Experten-Kolumne |
27.04.2015 13:06:53
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Krankenkassenprämien: Viele zahlen viel zu viel
Kolumne
Die Krankenversicherung ist ein fester Kostenblock im Haushaltsbuch. Die Prämien steigen kontinuierlich. Potenzial zur Optimierung wird von den wenigsten Versicherten genutzt.
Die Prämien, die jeder Versicherte monatlich an seine Krankenkasse entrichten muss, sind gemäss dem Bundesamt für Gesundheit seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes im Jahr 1996 um durchschnittlich knapp 130 Prozent gestiegen. Aus den einst 173.10 Franken, die ein Versicherter damals monatlich für seine medizinische Grundversorgung zahlte, sind heute 396.10 Franken geworden. Dieser Trend hält an, denn die Überalterung der Bevölkerung und stetig neue Behandlungsmethoden und Medikamente der Pharmaindustrie sorgen für weiter steigende Gesundheitskosten.
Diese Durchschnittswerte veranschaulichen den allgemeinen Preisanstieg, aber sie täuschen über die erheblichen Unterschiede in der Prämiengestaltung der Krankenkassen hinweg. Während die medizinischen Leistungen in der Grundversicherung gesetzlich festgelegt sind und von allen Kassen im gleichen Masse erbracht werden müssen, werden die dafür zu entrichteten Prämien zwischen Krankenkasse und Bundesamt für Gesundheit (BAG) definiert. So kommt es zu teilweise erheblichen Differenzen.
Grundversicherung bietet Sparpotenzial
«Viele Versicherte könnten mit einem Wechsel in eine günstigere Grundversicherung bares Geld sparen», weiss Rolf Wirz, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Maklerzentrum Schweiz AG. Eine erwachsene Person aus Luzern zahlt beispielsweise bei der Helsana pro Monat rund 335 Franken, aber bei der Unterkasse Sansan, die auch zur Helsana-Gruppe gehört, wären es lediglich 253 Franken - aufs Jahr gerechnet ergibt das eine Differenz von 1000 Franken.
Trotz dieses Sparpotenzials wechseln jährlich nur etwa 6 Prozent der Versicherten ihren Anbieter in der Grundversicherung. Sie fürchten völlig zu Unrecht, dass sie durch einen Wechsel Abstriche bei den Leistungen machen müssen, oder sie wollen schlicht den administrativen Aufwand vermeiden. Dabei reicht es, den Kündigungsbrief rechtzeitig, bis zum 30. November, zu verfassen - oder frühzeitig eine neue Kasse oder eine unabhängige Beratung aufzusuchen, die den Schriftverkehr erledigt.
Passendes Modell
Die Krankenversicherer haben in den letzten Jahren immer neue Modelle entworfen, die sich in Leistung, Ablauf und Prämien differenzieren. Grundsätzlich gilt: Wer die grösste Freiheit bei der Wahl des Arztes oder des Spitals haben möchte, zahlt die höchsten Prämien. Wer aber diese Wahlfreiheit einschränkt, zahlt weniger. «Rund 80 Prozent der Schweizer Versicherten suchen im Krankheitsfall so oder so zuerst ihren Hausarzt auf. Da bedeutet der Wechsel in das günstigere Hausarztmodell keine Einschränkung, sondern im besten Fall eine Prämienersparnis von rund 15 Prozent», so Rolf Wirz.
Noch höher ist das Optimierungspotenzial bei den Flex-Modellen der Krankenversicherer. Statt 12-mal pro Jahr die hohe Prämie für eine halbprivate oder private Spitalbehandlung zu zahlen, verlangen die Flex-Modelle nur im Ernstfall, also bei der konkreten Einweisung in ein Krankenhaus, eine Beteiligung an den Mehrkosten, die durch eine halbprivate oder private Behandlung entstehen. «Ein 50-jähriger Versicherter im Kanton Basel-Stadt bezahlt bei der Helsana für eine Privatversicherung 309 Franken. Wechselt er in das Flex-Modell von Helsana, ist eine Ersparnis von 268 Franken pro Monat möglich», sagt Rolf Wirz. Sogar wenn der beim Flex-Modell fällige Selbstbehalt über eine zusätzliche Spitaltaggeldversicherung abgesichert wird, resultiert noch eine monatliche Ersparnis von rund 200 Franken.
Optimaler Selbstbehalt
Die meisten Versicherten wählen eine mittlere Franchise bei ihrer Krankenversicherung, in den meisten Fällen ist dies aber der falsche Ansatz. «Grundsätzlich macht es für einen gesunden Arbeitnehmer mit durchschnittlichen jährlichen Krankheitskosten zwischen 300 und 1500 Franken keinen Sinn, einen tiefen Selbstbehalt zu wählen. Nur für Versicherte mit regelmässig hohen Kosten rechnet sich die ordentliche Jahresfranchise von 300 Franken, für alle anderen ist die höchste Jahresfranchise von 2500 Franken dauerhaft die günstigere Variante», haben Rolf Wirz und sein Team bei der Maklerzentrum Schweiz AG berechnet.
Die Wahl des optimalen Versicherungsmodells hängt letztlich von der persönlichen Gesundheit und der individuellen Lebenssituation ab. Wer diese längerfristig plant, kann zusätzlich Ausgaben sparen, indem beispielsweise eine Zusatzversicherung mit Leistungen bei Mutterschaft erst dann abgeschlossen wird, wenn der Kinderwunsch etwas konkreter wird. Allerdings gilt auf solche Zusatzversicherungen meist eine Karenzzeit von 12 Monaten. Und wer sich grundsätzlich schulmedizinisch behandeln lässt, kann getrost auf den Abschluss einer Zusatzversicherung für alternative Medizin verzichten. «Es empfiehlt sich dann aber, dennoch eine kleine und günstige Zusatzversicherung abzuschliessen, auch wenn diese nur einmal im Jahr für eine Massage beansprucht wird», weiss Rolf Wirz.
Nichts Unnützes
Einiges an Geld verschenken die Versicherten auch, indem sie bei der Krankenkasse unnötig privat gegen Unfall versichert sind. Denn jeder, der in einem Angestelltenverhältnis mindestens 8 Stunden pro Woche arbeitet, ist über seinen Arbeitgeber gegen Unfälle versichert. Laut Zahlen des Bundes gibt es 450‘000 bis 500‘000 Personen in der Schweiz mit einer doppelten Versicherungsdeckung gegen Unfall.
Stephan M. Wirz, Mitglied der Geschäftsleitung, Maklerzentrum Schweiz AG, Basel
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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