Aktionärsengagement |
05.03.2024 21:43:00
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Investieren mit Einfluss: So können Anleger Unternehmen beeinflussen
Aktionäre erfüllen einen wichtigen Zweck für börsennotierte Unternehmen. So geben sie nicht nur Kapital, sondern beobachten, analysieren und beeinflussen auch das Verhalten von Unternehmen. First Sentier hat untersucht, mit welchen Methoden Aktionäre am ehesten eine Veränderung des Unternehmensverhalten erreichen.
• 100 CEOs und Topmanager in verschiedenen Ländern und Branchen befragt
• Unternehmen generell positiv gegenüber Aktionnärsengagement eingestellt
In der Vergangenheit wurde bereits viel dazu geforscht, inwiefern sich das Engagement von Investoren auf verschiedenste Bereiche eines Unternehmens wie Aktienkurs, die finanzielle Performance, aber auch ESG-Kriterien auswirkt. Doch wie schaffen es Aktionäre am besten, sich Gehör zu verschaffen und das Verhalten eines Unternehmens zu ändern? Diese Frage hat sich The First Sentier MUFG Sustainable Investment Institute gestellt und die Ergebnisse in dem Bericht "Constructive corporate engagements: From a corporate perspective" (übersetzt etwa "Konstruktives Unternehmensengagements - aus einer Unternehmensperspektive") zusammengefasst.
Während Unternehmen im Alltag häufig mit verschiedensten Parteien wie Mitarbeitern, Kunden, Zulieferern oder Behörden zu tun haben, hat sich die Untersuchung dabei ganz auf die Shareholder konzentriert. Hierbei hat das Institut 100 Topmanager und CEOs von Unternehmen verschiedenster Größe in unterschiedlichen Ländern und Branchen befragt. Alle Umfrageteilnehmer seien dabei entweder direkt oder indirekt bis zu einem gewissen Maße beim Aktionärsengagement involviert gewesen. Die Länder waren Großbritannien, USA, China, Indien, Japan und Australien. Die Branchen betrafen vor allem den Finanz- und Informationstechnologie-Sektor, aber auch die Basiskonsumgüter, Nicht-Basiskonsumgüter, Industrie sowie Gesundheit.
Aktionäre unter grösserer Beobachtung
Der Bericht verweist darauf, dass Aktionäre mittlerweile unter größerer Beobachtung stehen würden und von ihnen erwartet werde, dass sie den Unternehmen, in denen sie investiert sind, insbesondere bei Themen wie ESG, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, genauer auf die Finger schauen. Dabei sei es schwierig zu definieren, wann ein Aktionärsengagement als erfolgreich eingestuft werden könne, weil dies Investoren unterschiedlich für sich festlegen. So gehen manche davon aus, dass ein Engagement dann erfolgreich war, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden, wieder andere wollen ein bestimmtes zuvor festgelegtes Ziel erfüllt sehen, wieder andere verbuchen ein Engagement dann als Erfolg, wenn der Aktienkurs "ihres" Unternehmens steigt.
Um Charakteristiken herauszustellen, die ein erfolgreiches Aktionärsengagement ausmachen, hat sich First Sentier in dem Bericht jedoch als Erfolgsdefinition herausgesucht, dass eine "bedeutende Veränderung im Verhalten, der Strategie oder der Führung des Unternehmens" erreicht wurde.
Unternehmen generell positiv gegenüber Aktionärsengagement eingestellt
Im Allgemeinen kommt die Studie zu dem Schluss, dass fast alle Unternehmen, nämlich 96 Prozent, Aktionärsengagement generell positiv beurteilen und es als "produktiven Einsatz von Zeit und Ressourcen" ansehen. Darüber hinaus seien Unternehmen auch bereit, auf Vorschläge der Anteilseigner einzugehen, auch wenn dies mit bedeutenden Veränderungen einhergehe. 56 Prozent der befragten Unternehmen haben außerdem angegeben, in den letzten fünf Jahren selbst große Veränderungen aufgrund von Aktionärsengagement durchgeführt zu haben.
Die Studie fand auch heraus, dass es bei den befragten Unternehmen in der Vergangenheit nur wenig zu Konfrontationen bei solche Engagements seitens der Anteilseigner gekommen sei. Lediglich bei elf Prozent der teilnehmenden Unternehmen wäre Konfrontation die Norm gewesen. Dabei spezifiziert der Bericht noch einmal, dass es sich bei dem Aktionärsengagement, welches die befragten Unternehmen erlebt hätten, größtenteils um routinemäßige Engagements und nicht um Aktivismus gehandelt habe.
Fünf Schlüsselfaktoren, die den Erfolg des Aktionärsengagements wahrscheinlicher machen
First Sentier hat in dem Bericht fünf Schlüsselfaktoren zusammengetragen, die nach Sichtung der Umfrageergebnisse am ehesten dazu geführt hätten, dass Aktionärsengagement ein Handeln des Unternehmens bewirkte.
