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Expertenkolumne 13.11.2024 11:16:49

Protektionismus und Inflation: Trumps Zölle schaden Wirtschaft langfristig - trotz anhaltender Marktrallye

Protektionismus und Inflation: Trumps Zölle schaden Wirtschaft langfristig - trotz anhaltender Marktrallye

Der Erdrutschsieg Donald Trumps ebnet den Weg für eine tiefgreifende Neuausrichtung der US-Politik, von einer Kehrtwende bei der Klimapolitik bis hin zu Deregulierung und Steuersenkungen.

• Erdrutschsieg für Donald Trump und die Republikaner ebnet Weg für tiefgreifende Neuausrichtung der US-Politik.
• Höhere Zölle auf Importe aus China und anderen Ländern waren ein wichtiges Wahlkampfthema; trotz grosser Ausnahmen dürften die Auswirkungen dramatischer sein, als der Markt glaubt.
• Mögliche Folgen der höheren Zölle sind höhere Inflation sowie die Art und Weise, wie die protektionistischen Massnahmen der USA die Märkte und Wirtschaftsleistung in China, Europa und im Vereinigten Königreich beeinflussen.

Der Erdrutschsieg Donald Trumps ebnet den Weg für eine tiefgreifende Neuausrichtung der US-Politik, von einer Kehrtwende bei der Klimapolitik bis hin zu Deregulierung und Steuersenkungen. Das hat weitreichende Folgen. Während des Wahlkampfs versprach Trump, die Zölle auf chinesische Importe auf 60 Prozent zu erhöhen - damit wären sie mehr als doppelt so hoch wie zuvor. Auf importierte Fahrzeuge sowie chinesische Produkte, die über Drittländer wie Mexiko und Vietnam eingeführt werden, sollen Zölle von 100 Prozent erhoben werden. Hinzu kommen 10 bis 20 Prozent auf alle anderen Importe. Das stellt für den Markt eine immense Veränderung dar. Die vorherrschende Meinung auf den Märkten ist jedoch, dass es bei den Zöllen auf chinesische Produkte grosse Ausnahmen geben wird. Die Androhung von Pauschalzöllen diene vielmehr als Verhandlungsinstrument, um Zugeständnisse politischer und wirtschaftlicher Natur von anderen Ländern zu sichern.

Markt unterschätzt Auswirkungen der Trump-Politik

Der Markt ist zu unbekümmert. Seit der globalen Finanzkrise entfernt sich die politische Leitmeinung immer weiter vom Freihandel: Auch Präsident Biden hat die meisten Zölle beibehalten, die Donald Trump während seiner ersten Amtszeit eingeführt hatte. Die Auswirkungen der Zölle auf einzelne Unternehmen und Sektoren werden erheblich sein, und die Abkehr vom Freihandel wird dem Wirtschaftswachstum schaden. Zwar scheinen die direkten Auswirkungen auf die US-Inflation begrenzt zu sein, doch es ist durchaus möglich, dass das Gros der Marktanalysten die Auswirkungen erneut unterschätzt.

Es stimmt, dass die US-Wirtschaft relativ abgeschottet ist, und Dienstleistungen sowie auch viele Waren wären selbst bei weitreichenden Zöllen von den Regelungen ausgenommen. Die direkte Auswirkung von Pauschalzöllen in Höhe von 10 Prozent wäre zwar ein nur marginaler Anstieg der Verbraucherpreise - diese würden um weniger als ein Prozent steigen. Dennoch werden inländische Produzenten ihre Preise erhöhen, da die Konkurrenz aus dem Ausland abnimmt. Die starke Nachfrage der amerikanischen Bevölkerung wird wahrscheinlich durch weitere Steuersenkungen unterstützt, was die erhöhten Preise ausgleicht und sich auch in den Löhnen widerspiegeln wird. Angesichts dieser Dynamik erwartet der Markt für die nächsten zwei Jahre eine deutlich höhere Inflation in den USA und hat diese bereits eingepreist. Obwohl die Federal Reserve dazu neigt, einmalige Preissteigerungen zu ignorieren, wird sie das Tempo der Zinssenkungen trotzdem verlangsamen.

Das Bruttoinlandsprodukt der USA wird unter dem eingeschränkten Zugang zu billigen Importen leiden, aber gleichzeitig auch durch den geringeren Wettbewerb aus dem Ausland gestützt. Kurzfristig dürfte der Nettoeffekt gering sein, doch bei anhaltendem Protektionismus werden die Handelsverluste überhandnehmen.

