Expertenkolumne |
14.01.2025 09:33:46
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Zu Risiken und Nebenwirkungen: Wie Mentalitäten das Anlageverhalten bestimmen
Risiken an den Finanzmärkten sind real - aber der Umgang mit ihnen ist eine Frage der Mentalität. Und diese unterscheidet sich in Europa erheblich. In den kommenden Jahren könnte der demografische Wandel viele Vorsorgesysteme auf die Probe stellen. Progressive Anlagementalitäten dürften dadurch einen evolutionären Vorteil gewinnen.
Doch die Gleichung gemeinschaftlicher Umlagesysteme funktioniert nur, wenn Einzahlende davon ausgehen, dass ihre Beiträge in die staatliche Vorsorge für ein angemessenes Alterseinkommen sorgen werden. Dieses Prinzip wird gerade durch die kippende Demografie erschüttert: Immer weniger Jüngere müssen stetig höhere Leistungen für die Älteren erbringen. Zugleich wissen sie, dass sie als Pensionisten von noch weniger Arbeitnehmenden versorgt werden.
Hopp Schwiiz: Anlagementalität als Standortvorteil
Das Dreisäulensystem der Altersvorsorge in der Schweiz verfügt über staatliche Umlagefinanzierung, betriebliche Vorsorge und über teils staatlich geförderte private Vorsorgeoptionen. Ein Modell, das viele Länder propagieren - und dennoch hat sich in der Schweiz eine andere Mentalität des Anlegens gebildet: Für Schweizerinnen und Schweizer liegt die Verantwortung für ihre Vorsorge nicht primär beim Staat, sondern mindestens ebenso bei ihnen selbst. Auch die staatliche Altersvorsorge ist in den Kontext der Eigenverantwortung eingebettet. Der Grund dafür ist das verbreitete Verständnis, dass der finanzielle Erfolg nur mit kalkulierten Risiken zu erwirtschaften ist. Anleger investieren im europäischen Vergleich stärker in Vorsorgeprodukte und sind mit der Volatilität der Finanzmärkte relativ gut vertraut. Kursschwankungen werden eher in den langfristigen Kontext eingeordnet. Sie sind bereit, für ihre Altersvorsorge Portfolios mit höherem Wachstumspotenzial aufzubauen und dafür auch Risiken in Kauf zu nehmen. Diese Mentalität der Bürgersouveränität dürfte den Schweizerinnen und Schweizern angesichts des demografischen Veränderungsdrucks in der Vorsorge zugutekommen.
Italien: Beton als Vorsorgewährung?
Italien lebt einen gewissen Widerspruch: Einerseits ist das Vertrauen in staatliche Institutionen niedrig, andererseits ist die Altersvorsorge immer noch weitgehend staatszentriert. Die Beitragszahlenden müssen einen vergleichsweise hohen Einkommensanteil für die staatliche Vorsorgekasse aufwenden. Italienerinnen und
Italiener sind statistisch betrachtet vermögensreich, aber einkommensschwach. Sie legen häufig in Immobilien an und verfügen über eine der höchsten Wohneigentumsquoten des Kontinents. "Betongold" galt einst europaweit als Sicherheitspolster in kritischen Zeiten mit fast garantierten Wachstumschancen. Doch auch diese scheinbare Gewissheit schmilzt angesichts platzender Immobilienblasen, Landflucht und Bevölkerungsschwund gerade in Italien, dem Land mit dem höchsten Altersdurchschnitt Europas, dahin.
Italienerinnen und Italiener gelten im Allgemeinen als risikoscheue Anleger. Neben Immobilienwerten halten sie noch erhebliche Sparguthaben auf einfachen Konten. Doch auch hier setzt ein Umdenken ein: Anlagen in Investmentfonds und kapitalmarktbasierte Altersvorsorgeprodukte steigen in Italien an, auch deshalb, weil sich die Anleger von direkten Staatsanleihen abgewandt haben. Davon profitieren auch kapitalmarktorientierte Versicherungsprodukte, die zum Teil staatlich gefördert werden und damit das verfügbare Einkommen entlasten.
Der demografische Wandel verändert die Koordinaten der Altersvorsorge. Europäische Gesellschaften und ihre Bürger müssen passende Modelle für eine Zukunft entwickeln, die mit dem Schwund an Beitragszahlern und dem Zuwachs an Leistungsempfängern umgehen kann. Die Anlagementalität und finanzielle Bildung sind dabei vermutlich wichtiger als einzelne Anlageformen.
Autor: Aron Veress, CEO Liechtenstein Life
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