So lohnt es sich der Untersuchung zufolge für Aktionäre, konkrete Anwendungsbeispiele ihres Vorhabens für ihr individuelles Unternehmen zu finden, um aufzuzeigen, inwieweit die Veränderung des Unternehmensverhaltens auch zu einem Mehrwert für die Anteilseigner führen würde. In der Hälfte der Fälle hätten Unternehmen bei solchen konkreten und effektiv kommunizierten Anliegen auch Folge geleistet, weil sie den klaren Vorteil für die Aktionäre gesehen hätten und es für die Unternehmen selbst dadurch kaum zu Mehrkosten gekommen sei.
Als zweiten Faktor nennt der Bericht ein gut organisiertes Aktionärsengagement. So sei es laut den befragten Unternehmen hilfreich gewesen, wenn Anteilseigner selbst für Meetings bereitgestanden hätten, um ihre Wünsche und Vorschläge zu erläutern, anstatt einen Stellvertreter zu schicken. Außerdem würden es Unternehmen bevorzugen, solche Treffen privat abzuhalten und Dinge verbal statt schriftlich zu klären. Wenn das ganze Verfahren des Engagements gut organisiert sei, sei dies von beiden Parteien zudem generell als erfolgreicher wahrgenommen worden, auch wenn es letztlich keine Veränderungen nach sich gezogen hätte.
Um sich als Aktionär Gehör zu verschaffen, lohne es sich laut dem Bericht außerdem, sich viele Verbündete zu suchen und als geschlossene Gruppe aufzutreten. Wenn Anteilseigner glaubhaft vermitteln können, dass ihr Vorhaben auf große Unterstützung trifft, hilft das dabei, ein Unternehmen auch zum Handeln zu bewegen, wie es in dem Bericht heißt. Die Zusammenarbeit unter Aktionären sei demnach empfohlen.
Ein Aktionärsengagement wird auch dann wahrscheinlicher erfolgreich, wenn es von einem Anteilseigner vorgestellt und geführt wird, der über ein großes Wissen verfügt. Wer gut vorbereitet ist und bereit ist, Ressourcen in das Engagement zu stecken, und sich gut mit dem Unternehmen auskennt, kann die Erfolgswahrscheinlichkeit seines Vorhabens steigern. Das Stichwort laute hier Qualität.
Als letzten Punkt führt der Bericht eine andere Strategie an, um ein Unternehmen zum Handeln zu bewegen. Statt die Vorteile eines Engagements zu betonen, können Aktionäre auch dazu übergehen, die Kosten dafür zu berechnen, die auf ein Unternehmen zukommen, wenn es tatenlos bleibt. So kann sich beispielsweise eine Untätigkeit beim Thema ESG langfristig negativ auf den Ruf und auch die finanzielle Performance eines Unternehmens auswirken. Dies aufzuzeigen kann es ebenso wahrscheinlicher machen, dass sich ein Unternehmen in eine neue Richtung bewegt.
Diese Dinge gilt es zu vermeiden
Neben diesen Faktoren, die den Erfolg eines Aktionärsengagements begünstigen, zählt der Bericht auch einige Eigenschaften auf, die dazu führen können, dass ein Anliegen eher abgelehnt wird. Viele dieser Punkte sind logischerweise das Gegenteil von den bereits beschriebenen Faktoren. Wenn der Mehrwert eines Strategiewechsels seitens der Aktionäre nicht ausreichend dargelegt wird, ist es natürlich unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen sein Verhalten ändert. Die übergeordneten Unternehmensziele sollten demnach beim Aktionärsengagement nicht aus den Augen verloren werden.
Gleiches gilt für einen Mangel an Wissen und Verständnis seitens der Aktionäre, welcher bei ihrem Anliegen ersichtlich wird. Auch in einem solchen Fall ist es natürlich unwahrscheinlich, dass eine Unternehmensveränderung herbeigeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn das Aktionärsvorhaben die Mittel des Unternehmens übersteigt. Die dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Ressourcen sollten also stets im Blick behalten werden.
Als letzten Punkt führt der Bericht hier noch einen Konfrontationskurs an, den einige Aktionäre einschlagen, um ein Unternehmen zum Einlenken zu zwingen. Mit einer solchen Konfrontation ist es ein zweischneidiges Schwert. So gibt es durchaus auch erfolgreiche Beispiele in der Geschichte, in der Aktionäre mit effektiven Drohungen Unternehmensveränderungen herbeigeführt haben. So können Aktionäre eine Aktionärsresolution auf den Weg bringen, das ESG-Rating eines Unternehmens herabsetzen, das Unternehmen öffentlich kritisieren oder auch ihre Investments abziehen. Die Befragung zeigt jedoch auch, dass manche Unternehmen sich weigerten ihr Verhalten zu ändern, gerade weil ein solcher Konfrontationskurs der Aktionäre gefahren wurde.
Letztlich kommt First Sentier in dem Bericht zu dem Schluss, dass die beste Möglichkeit für Aktionäre, Einfluss auf das Unternehmensverhalten zu nehmen, darin liegt, bedeutende Beziehungen aufzubauen. Ein konstruktiver Austausch und gegenseitiges Verständnis seien hier der Schlüssel zum Erfolg.
Redaktion finanzen.ch
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