Negative Angebotsschocks |
29.08.2019 19:15:00
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"Dr. Doom" warnt: Die US-Notenbank kann vor einer Rezession nicht retten
Nouriel Roubini, auch als "Dr. Doom" bekannt, glaubt, dass negative Angebotsschocks, die allesamt politische Faktoren widerspiegeln, die die internationalen Beziehungen negativ beeinflussen, schon bald eine globale Rezession auslösen dürften. Diesen "Schaden" könne auch die Zentralbank mit monetären Massnahmen nicht mehr beheben.
• US-chinesischer Handelsstreit, Technologiekrieg & Co. belasten
• Notenbank wird Rezession auch durch monetäre Impulse nicht aufhalten können
Die Angst vor einer bevorstehenden Rezession beherrscht derzeit die Aktienmärkte weltweit. Während sich die einen Experten sicher sind, dass solch ein drastischer wirtschaftlicher Abschwung unmittelbar bevorsteht, sehen andere wiederum die Situation gelassener. So auch Nouriel Roubini, auch bekannt als "Dr. Doom". Eines sei ihm zufolge aber sicher: Sollte es tatsächlich zu einer Rezession kommen, könnten auch die Notenbanken nichts mehr tun.
Negative, angebotsseitige Erschütterungen
Wie Nouriel Roubini kürzlich erklärte, gebe es derzeit drei negative angebotsseitige Erschütterungen, die bis 2020 eine globale Rezession auslösen könnten, heißt es bei Project Syndicate. Einer dieser Schocks werde durch den Handelskrieg zwischen den USA und China ausgelöst. Ständige Drohungen neuer Vergeltungszölle, Beschuldigungen der Währungsmanipulation, das damit verbundene Erreichen neuer Eskalationsstufen stellten deutliche Belastungsfaktoren dar.
Daneben bestünde ein weiterer negativer Angebotsschock in dem sich langsam entwickelnden Kalten Krieg bezüglich Technologiefragen zwischen den Vereinigten Staaten und China. Roubini zufolge weise der Kampf um die Vorherrschaft über Industrien der Zukunft wie KI, Robotik oder auch 5G, alle Merkmale einer "Thukydides-Falle" auf. Solch ein Umstand beschreibt die Wahrscheinlichkeit von Konflikten zwischen einer aufsteigenden und einer aktuell dominierenden Macht. Dabei bezieht sich der Wirtschaftsexperte auch auf Huawei - das Unternehmen wurde von den USA auf eine sogenannte "Schwarze Liste" gesetzt. Unternehmen auf dieser Liste stellen eine potentielle Bedrohung für die nationale Sicherheit dar. Damit wurde Huawei der Zugang zu Technologien von US-Konzernen sowie zum amerikanischen Markt generell weitgehend gesperrt. Zwar gibt es derzeit Ausnahmegenehmigungen, doch dürfte dies nicht lange anhalten, warnt Roubini.
Als dritte negative angebotsseitige Erschütterung nennt der 60-Jährige die Ölversorgung. "Obwohl die Ölpreise in den letzten Wochen gefallen sind und eine durch einen Handels-, Währungs- oder Technologiekrieg ausgelöste Rezession die Energienachfrage dämpfen und die Preise drücken würde, könnte Amerikas Konfrontation mit dem Iran den gegenteiligen Effekt haben", schreibt "Dr. Doom". Sollte sich dieser Konflikt zu einem militärischen Konflikt entwickeln, könnten die Ölpreise weltweit einen rasanten Anstieg erfahren und letztlich zu einer Rezession führen, warnte der Finanzprofi im Hinblick auf die Konflikte im Nahen Osten in den Jahren 1973, 1979 und 1990.
