Experten-Kolumne |
07.04.2016 16:43:02
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Wird Geldpolitik zum gefährlichen Gruppendenken?
Kolumne
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Die lockere Geldpolitik ist zur Norm geworden. Doch wohin führt dies noch? Einige Forscher und Notenbanker zweifeln inzwischen daran, dass die ausserordentlichen Massnahmen der Notenbanken das Wachstum wirklich ankurpeln können.
Heutzutage folgt die Geldpolitik der weltweiten Industrieländer einem extremeren Kurs als unmittelbar nach der Krise. Was einst als "Notfall"-Strategie galt, ist zur Norm geworden. Die Massnahmen, in Verbindung mit massiven Interventionen am offenen Markt, zielten allesamt auf eine Reduzierung der Nominalzinsen ab - in dem Glauben, dass niedrigere Zinsen stets förderlich für das Wachstum sind und die Inflation antreiben. Und dennoch haben Nullzinspolitik, negative Zinsen und Anleihenkäufe bislang nicht die Ergebnisse geliefert, die gemäss den "neokeynesianischen" Standardmodellen, auf denen die Massnahmen beruhen, zu erwarten gewesen wären.
Fehlerhafte Modelle?
Vielleicht sind die Modelle, die niedrige (oder gar negative) Zinsen vorschlagen, schlichtweg fehlerhaft. Schließlich ist ihre theoretische Grundlage empirisch nicht ausreichend fundiert. In anderen Bereichen schienen sie deutlich besser zu funktionieren als der Gleichgewichtszins noch höher war. Fairerweise muss man anmerken, dass eine Volkswirtschaft viel zu komplex ist, um sie mit Präzision modellieren zu können. Ausserdem gab es in der Vergangenheit kaum längere Phasen mit derart ausserordentlicher Geldpolitik.
Doch in Anbetracht der Unsicherheit knüpfen die Notenbanken indessen weiterhin an das an, was bislang eindeutig nicht von Erfolg gekrönt war - basierend auf Modellen, die unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht erprobt wurden. Der schon fast religiöse Eifer, mit dem diese Massnahmen umgesetzt werden, scheint eher mit ihrer zunehmenden Wirkungslosigkeit zu wachsen als mit objektiven Kennzahlen für den Erfolg.
Gewünschter Effekt bleibt aus
Wenn die Politik derart weit von der Normalität entfernt ist, kann es durchaus sein, dass Konjunktur und Inflation nicht "normal" auf eine Senkung der Zinsen reagieren. Ferner kann die Wirksamkeit einer bestimmten Zinspolitik von ihrem Zeitrahmen und ihrem Verlauf abhängen. Was den geldpolitischen Kurs angeht, ist zudem der Rückkopplungseffekt zwischen Erwartungen und Ergebnis von entscheidender Bedeutung, der in konventionellen Modellen nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Vor allem aber deuten zunehmende empirische Nachweise darauf hin, dass längere Phasen mit niedrigen, Null- oder gar negativen Zinsen nicht in der Lage sind, jene Erholung des Wachstums und der Inflation herbeizuführen, die von den neokeynesianischen Modellen vorhergesagt wird. Man denke etwa an die zwei Jahrzehnte des japanischen Experimentierens mit niedrigen Zinssätzen oder die jüngsten Beispiele aus den übrigen Industrienationen über weite Strecken des vergangenen Jahrzehnts.
Grundlagen hinterfragen
Infolge dieser Ergebnisse haben einige Forscher und Notenbanker begonnen, die Grundlage der konventionellen Modelle für niedrige und negative Zinsen zu hinterfragen. So argumentiert die Denkrichtung der "Neo-Fisherianer", dass Zinsen, die über einen zu langen Zeitraum auf einem zu niedrigem Niveau gehalten werden, einen Rückgang der Inflation bewirken und eine deflationäre Dynamik in Gang setzen können, die das Wachstum hemmen kann.
Was einst als angemessene und stimulierende Politik galt, könnte sich als kontraproduktiv erweisen und neue, unerwünschte Ungleichgewichte entstehen lassen. Politiker sollten sich besser die Zeit nehmen, die Effektivität von immer niedrigeren Zinssätzen über längere Zeit infrage zu stellen, als zu riskieren, dass die "Geldpolitik des Gruppendenkens" auf eine "Zombifizierung" der Wirtschaft hinausläuft.
Scott Mather: Chief Investment Officer für US-Anleihen (US Core)
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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