Rezessionsgefahr |
01.07.2022 22:43:00
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Deutsche Bank-Chef Sewing: Inflation ist Gift für die Wirtschaft
Das Rezessionsrisiko steige mit einem plötzlichen Stopp von russischem Gas unausweichlich, sagte Deutsche Bank-Chef Sewing in einem Interview mit CNBC. Dies sei aber nur ein Faktor in einem Rezessionszenario.
• Deutsche und europäische Wirtschaft zeigen sich resilient
• Individuelle Lösungen sind gefordert, keine Rechenmodelle
In den vergangenen Wochen haben die US-Notenbank, die Europäische Zentralbank, die Schweizerische Nationalbank und einige weitere Nationalbanken Massnahmen zur Bekämpfung der Inflation ergriffen oder angekündigt. Die Zentralbanken sehen sich gezwungen, ihre Geldpolitik deutlich zu straffen, um die weltweit hohe Inflation zu bekämpfen. Dies wiederum steigere die Rezessionswahrscheinlichkeit, sagte Deutsche Bank-Chef Christian Sewing gegenüber CNBC.
Bekämpfung der Inflation als oberstes Gebot
Die Inflation sei das grösste Gift für die Wirtschaft und für die Gesellschaft und müsse bekämpft werden. "Ich würde sagen, dass mich die Inflation am meisten beunruhigt, und deshalb glaube ich, dass das Signal, das wir von den Zentralbanken erhalten haben, sei es von der Fed oder jetzt auch von der EZB, das richtige Signal ist", sagte der Manager. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung verdeutlichte Christian Sewing bereits im Dezember, dass er die Inflation nicht für ein temporäres Phänomen halte, sondern für eine mehrstufige Entwicklung. Die Notenbanken seien gefordert, damit diese Entwicklung nicht aus dem Ruder laufe.
Im Mai erreichte die Verbraucherpreisinflation in Europa mit 8,1 Prozent einen neuen Rekordwert. Die Europäische Zentralbank hat bereits angekündigt, die Zinssätze in ihrer Sitzung am 21. Juli anzuheben. Voraussichtlich wird dies der erste von einer Reihe an Zinschritten sein, es wird von einer zweiten Zinsanhebung bereits im September gesprochen. Im Euroraum wird dies die erste Zinserhöhung seit elf Jahren sein.
Zahlreiche Faktoren können eine Rezession wahrscheinlicher machen
Mittlerweile herrscht fast Konsens in der Wissenschaft darüber, dass eine Straffung der Geldpolitik zwar einerseits für die Eindämmung der Inflation erforderlich sei, jedoch auf der anderen Seite die Rezessionswahrscheinlichkeit drastisch erhöhe, da sich das Wirtschaftswachstum bereits global aufgrund verschiedener Faktoren verlangsamt hat.
Der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, sagte vor einem Ausschuss des Senats am 22. Juni, die US-Wirtschaft sei in der Lage, den erhöhten Leitzins zu verkraften. Priorität der Fed sei es, die Preisstabilität wiederherzustellen und die Inflationsrate zu drosseln. Damit äusserte er sich weit weniger falkenhaft als erwartet.
Die Deutsche Presseagentur zitierte Jerome Powell mit den Worten: "Die Verschärfung der Finanzbedingungen, die wir in den jüngsten Monaten beobachtet haben, sollte das Wachstum weiter mässigen und dabei helfen, die Nachfrage in ein besseres Gleichgewicht mit dem Angebot zu bringen". Die Fed wolle aber nicht die Nachfrage als solches bremsen, denn dies würde zu einer Rezession führen, so Powell weiter. Dies genau scheint der Balanceakt zu sein von dem auch Sewing spricht.
Die weltwirtschaftliche Situation sei aber auch deshalb so schwierig, so Sewig, da neben dem Krieg weitere globale Faktoren die Wirtschaft stark beeinträchtigen und einen enormen Druck ausüben würden. Diese seien vor allem auf die COVID-Pandemie zurückzuführen. So etwa die vielfältigen Lieferkettenprobleme, die durch die Pandemie, die wiederbelebte Nachfrage sowie die Rückkehr zu Kontrollmassnahmen etwa in China bedingt sind. Die Situation sei so herausfordernd, "dass es genug Druck und eine Menge Druck auf die Wirtschaft gibt, und daher ist die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in Europa, aber auch in den USA, ziemlich hoch", sagte Sewing. Man könne sich daher nicht auf traditionelle Modelle bei der Bekämpfung der Krise verlassen, da die Wirtschaft nicht nur einem, sondern mehreren Hebeln gegenüberstehe, die eine Rezession auslösen könnten. Individuelle Lösungen seien gefragt.
Europäische Wirtschaft für die Zinserhöhung gut aufgestellt
Europa und speziell Deutschland sieht der Deutsche Bank-Chef gut aufgestellt. Dafür sprächen eine hohe Resilienz in den Unternehmen, volle Auftragsbücher sowie eine thematisch und branchentechnisch breit aufgestellte deutsche Wirtschaft. Man dürfe allerdings nicht ausser Acht lassen, dass die gute Auftragslage zu einem Teil auf einen Rückstau aus der Pandemie zurückzuführen sei und sich daher wahrscheinlich in den nächsten Monaten abschwächen werde.
Eines sei auch klar: "Wenn es zu einem plötzlichen Stopp des russischen Gases kommt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Rezession natürlich viel höher", sagte Sewing im CNBC-Interview. Derzeit sei die Wahrscheinlichkeit für eine globale Rezession seiner Einschätzung nach bei fifty-fifty, so der Vorstandsvorsitzende laut FAZ auf der "Future-of-Finance" Konferenz in Frankfurt.
Redaktion finanzen.ch
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