Erhöhter Inflationsdruck |
07.03.2023 23:00:00
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Inflation in der Schweiz deutlich geringer als in vielen anderen Ländern - das sind die Gründe
Die Inflation ist hierzulande für Schweizer Verhältnisse zwar hoch, im Vergleich zu anderen Ländern fiel der Preisanstieg jedoch deutlich weniger dramatisch aus - woran liegt das?
• Andere Länder können hinsichtlich Energieversorgung von der Schweiz lernen
• SNB geht mit Leitzinserhöhungen gegen erhöhten Inflationsdruck vor
Inflation in der Schweiz liegt deutlich unter Raten anderer Länder
Die durchschnittliche Jahresteuerung lag laut Bundesamt für Statistik (BFS) hierzulande im vergangenen Jahr bei 2,8 Prozent. Im Januar 2023 stieg der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) im Vergleich zum Vormonat um 0,6 Prozent auf 105,0 Punkte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg er um 3,3 Prozent, wie aus den Zahlen des Bundesamtes für Statistik hervorgeht. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI), den die EU-Mitgliedsländer nach einer gemeinsamen Methode erstellen und anhand dessen die Teuerung in der Schweiz mit jener in den europäischen Ländern verglichen werden kann, lag im Januar 2023 bei 105,00 Punkten und damit 0,7 Prozent über dem Wert von Dezember und 3,2 Prozent über dem Wert von Januar 2022.
Derweil ist die Inflation im Januar 2023 in Österreich auf 11,2 Prozent gestiegen. Der Indexstand des Verbraucherpreisindex lag somit bei 117,1 Punkten. Gegenüber dem Vormonat Dezember stieg das durchschnittliche Preisniveau laut Statistik Austria um 0,9 Prozent. Der Indexstand des HVPI lag derweil bei 127,01 Punkten, die harmonisierte Inflationsrate betrug 11,5 Prozent.
In Deutschland lagen die Verbraucherpreise im Januar dieses Jahres 8,7 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Gegenüber Dezember stieg das Preisniveau um 1,0 Prozent. Im Schnitt des Jahres 2022 lag die Inflation in Deutschland bei 6,9 Prozent.
In der Eurozone sanken die Verbraucherpreise im Januar in der Gesamtrate binnen Monatsfrist um 0,2 Prozent, die jährliche Inflationsrate sank auf 8,6 Prozent. Damit nahm der Inflationsdruck zwar ab, hielt sich jedoch weiter auf hohem Niveau.
Und auch wenn man über den grossen Teich blickt, liegt die Inflationsrate noch deutlich über dem Niveau, das die Währungshüter anstreben: Der Preisindex der persönlichen Konsumausgaben (PCE) lag laut dem US-Handelsministerium im Januar 5,4 Prozent höher als vor einem Jahr und 0,6 Prozent über dem Wert von Dezember.
Die Inflation hierzulande ist für Schweizer Verhältnisse zwar ebenfalls hoch, dennoch liegt sie weit unter den Werten von manch anderen Ländern. Wie kommt das und was können andere Länder womöglich von der Schweiz lernen?
Preiseniveau
Ein Faktor dürfte sein, dass die Preise hierzulande sich bereits auf einem recht hohen Niveau befanden. Selbst als die Inflation die Lebenshaltungskosten an anderen teuren Orten in die Höhe trieb, blieben Zürich und Genf laut Economist Intelligence Unit 2022 stabil unter den zehn teuersten Städten der Welt, wie CNBC berichtet. Und auch die Lebensmittelpreise sind in den vergangenen Monaten zum Beispiel in der Eurozone und den USA deutlich gestiegen, während sie sich hierzulande recht stabil hielten. Die Preise sind in Krisenzeiten in der Schweiz also stabiler, dafür aber auch sonst dauerhaft höher.
Allerdings zählt die Schweiz auch zu den wohlhabendsten Länder der Welt. So liege das Pro-Kopf-BIP laut CNBC weit über dem von anderen grossen Volkswirtschaften wie den USA oder Deutschland. Das durchschnittliche Vermögen pro Erwachsenem liege bei 696'604 US-Dollar.
"Weil die Menschen im Durchschnitt ziemlich reich sind, ist der Anteil der Lebensmittel am Gesamtbudget der Haushalte nicht so gross wie vielleicht in anderen Ländern", zitiert CNBC Tobias Straumann, Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Universität Zürich. "Natürlich haben wir auch Ungleichheit. Aber aus internationaler Sicht haben wir, denke ich, eine sehr gut funktionierende Sozialpolitik", so Straumann.
