Konkursdynamik im Fokus |
12.08.2022 21:34:00
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Nach geringerer Insolvenzquote und mehr Neugründungen während Corona-Krise: Schweizer Startups zuletzt stärker konkursgefährdet
Im Kontrast zu früheren Krisen zeigten sich die Insolvenzquoten während der Corona-Krise im Jahr 2020 und im ersten Halbjahr 2021 in der Schweiz niedriger, während die Zahl der neu gegründeten Unternehmen deutlich höher war. Zuletzt zeigten sich jedoch vor allem junge Startups stärker konkursgefährdet als zuvor - nimmt die Insolvenzdynamik nun zu?
• Zahl der Neugründungen während Corona-Krise wesentlich höher
• Startups, die nicht älter als drei Jahre sind, zuletzt deutlich stärker konkursgefährdet
Während frühere Krisen, wie die Finanzkrise von 2008 und der Franken-Schock 2015 die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in der Schweiz laut einem wissenschaftlichen Artikel von Heiner Mikosch und Florian Eckert, der im November 2021 erschien und die Inzidenz von Firmeninsolvenzen und Neugründungen in der Schweiz untersucht, im Wesentlichen unverändert beliessen oder zeitweise über den Trend steigen liessen, zeigten sich während der Corona-Krise im Jahr 2020 und im ersten Halbjahr 2021 umgekehrte Muster.
Trotz Krise: Geringere Insolvenzquote und mehr Neugründungen
So seien die Insolvenzquoten im Vergleich zur Vorkrisenzeit deutlich niedriger und die Zahl der Neugründungen wesentlich höher gewesen. Im Sommer 2020 sei die Insolvenzhäufigkeit teilweise wieder etwas gestiegen, aber deutlich unter dem Vorkrisenniveau geblieben. Die durchschnittliche Konkursrate sei in allen Branchengruppen während der Krisenphase im Vergleich zur Vorkrisenphase gesunken. Bezüglich der regionalen Daten verzeichneten laut Mikosch und Eckert alle Schweizer Grossregionen im Durchschnitt von März 2020 bis August 2021 einen Rückgang ihrer Konkursquote relativ zum jeweiligen 18-Monats-Durchschnitt vor der Krise. Der Rückgang sei im Tessin vergleichsweise stark und in der Nordwest- und Zentralschweiz vergleichsweise schwach gewesen. Daneben ergaben die Untersuchungen, dass junge Unternehmen in der Krise einen stärkeren Rückgang der Insolvenzen verzeichneten als alte Firmen.
Derweil sei die Zahl der Firmengründungen im April 2020 zurückgegangen, habe sich dann aber schnell wieder erholt und sei 2020 und 2021 sehr hoch geblieben. Die durchschnittliche Formationsrate sei von März 2020 bis August 2021 wesentlich höher als während der 18 Monate vor der Krise gewesen. Das stehe im Kontrast zur Grossen Rezession und dem Franken-Schock, bei dem neue Firmenformationen während und nach der Krisenphase deutlich gedämpft worden seien.
Gründe für diese Entwicklungen
Für die gesunkene Insolvenzquote gibt es laut Mikosch und Eckert drei mögliche Gründe. So fanden sie heraus, dass die Konkurse in Branchen und Kantonen, in denen der Anteil der Firmen, die einen COVID-19-Kredit erhielten, vergleichsweise hoch war, stärker sanken. Neben dem staatlichen Kreditprogramm, das Unternehmen einfachen Zugang zu billigen Krediten und Langzeitdarlehen verschaffte, dürften ausserdem eine Art Winterschlaf des Unternehmenssektors unter Einsatz von Kurzarbeit zur Deckung der Arbeitskosten sowie ein Aufschub bei der Meldepflicht im Fall einer Überschuldung zu dieser Entwicklung beigetragen haben.
Hinsichtlich der Neugründungen sei, wie Mikosch und Eckert schreiben, zu beachten, dass nur Unternehmen, die bereits am 1. März 2020 gegründet waren, am COVID-19-Kreditprogramm Teilnehmen durften. Daher sei es unwahrscheinlich, dass der Anstieg der Firmen-Neugründungen auf die Erhöhung des Kreditangebots zurückzuführen sei. Die starke Gründungstätigkeit sei stattdessen eher von Branchen getrieben worden, in denen die Pandemie zu strukturellen Anpassungen geführt habe.
Auswirkungen auf die künftige Insolvenzdynamik
Wie aus dem Artikel von Mikosch und Eckert hervorgeht, haben all diese Faktoren wiederum Auswirkungen auf die zukünftige Insolvenzdynamik, denn je relevanter einer dieser Faktoren sei, desto wahrscheinlicher sei eine Nachholung der Insolvenzwelle in naher Zukunft. Je wichtiger der Faktor Kredit sei, desto unwahrscheinlicher sei ein baldiges Wiederaufleben der Insolvenzen - allerdings gebe es Risiken für die Zukunft. Je wichtiger der Überwinterungsfaktor sei, desto wahrscheinlicher sei es, dass die Konkurszahlen wieder auf ein normales Niveau zurückkehren. Daneben haben sich die Konsumgewohnheiten der Menschen mit der Corona-Krise verändert und normalisieren sich mit dem Auslaufen der Krise genauso wieder.
"Übersterblichkeit" bei jungen Unternehmen
Im Sommer 2021 sei die Konkursrate laut Mikosch und Eckert bereits wieder auf Vorkrisenniveau gestiegen und wie Finanz und Wirtschaft berichtet, seien zuletzt ausgerechnet die Startups, die nie von den staatlichen Stützungsmassnahmen profitieren konnten, deutlich stärker konkursgefährdet gewesen als vorher. Bei Unternehmen, die nicht älter als drei Jahre sind, habe es im Mai und Juni eine deutliche "Übersterblichkeit" gegeben.
Doch auch unter älteren Unternehmen sei es zuletzt zu mehr Konkursen gekommen - dennoch lägen die Zahlen in den 28 Monaten seit Ausbruch der Corona-Krise weiter deutlich unter dem Vergleichszeitraum zuvor.
Das Umfeld für Schweizer Unternehmen könnte jedoch noch herausfordernder werden. "Der Anstieg der Inflation in diesem Jahr könnte die Konkursdynamik in den kommenden Quartalen verschlimmern", zitiert Finanz und Wirtschaft Heiner Mikosch. So könne eine nachlassende Nachfrage bei steigenden Inputkosten dazu führen, dass mehr Unternehmen als sonst in die roten Zahlen rutschen.
Redaktion finanzen.ch
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