Sinkender Inflationsdruck |
17.01.2023 23:50:00
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ETH-Ökonom: Die Schweiz entgeht einer Rezession
An den Märkten geht die Angst vor einer Rezession um. Doch zumindest der Schweiz dürfte dies erspart bleiben, gibt sich Jan-Egbert Sturm, Leiter der ETH-Konjunkturforschungsstelle KOF, überzeugt.
• Schweizer Wirtschaft stärker als Weltwirtschaft
• Inflation dürfte zurückgehen
Der Ukraine-Krieg und gestörte Lieferketten haben die Inflation in 2022 enorm in die Höhe getrieben. Die weltweit wichtigsten Notenbanken haben darauf mit drastischen Leitzinserhöhungen reagiert. Jedoch ist diese falkenhafte Geldpolitik für die Währungshüter auch ein Balanceakt, denn höhere Zinsen helfen zwar dabei, die Inflation zu dämpfen, können aber zugleich das Wirtschaftswachstum bremsen. Deshalb nehmen nun bei vielen Marktteilnehmern die Rezessionsängste wieder zu. Der Internationale Währungsfonds etwa geht davon aus, dass im Jahr 2023 die Hälfte der europäischen Wirtschaft eine Rezession erleiden wird.
Starke Schweiz
Doch der Schweiz dürfte dieses Übel erspart bleiben, gab sich Jan-Egbert Sturm, der seit achtzehn Jahren das führende Konjunkturforschungsinstitut der Schweiz leitet, in einem Interview mit "Finanz und Wirtschaft" überzeugt. Zwar rechnet er für die Schweiz mit einer deutlichen wirtschaftlichen Abkühlung in diesem Winter sowie mittelfristig mit enormen Herausforderungen. Doch dank der getroffenen Vorkehrungen sowie eines guten Konsums der privaten Haushalte werde eine Rezession vermieden werden können.
Auch in einem Interview mit "Blick" prognostizierte der KOF-Direktor, dass in der Schweiz keine Rezession droht. Zwar sieht er eine Schwächephase, aber im Grossen und Ganzen schätzt er, dass die Firmen diese Schwäche gut überbrücken werden können, weil ihre Auftragsbücher noch immer recht gut gefüllt seien. Besonders betroffen von einer solchen Abschwächung sei immer die Industrie, die exportorientierten Unternehmen. Aber gerade die Industrie - nicht nur Chemie und Pharma, sondern auch die anderen Industriebereiche - haben es in den letzten Jahren sehr gut gemacht und seien stark gewachsen. Das helfe nun, die Durststrecke zu überstehen.
Schweiz besser als Weltwirtschaft
Jan-Egbert Sturm geht davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft etwas stärker als die Weltwirtschaft wachsen wird. Er führte dazu aus, dass die Schweiz weniger energieintensiv produziere und öfters mal von Instabilität in der Welt profitiere. "Die Schweiz steht für Stabilität, Sicherheit und Qualität. Das ist gerade in solch unsicheren Zeiten gefragt. Die Welt schwächelt, die Schweiz zeigt Stärke", sagte er gegenüber "Blick".
Mit Blick auf die Entwicklung der Weltwirtschaft relativierte der Konjunkturforscher jedoch, dass das schwache Wachstum nicht mit der Finanzkrise oder der Pandemie zu vergleichen sei, als die Weltwirtschaft tatsächlich geschrumpft ist. Denn auch wenn die Wertschöpfung eine Schwächephase durchlebe, so sei der Arbeitsmarkt trotzdem "sehr gut aufgestellt". Dies hänge damit zusammen, dass die Unternehmen durch die Erfahrungen nach der Corona-Pandemie gelernt hätten, "dass man eine relativ kurze Phase der Schwäche besser gemeinsam mit der Belegschaft überstehen kann, als wenn man sie auf die Strasse stellen würde". Dies gelte auch für die Schweiz, weshalb er auch hier trotz einiger Probleme im Winter keinen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit erwartet.
Privater Konsum stützt
Dank des robusten Schweizer Arbeitsmarkts in Verbindung mit einer sich normalisierenden Einkommensentwicklung erwartet der KOF-Direktor keine Zurückhaltung beim Konsum - und das obwohl die Konsumentenstimmung in der Schweiz infolge des Ukrainekriegs und der Energiekrise auf einen historischen Tiefpunkt gefallen ist. "Der Konsum bleibt der stabilisierende Faktor in der Schweizer Wirtschaft. Die Exportwirtschaft leidet stärker, die Binnenkonjunktur bleibt robust", sagte Sturm.
Sinkender Inflationsdruck
In Bezug auf die Inflation rechnet der Konjunkturforscher mit zwei gegenläufige Bewegungen: Zum einen werden aufgrund von Basiseffekten die Energiepreise aus der Inflationsrate verschwinden. Zum anderen erwartet er zunehmende Zweitrundeneffekte weil viele Unternehmen in nächster Zeit Preiserhöhungen planen. Unter dem Strich geht Sturm davon aus, dass die Inflationsrate sinken wird.
Angesichts dessen rechnet das KOF damit, dass die Schweizerische Nationalbank ihren Leitzins bis auf ein Niveau von 1,5 Prozent anheben wird. Zuletzt hatte die SNB am 15. Dezember den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf 1,0 Prozent erhöht. "Es ist nicht auszuschliessen, dass zusätzliche Zinserhöhungen nötig sein werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten", hatte auch Direktionspräsident Thomas Jordan anlässlich dieses Zinsschritts erklärt.
Redaktion finanzen.ch
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