"Alle drei potenziellen Schocks hätten eine stagflationäre Wirkung, indem sie den Preis von importierten Konsumgütern, Halbfabrikaten, technologischen Komponenten und Energien erhöhen und gleichzeitig die Produktion durch Störung der globalen Lieferketten reduzieren würden", so Roubini weiter. "Schlimmer noch, der chinesisch-amerikanische Konflikt treibt bereits einen breiter angelegten Prozess der Entglobalisierung voran, denn Länder und Unternehmen können nicht mehr auf die langfristige Stabilität dieser integrierten Wertschöpfungsketten zählen."
Sind geld- und fiskalpolitische Entscheidungsträger vorbereitet?
"Es ist leicht vorstellbar, wie die heutige Situation zu einem vollständigen Zusammenbruch des offenen Welthandelssystems führen könnte", so Roubini. Daher stelle sich die Frage, ob die geld- und fiskalpolitischen Entscheidungsträger "auf eine nachhaltige oder gar dauerhafte negative angebotsseitige Erschütterung" vorbereitet seien. Auf die Schocks in den 1970er Jahren hätten die Notenbanken mit einer geldpolitischen Straffung reagiert, berichtet der Experte. Und auch während der globalen Finanzkrise 2008 seien geld- und fiskalpolitische Maßnahmen angemessen gewesen. Allerdings könne man die heutige Situation nicht mit diesen vorhergehenden Erschütterungen vergleichen, denn damals habe es einen großen negativen Schock der Gesamtnachfrage gegeben, der auf das Wachstum und die Inflation gedrückt habe. "Diesmal jedoch hätte es die Welt mit nachhaltigen negativen angebotsseitigen Erschütterungen zu tun, die mittelfristig eine völlig andere Art politischer Reaktion erfordern. Zu versuchen, den Schaden durch endlose geld- und fiskalpolitische Impulse zu beheben, ist dabei keine sinnvolle Option", stellt Roubini klar.
Reaktion der Notenbanken kurzfristig sinnvoll
Wie der Wirtschaftsexperte weiter erklärt, befinde sich der globale Technologie-, Fertigungs- und Industriesektor bereits in einer Rezession, denn Unternehmen in den USA, Europa und weiteren Teilen Asiens hätten ihre Investitionen zurückgefahren. "Der einzige Grund, warum dies noch nicht zu einem globalen Einbruch geführt hat, ist, dass der private Konsum weiterhin stark ist." Sollten die Preise aber infolge eines dieser negativen Angebotsschocks weiter steigen, wären sowohl das reale Haushaltseinkommen als auch das Verbrauchervertrauen betroffen. Dieser Umstand würde die Weltwirtschaft dann letztendlich wahrscheinlich in eine Rezession stürzen, warnt "Dr. Doom".
"Angesichts des Potenzials für einen negativen gesamtwirtschaftlichen Nachfrageschock auf kurze Sicht, tun die Zentralbanken Recht, die Leitzinsen zu senken", schreibt Roubini weiter bei Project Syndicate. "Doch sollten sich die Fiskalpolitiker auf eine ähnliche kurzfristige Reaktion vorbereiten." Ein starker Rückgang des Wachstums sowie der Gesamtnachfrage würde eine antizyklische fiskalische Lockerung erfordern, um zu verhindern, dass die Rezession noch schlimmer werde, erklärt der Experte.
Mittelfristig sei die optimale Reaktion daher nicht, den negativen angebotsseitigen Erschütterungen durch entsprechende Maßnahmen zu entgegen, sondern sich ohne eine weitere geldpolitische Lockerung an sie anzupassen. "Derartige Erschütterungen lassen sich durch die Geld- oder Fiskalpolitik nicht umkehren. Auch wenn sie sich kurzfristig steuern lassen, würden Versuche, ihnen dauerhaft durch akkommodierende Maßnahmen zu begegnen, letztlich zu einem Anstieg der Inflation und der Inflationserwartungen deutlich über die von den Notenbanken angestrebten Zielwerte führen", schlussfolgert Roubini.
Redaktion finanzen.ch
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