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Experten-Kolumne 05.02.2018 14:30:50

Zaghafter Ausstieg

Kolumne

Im EZB-Rat scheinen sich die geldpolitischen Hardliner und die Fürsprecher einer eher akkommodierenden Geldpolitik darauf verständigt zu haben, spätestens Ende dieses Jahres die Nettozukäufe von Anleihen einzustellen.

Wenn sich das Kaufprogramm zu einem reinen Reinvestitionsprogramm wandelt, dürfte die Zinspolitik wieder in den Blickpunkt rücken. Die aktuelle Sprachregelung der EZB lautet, die Leitzinsen weit über das Ende des Kaufprogramms hinaus auf ihrem niedrigen Niveau zu belassen, ohne zu sagen, was diese relative Aussage in absoluter Zeit bedeutet.

Die Märkte haben hier eine klarere Vorstellung: Sie preisen eine Zinserhöhung um 15 Basispunkte auf -0,25 Prozent im April 2019 ein, rechnen also mit einer ersten Zinserhöhung vier bis sieben Monate nach Auslaufen der Nettozukäufe gegen Jahresende. Und sie erwarten eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte bei der EZB-Sitzung im Oktober 2019, welche zugleich Mario Draghis letzte Sitzung in seiner Amtszeit sein wird. Wenn es tatsächlich so kommt, wird die EZB unter Draghi zunächst 2012 vor dem Zusammenbruch bewahrt und die Leitzinsen in den Folgejahren auf ein "normales" Niveau zurückgeführt haben.

Unserer Meinung nach könnte die EZB die Leitzinsen langsamer als erwartet erhöhen. Sollte die Eurozone einen plötzlichen Inflationsschock erleiden, kann die EZB immer rasch reagieren. Wenn die Wirtschaft aber in die Rezession zurückrutscht, kann die EZB auf dem aktuellen Zinsniveau wenig tun. Die EZB dürfte daher bei den Zinsen sehr vorsichtig vorgehen. Stabiles Wachstum, moderate Inflation und eine bereitwillige Zentralbank sind aber eine gute Kombination für Risikoanlagen. Europäische Aktien, High-Yield- und Investment-Grade-Unternehmensanleihen sind zwar hoch bewertet, haben aber vielleicht das Potenzial auch dieses Jahr positiv zu überraschen.

Andrew Bosomworth: Managing Director, Leiter des deutschen Portfoliomanagements bei PIMCO in München

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.

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