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Börsenausblick 17.10.2016 08:00:00

«Von breiter Erholung kann man nicht ausgehen»

Politische Entwicklungen bestimmen zunehmend die Kapitalmärkte. AXA-Chefstratege Franz Wenzel erklärt, wieso er mit keiner breiten Erholung an den Börsen rechnet, wieso die Geldpolitik der SNB zunehmen politisch wird und was er in den kommenden Monaten beim Ölpreis erwartet.

Was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?

Franz Wenzel*: Das politische Umfeld hat an Bedeutung zugenommen. Die weitere Entwicklung des Brexit und die damit verbundenen Verhandlungen sowie die Wahlen in den USA und das italienische Referendum bleiben ein zentrales Thema für die Kapitalmärkte. Gleichzeitig wächst die Gefahr, dass die Märkte eine gewisse Gleichgültigkeit entwickeln. Ferner bestätigen die jüngsten US-Konjunkturdaten die Annahme, dass die US-Notenbank die Zinsen bis zum Jahresende einmal mehr anheben wird. In der Eurozone wird die Frage laut, wie lange die EZB das aktuelle Ankaufsprogramm durchhalten kann.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Nach dem britischen Referendum haben sich weltweit die Börsen erholt. Zwar haben sich die Gewinnerwartungen leicht verbessert, aber von einer breiten Erholung kann man nicht ausgehen. Das schwache Wirtschaftswachstum sowie der Anstieg der Lohnstückkosten stehen dem im Wege. Die aktuellen Wachstumsschätzungen von über 10% für die Eurozone und die Schweiz scheinen sehr ambitiös. Gleichzeitig hat sich die Bewertung an den Aktienmärkten eher erhöht. Die Weltleitbörse, Wallstreet, ist mit aktuell dem 23-fachen der Gewinne bewertet und damit überteuert.

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Die Sektorgewichtung des Schweizer Aktienmarktes bietet sicherlich einen impliziten Schutz vor einer Korrektur. Allerdings würde sich die Zürcher Börse nicht diametral entgegengesetzt zu den Weltaktienmärkten bewegen, wenngleich die Schweizerische Notenbank eine sehr expansive Geldpolitik verfolgt. Eine Korrektur an der Wallstreet würde auch die Schweizer Börse belasten, die mit einem aktuellen Kursgewinnverhältnis zwischen dem 22- und 23-fachen de facto wie der US-Markt bewertet ist. Die jüngsten makroökonomischen Daten deuten aber auf eine verhaltene konjunkturelle Erholung hin. Dies sollte den Markt temporär stützen.

Kann sich der Schweizer Franken noch weiter abschwächen?
Mit Hilfe einer aggressiven Währungspolitik hat es die Schweizerische Notenbank geschafft, den Franken auf einem deutlich niedrigeren Niveau zu stabilisieren. Allerdings gelingt dies nur mit Hilfe von permanenten Aufkäufen ausländischer Vermögenswerte. Seit der Abwertung im Januar 2015 hat die SNB durchschnittlich zwischen 7 und 8 Mrd. Franken aufgestockt. Damit manövriert sich die Notenbank in eine zunehmend delikatere Situation. Eine Aufwertung würde sowohl die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie unterminieren und gleichzeitig deutliche Währungsverluste seitens der Notenbank generieren. Weitere Aufkäufe ausländischer Vermögenswerte bedeutet aber auch, dass die SNB teilweise ihre eigenständige Geldpolitik aufgibt. Die Entscheidung wird zunehmend politisch. Auf absehbare Zeit erwarten wir keine signifikante Veränderung des Frankens insbesondere gegenüber dem Euro.

Wie geht es weiter beim Ölpreis?
Die jüngste Entscheidung der erdölexportierenden Staaten, die Produktion zu drosseln, hat zweifellos überrascht und lässt darauf schliessen, dass selbst Saudi-Arabien die Wirkungen seiner aggressiven Politik nicht ganz unbeeinflusst lässt. Zwar bleibt die Sicherung der Marktanteile das primäre Ziel. Man ist aber mittlerweile zu Zugeständnissen bereit. In den kommenden Monaten gehen wir davon aus, dass sich der Ölpreis auf ein leicht höheres Niveau einpendelt. Die Tatsache, dass die US-Produzenten aber bei einem Niveau von um die 60 Dollar wieder wettbewerbsfähig werden, stellt eine robuste Obergrenze dar.

Erwarten Sie neue Massnahmen von Seiten der Notenbanken?
Obgleich sich das Augenmerk zunehmend auf die politischen Geschehnisse richtet, bleibt die Geldpolitik im Brennpunkt der Finanzmärkte. Die jüngsten Zahlen vom US-Arbeitsmarkt haben die These der Vollbeschäftigung untermauert und stützen unsere Annahme, dass die US-Notenbank eine weitere Zinserhöhung vor Jahresende beschliessen wird. Hier in Europa gehen wir weiter davon aus, dass sowohl die EZB als auch die Bank von England eine weitere Lockerung der Geldpolitik implementieren. Die SNB wird primär den Wechselkurs im Visier haben und entsprechend intervenieren.

Wovon wurden Sie jüngst positiv oder negativ überrascht?
Die robuste Wertentwicklung der Aktienmärkte gehört zu den positiven Überraschungen. Dies gilt umso mehr, als die Gewinnperspektiven bestenfalls auf eine Seitwärtsbewegung hindeuten. Offensichtlich bedingt der Mangel an Anlagealternativen eine Präferenz für Risikopapiere. Mit einer Bewertung von mehr als dem 21-fachen der laufenden Gewinne kann die Bewertung keineswegs mehr als attraktiv gewertet werden. Die markante Abwertung des britischen Pfunds hat uns im Ausmass, nicht aber in der Tendenz negativ überrascht. Die Frage, inwieweit anstehende Investitionen weiter aufgeschoben werden, birgt die Frage in sich nach einem deutlicheren Wachstumsrückgang, als bisher erwartet.

*Franz Wenzel ist Chefstratege bei AXA Investment Managers und ist in dieser Funktion sowohl für die makroökonomische Forschung wie auch die Investment Strategien verantwortlich.

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