Reaktionen im Ausland bleiben verhalten

Vergeltungsmassnahmen anderer Länder dürften sich in Grenzen halten. Die USA exportieren relativ wenig nach China und ziehen sich ohnehin bereits aus dem Land zurück. Europa wäre stärker betroffen, und selbst ein moderater Wachstumseinbruch wäre angesichts der schwachen Konjunktur schmerzhaft. Die Erfahrungen aus Trumps erster Amtszeit deuten darauf hin, dass sich Vergeltungsmassnahmen auf bekannte Marken wie Harley Davidson und verschiedene Bourbon-Marken beschränken würden.

Die Auswirkungen von Zöllen auf das Vereinigte Königreich mit seinem kleineren Produktionssektor dürften milder ausfallen, jedoch ist das Land aufgrund seiner geringen Grösse auch weniger in der Lage, Zugeständnisse auszuhandeln. Die besondere Beziehung der beiden Länder wird hier wenig ins Gewicht fallen, und das viel diskutierte Freihandelsabkommen würde Zugeständnisse bei Agrarimporten erfordern, die für die britischen Verbraucher und ihre EU-Partner nur schwer zu verdauen wären. Sollte Trump sich dazu entscheiden, bei Zöllen auf europäische Produkte nachzugeben, würde er stattdessen Zugeständnisse beispielsweise bei der Regulierung von US-Technologieunternehmen fordern.

Alles in allem würde China am meisten unter dem US-Protektionismus leiden. Dies würde dazu führen, dass die dortigen Behörden zusätzliche Anreize schaffen. Die Auswirkungen für die EU wären etwas weniger dramatisch, während das Vereinigte Königreich am glimpflichsten davonkommt.

Wie steht es um die Börse?

Die Gewinnmargen von US-Unternehmen würden durch Zölle steigen, während geringere Unternehmenssteuern für einen weiteren Aufschwung sorgen. Firmen, die ihre Produkte in die USA exportieren, werden dagegen abgestraft. Auch wenn die Globalisierung ein negatives Image hat, hat sie dennoch das Einkommen der Verbraucher und die Rentabilität der Unternehmen erhöht - und die langfristigen Auswirkungen von Trumps Politik werden wahrscheinlich negativ sein.

Alles in allem ist es unwahrscheinlich, dass die Zölle die aktuelle Hausse beenden werden. Wir rechnen für die ersten sechs Monate jedoch mit einer Welle an politischen Veränderungen durch die neue Regierung, die durch ihren Wahlsieg gestärkt und vom Wunsch beflügelt ist, die Politik von Joe Biden rückgängig zu machen.

Autor: Steven Bell, Chief Economist EMEA bei Columbia Threadneedle Investments

Über Columbia Threadneedle Investments

Columbia Threadneedle Investments ist ein führender global tätiger Asset Manager, der eine breite Auswahl an Investmentstrategien und -lösungen für private, institutionelle und Firmenkunden weltweit anbietet. Das Unternehmen beschäftigt über 2'500 Mitarbeiter:innen, darunter mehr als 650 Investment- und über 200 Reserach-Expert:innen in 17 Ländern in Nordamerika, Europa sowie Asien[1] und verwaltet 602 Mrd. €[2] in den Bereichen Aktien, Anleihen und Multi-Asset, Lösungen und Alternativen.

Columbia Threadneedle Investments ist die weltweit tätige Asset-Management-Gruppe von Ameriprise Financial, Inc. (NYSE:AMP), einem führenden, in den USA ansässigen Finanzdienstleister. Als Teil von Ameriprise werden wir von einem grossen und gut kapitalisierten, diversifizierten Finanzdienstleistungsunternehmen unterstützt.

[1] Stand 30. September 2024, Columbia Threadneedle Investments
[2] Quelle: Ameriprise Financial Q3 2024 earnings release

www.columbiathreadneedle.com

Für den EWR gilt: Herausgegeben von Threadneedle Management Luxembourg S.A. Eingetragen im Registre de Commerce et des Sociétés (Luxembourg) unter der Registernummer B 110242. Eingetragener Firmensitz: 44, rue de la Vallée, L-2661 Luxemburg, Grossherzogtum Luxemburg.

Für die Schweiz gilt: Threadneedle Asset Management Limited, eingetragen in England und Wales unter der Registernummer 573204. Eingetragener Firmensitz: Cannon Place, 78 Cannon Street, London EC4N 6AG, GB. Im Vereinigten Königreich zugelassen und reguliert von der Financial Conduct Authority. Herausgegeben von der Threadneedle Portfolio Services AG. Eingetragener Firmensitz: Claridenstrasse 41, 8002 Zürich, Schweiz.

Columbia Threadneedle Investments ist der globale Markenname der Columbia- und Threadneedle-Unternehmensgruppe.

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