestimmter Anleihen der Krisenbank Credit Suisse kaum betroffen. Das grösste deutsche Kreditinstitut sei bei diesen eigenkapitalähnlichen AT1-Anleihen der Credit Suisse "nahezu null" engagiert, erklärte ein Sprecher des Frankfurter Dax-Konzerns am Montag. Am Sonntagabend hatten die Schweizer Aufsichtsbehörden die Übernahme der zweitgrössten Schweizer Bank durch die grössere Konkurrentin UBS bekannt gegeben. Den Kaufpreis von 3 Milliarden Franken (gut 3 Mrd Euro) will die UBS in eigenen Aktien bezahlen. Die Inhaber der AT1-Anleihen der Credit Suisse sollen ihr investiertes Geld auf Geheiss der Schweizer Finanzaufsicht Finma komplett verlieren. Dabei geht es um insgesamt 16 Milliarden Franken./stw/stk
Commerzbank: Kein AT1-Engagement bei Credit Suisse
Die Commerzbank ist nicht bei AT1-Schuldtiteln der Credit Suisse engagiert. Die Bank habe kein AT1-Exposure, sagte ein Sprecher der Commerzbank auf Anfrage von Dow Jones Newswires. Am Sonntag hatten die Schweizer Finanzaufsicht Finma und die Credit Suisse mitgeteilt, dass die zum harten Kernkapital zählenden AT1-Anleihen der Credit Suisse im Volumen von rund 16 Milliarden Franken im Zuge der von der Politik orchestrierten Übernahme durch die UBS vollständig abgeschrieben werden.
AT1-Anleihen - auch bekannt als Contingent Convertible Bonds oder CoCos - waren nach der Finanzkrise 2008 eingeführt worden, um das Bankenrisiko von den Steuerzahlern auf die Anleiheinhaber zu übertragen. Sie wurden zu einem beliebten Anlageprodukt, das Geldverwalter und Banken, darunter die Credit Suisse, ihren Kunden als relativ sichere Möglichkeit zur Steigerung der Rendite von Anleihenportfolios anpriesen.
Versicherer AXA nicht von Zahlungsausfall von CS-Anleihen betroffen
Der französische Versicherungskonzern AXA hat betont, dass die Übernahme der Credit Suisse in der Schweiz kaum Auswirkungen auf seine Finanzen habe. Axa besitze keine AT1-Bonds der Credit Suisse und auch keine Anteile an der Schweizer Bank, teilte der Konzern am Montag in Paris mit.
Bei den AT1-Bonds (Additional Tier 1) handelt es sich um nachrangige Anleihen. Die Schweizer Finanzaufsicht Finma hatte als Teil der Übernahme der Credit Suisse angeordnet, dass diese Anleihen komplett abgeschrieben werden müssen.
Die Anlegerinnen und Anleger gehen also leer aus. Abgeschrieben werden müssen Anleihen im Wert von 16 Milliarden Schweizer Franken (16,2 Milliarden Euro).
Die AT1-Anleihen waren nach der Finanzkrise 2008 erfunden worden. Sie sollen in einer Krise als Puffer dienen. Wenn die Eigenkapitalquote einer Bank unter ein festgelegtes Niveau fällt, können diese Anleihen in Eigenkapital umgewandelt werden; sie heissen daher auch Contingent Convertible Bond (CoCo). Die Anleihegläubiger gehen dann leer aus. Deshalb gelten die Anleihen als sehr riskant.
Die Bankaktien verloren im frühen Hande deutlich, bis Handelsende holten die Titel ihre Verluste aber teils vollständig wieder auf. Für Deutsche Bank ging es via XETRA zuletzt nur noch um 0,5 Prozent nach unten auf 9,29 Euro, die Commerzbank schloss sogar 1,5 Prozent höher bei 9,33 Euro. Die AXA-Papiere gewannen letztlich 2,46 Prozent auf 26,61 Euro.
Dow Jones Newswires
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