Cannabis-Experiment |
26.07.2022 23:47:00
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Experiment: In den Niederlanden wird Staats-Cannabis verkauft
Die niederländische Regierung wagt den Schritt aus der Cannabisgrauzone heraus. Auch wenn der Verkauf und Konsum der Droge in niederländischen Coffeeshops schon seit den 70er Jahren legal ist, waren der Anbau und die Lieferung von Marihuana stets illegal. 2021 startete die Regierung ein Experiment zur Legalisierung und Regulierung des Rauschmittels.
Vom Drogendealer zum staatlichen Bauern
In den Niederlanden fanden der Verkauf und Konsum von Marihuana schon seit langer Zeit in der Grauzone statt. Bislang akzeptierte die niederländische Regierung den Handel der Droge in den niederländischen Coffeeshops, doch 100-prozentig legal war dieser bislang nicht und auch die Herkunft der Pflanzen war unbekannt und dementsprechend unreguliert. Das heisst, der Konsum von Cannabis war in den Niederlanden zwar schon seit 1976 legal, doch Anbau und Ankauf der Droge waren verboten.
Nun ging die Regierung einen weiteren Schritt in Richtung Legalisierung von Marihuana. Seit 2021 wird in zehn niederländischen Städten Cannabis aus legalem, staatlichem Anbau verkauft. Es ist ein Experiment der Regierung, bei welchem die insgesamt 79 teilnehmenden Coffeeshops vier Jahre lang lediglich "Staatsmarihuana" vertreiben werden. Es handelt sich dabei um behördlich überwachte Plantagen mit staatlicher Lizenz zum Cannabisanbau.
10 Städte sind am Experiment beteiligt
Zweck dieses Versuches ist die Eindämmung von Drogenkriminalität und Erhebung von Qualitätskontrollen zur Minimierung von illegalen Geschäften und gesundheitlichen Folgen, so hofft die niederländische Regierung. Im Zuge des Experiments werden die nicht-regulierten Städte ebenfalls vom Staat beobachtet, um die Ergebnisse vergleichen und auswerten zu können.
Teilnehmende Städte sind Arnhem, Almere, Breda, Groningen, Heerlen, Hellevoetsluis, Maastrich, Nimwegen, Tilburg und Zaanstad.
Dass die Grossstädte Rotterdam, Den Haag und Utrecht, sowie die Hauptstadt Amsterdam nicht an dem staatlichen Experiment teilnehmen, liegt an dem Nichterfüllen der Vorbedingungen. Die Regierung setzt voraus, dass alle städtischen Coffeeshops an dem Experiment teilnehmen müssten, was angesichts der Vielzahl an Shops in genannten Städten nicht umzusetzen sei. Allein Amsterdam hat rund 170 Coffeeshops, was ein logistisch nicht zu bewältigender Aufwand wäre, ausserdem sei es gefährlich, die eigentlichen Cannabislieferanten auf einen Streich aus dem Handel zu bannen, warnte Amsterdams Bürgermeister Femke Halsema schon 2018.
Legalisierung birgt Risiken
Kritiker des Experiments fürchten negative Folgen für das Land und die Bevölkerung. Die Niederlande verzeichneten seit 2012 rund 50 Morde, die im Zusammenhang mit Drogenhandel standen. Auch wenn das nicht ansatzweise so viele Tote darstellt, wie in den Drogenhochburgen Kolumbien und Mexiko, besteht die Angst, dass Drogenkartelle zu mächtig werden könnten und die Niederlande sich zu einem sogenannten "Narco Staat" entwickeln könnte, also ein vom illegalen Drogenhandel abhängiger Staat. Denn ein Grossteil des in den Niederlanden illegal angebauten Marihuanas wird exportiert.
Zudem ist es nicht abzusehen, ob ein Einstieg in das legale Geschäft mit den örtlichen Coffeeshops für die Cannabisbauern einen Ausstieg aus den lukrativen illegalen Geschäften zur Folge hätte. Diese Befürchtung wird durch eine umstrittene Studie in Kanada gestützt, demnach habe Kriminalität, die im Zusammenhang mit Cannabis steht, auch nach der Legalisierung nicht unmittelbar stagniert und illegaler Handel mit Marihuana sei trotzdem noch präsent.
Willem, ein Coffeeshop-Betreiber aus Tilburg, hat in einem Interview mit BBC bestätigt, dass er staatliche Qualitäts- und Quantitätskontrollen zwar begrüssen würde, jedoch werden die entstehenden Mehrkosten auf den Konsumenten umgelegt, wodurch dieser einen grossen Anreiz bekäme, wieder auf dem Schwarzmarkt zu kaufen. Den Marktpreis zu erhalten sei unabdinglich für ein Gelingen des Experiments, ergänzte Willem.
Henry Ely / Redaktion finanzen.ch
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