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Rückkehr der Teuerung 19.06.2021 22:33:00

Ökonom, der die Inflation einst totsagte, glaubt nun an ihre Wiederauferstehung

Ökonom, der die Inflation einst totsagte, glaubt nun an ihre Wiederauferstehung

Das Thema Inflation ist im Zuge der Corona-Pandemie wieder zurück in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Während die Zentralbanker davon überzeugt scheinen, den Preisanstieg unter Kontrolle zu haben, mehren sich Stimmen von Ökonomen, die dazu raten, Gegenmassnahmen einzuleiten. Einer davon ist Wirtschaftswissenschaftler Roger Bootle.

• Inflation durch Corona-Pandemie wiederbelebt
• Kontrollierter Inflationsanstieg bleibt Balanceakt
• Bootle rät zum Handeln

Die Corona-Pandemie hat die globale Wirtschaft ganz schön durcheinander gewirbelt. Mit dem durch COVID-19 verursachten, unvorhersehbaren Einschnitt in das Weltgeschehen haben sich auch makroökonomische Herausforderungen zurückgemeldet, die über viele Jahre unter Kontrolle schienen. Ganz vorne dabei: die Inflation.

Das Schreckgespenst Inflation ist zurück

So ist ein unkontrollierter Anstieg der Inflation derzeit das Thema Numer eins an den Aktienmärkten. Dabei kommen viele Faktoren zusammen: Natürlich die Pandemie, die die Wirtschaft in vielen Ländern zeitweise in Teilen zum Erliegen brachte und damit Engpässe bei Gütern schuf, aber auch die extrem lockere Stimulus-Politik der Zentralbanken, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzufedern, sowie die umfassenden Konjunkturprogramme von Regierungen, um nur die wichtigsten zu nennen.

Dabei ist ein kontrollierter leichter Anstieg der Inflation sogar gewollt. Zwar ist es das Mantra der Währungshüter, die Stabilität der Preise zu gewährleisten, um dies zu erreichen wird jedoch als Ziel eine jährlichen Inflationsrate von circa zwei Prozent angestrebt. Dieser leichte Anstieg dient quasi als Puffer, sollte es zu einer Wirtschaftskrise kommen, in der die Verbraucherausgaben, die Preise sowie die Löhne fallen. Somit könnte eine Deflation verhindert werden, die auch das Abzahlen von Schulden wiederum erschweren und die Verbraucherausgaben zusätzlich belasten würde.

Dabei ist es interessant zu wissen, dass es die Zentralbanken der Eurozone, USA und Japan in den Jahren vor der Corona-Pandemie nicht geschafft haben, ihr Zwei-Prozent-Ziel zu erfüllen, und das trotz verschiedener Maßnahmen. Sie blieben immer darunter, Japan kämpft sogar schon seit Jahrzehnten mit einer leichten Deflation.

Eine belastende Vergangenheit

Warum sollte eine wachsense Inflation Währungshütern und Börsianern also die Sorgenfalten auf die Stirn treiben? Die Antwort auf diese Frage liegt in der Vergangenheit. Denn wie die Geschichte zeigt, ist es längst nicht so leicht wie es scheinen mag, die Inflation genau zu kontrollieren. Das genaue Abwägen verschiedenster Wirtschaftsfaktoren kommt einer Wissenschaft gleich, die noch immer nicht zu 100 Prozent gemeistert wird. Dies trat deutlich in der Zeit von 1965 bis 1982 hervor, die Periode, die in den USA auch als "The Great Inflation", also "die große Inflation", bekannt ist. Hier hatten verschiedene Faktoren - unter anderem auch das Eingreifen der Notenbanken mit kontraproduktiven Maßnahmen, wie man heute weiß - zu einem sprunghaften Anstieg der Inflation auf der einen Seite sowie der Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite geführt. Letztlich brauchte es einen Wechsel in der Politik der Fed, zwei Rezessionen und einen Wandel in der Theorie der Makroökonomik, um der ausufernden Inflation wieder Herr zu werden.

Es ist also auch die Angst vor einer Rückkehr zu derartigen Verhältnissen, die Börsianer umtreibt. Zwar haben Zentralbanker und Ökonomen viele Lektionen aus den Fehlern der Vergangenheit ziehen können, dennoch bleibt der kontrollierte Anstieg der Inflation ein Balanceakt.

Bootle sieht Anbruch einer neuen Zeit

Dies sieht auch Wirtschaftswissenschaftler Roger Bootle so. Er ist Autor des Buches "Das Ende der Inflation: Worauf sich Unternehmen und Anleger in der Ära stabiler Preise einrichten müssen", welches er Mitte der 1990er Jahre veröffentlichte. Wie er im Interview mit Bloomberg zu verstehen gab, scheint sich die totgeglaubte Inflation nun wieder zu regen. Seiner Meinung nach stehe die Welt aktuell erneut an einem Wendepunkt: "Ich muss sagen, es ist der Beginn eines Umbruchs. Das bedeutet nicht, dass wir zurückkehren zu den starken inflationären Bedingungen der 70er und beginnenden 80er Jahre. Aber zumindest denke ich, dass wir uns am Ende der krypto-deflationären Periode befinden, in der wir in den letzten paar Jahren gesteckt haben".

Die Fed geht bislang davon aus, die Teuerung, die im April binnen Jahresfrist auf 3,1 Prozent kletterte, weiterhin im Griff zu haben. So äußerte sich US-Notenbank-Vize Randal Quarles gegenüber Politico im Juni folgendermaßen: "Eine hohe Inflationszahl im Monat führt nicht notwendigerweise zu einer anhaltend hohen Teuerung". Die Inflationsdaten für den Mai haben gar einen Anstieg auf fünf Prozent offenbart.

Die Fed muss handeln

Bootle ist dagegen der Meinung, dass sich die Zentralbanker in ihrer Sache zu sicher fühlen, so reagierte er auf die Frage von Bloomberg, ob die Währungshüter zu selbstgefällig geworden seien: "Ich bin nicht sicher, dass Selbstgefälligkeit das richtige Wort ist. Ich denke, es ist Über-Optimismus im Hinblick auf die Inflation, in zweierlei Hinsicht. Erstens, dass sie nicht so hoch steigen wird, jedenfalls nicht nachhaltig. Und zweitens, dass, wenn sie es tut, sie [die Fed] wenn es nötig ist, in der Lage sein werden, sie einzudämmen".

Daher empfiehlt der Wirtschaftsexperte, die Leitzinsen bald wieder anzuziehen, jedoch in kleinen Schritten, um "die Zinsraten wieder zurück auf ein normales Level zu holen, bevor sie [die Fed] dazu gezwungen werden". Langfristig sieht Bootle insbesondere den Trend hin zu umweltfreundlicheren Technologien, besonders das Vorhaben der Nullemission, als Preistreiber für die Wirtschaft.

Redaktion finanzen.ch

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