Starker Franken
Zur Preisstabilität in der Schweiz trägt ausserdem der starke Schweizer Franken bei, der stetig an Wert gewonnen und 2022 die Parität zum Euro erreicht hat. Der Franken ist laut CNBC stark durch grosse Reserven an Gold, Anleihen und Finanzanlagen gedeckt, die die Stabilität der Währung auch in Zeiten hoher Volatilität gewährleisten sollen, was der heimischen Währung ihren Status als "sicherer Hafen" verliehen hat.
Das hat wiederum positive Auswirkungen auf die Importe der Schweiz, die stark vom internationalen Handel abhängig ist. So importiert die Schweiz laut CNBC jedes Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 302 Milliarden US-Dollar - ein stärkerer Franken biete einen effektiven Rabatt auf diese Importe.
Energieversorgung
Ein weiterer Grund für die geringere Inflation ist die Energieversorgung. So hatten Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die daraufhin deutlich gestiegenen Energiepreise weniger Einfluss auf die Schweiz, da diese weniger abhängig von Öl- und Gasimporten ist - stattdessen spielt laut CNBC Wasserkraft eine wichtige Rolle in der Energieversorgung. Des Weiteren seien die Schweizer Energieversorger den Marktschwankungen weniger ausgesetzt, da sie sich grösstenteils in öffentlicher Hand befänden und somit eine Art finanzielles Sicherheitsnetz besässen.
Laut Tobias Straumann, Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Universität Zürich, könnten andere Länder aus der Verstaatlichung der Schweizer Energieversorgung etwas lernen - insbesondere die europäischen Länder, die einen breiten Übergang zur Privatisierung durchgemacht hätten und nun den Preis dafür zahlten. "Mittel- bis kurzfristig war das eine sehr gute Idee", verlautete er im Hinblick auf die Privatisierung der Energieversorgung. "Aber es ist nicht sehr widerstandsfähig und sie werden jetzt davon heimgesucht.", so Straumann laut CNBC. "Viele Leute sagten damals, die Schweizer seien zu konservativ", erklärte er. "Aber im Nachhinein würde ich sagen, dass es eine sehr gute Entscheidung war."
Preiskontrollen
Daneben gibt es in der Schweiz strenge Preiskontrollen für Waren und Dienstleistungen. So unterliegen laut CNBC 30 Prozent der Kernprodukte zur Inflationsmessung in der Eurozone der Preisregulierung. Das seien mehr als in jedem anderen Land in Europa.
Da die Schweiz die Preise für ausländische Agrarprodukte, die auch im Inland hergestellt werden, mithilfe von Importzöllen auf das hohe Schweizer Niveau anhebt, um heimische Produkte vor der ausländischen Konkurrenz zu schützen, ist die Schweiz ausserdem weniger von Bewegungen auf den globalen Lebensmittelmärkten betroffen. Und steigen die Preise für Waren, die importiert werden, weiss man sich zu helfen, um diese Preissteigerung abzufedern: "Wenn der Preis für Güter, die wir selber produzieren, am Weltmarkt steigt, sinkt nur der Zoll", so Alexander Rathke von der Konjunkturforschungsstelle der Universität ETH Zürich laut ZDF.de.
SNB erwartet 2024 wieder Preisstabilität
Für 2023 prognostizierte die Schweizerische Nationalbank (SNB) bei ihrer letzten geldpolitischen Lagebeurteilung im Dezember eine Inflation im Jahresdurchschnitt von 2,4 Prozent, 2024 dürfte diese dann bei 1,8 Prozent liegen und somit wieder Preisstabilität - also ein Anstieg des Landesindexes der Konsumentenpreise von weniger als 2 Prozent pro Jahr - erreicht werden.
Im Dezember hatte die Nationalbank ihre Geldpolitik weiter gestrafft und den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent angehoben, um "dem erhöhten Inflationsdruck und einer weiteren Verbreiterung der Teuerung" entgegenzuwirken. Laut den Währungshütern sei es nicht auszuschliessen, dass weitere Zinserhöhungen nötig sein würden, um die Preisstabilität mittelfristig zu gewährleisten. Die SNB sei auch bereit, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren.
Redaktion finanzen.ch
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