12.12.2024 14:51:36
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SNB-Zinsentscheid hat Ökonomen überrascht
Zürich (awp) - Der neue Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Martin Schlegel, hat am Donnerstag mit einer Leitzinssenkung um 50 Basispunkte viele Marktteilnehmer gehörig überrascht. Vor allem der zuletzt starke Rückgang der Inflation und die Aussichten auf weiter abnehmende Teuerungsraten im kommenden Jahr dürften laut Ökonomen und Analystinnen der Grund dafür gewesen sein.
Zwar wurde in Expertenkreisen die letzten zwei Wochen verstärkt über eine mögliche grosse Zinssenkung gesprochen - insgesamt war aber der Tenor doch ziemlich eindeutig, dass es nur 25 Basispunkte sein werden. Nur drei der insgesamt 17 Teilnehmer einer AWP-Expertenumfrage hatten einen grossen Schritt vorausgesagt. Die Überraschung ist entsprechend zu spüren. Für Katja Müller von der LBBW etwa hat Schlegel mit der "beherzten Zinssenkung um gleich 50 Basispunkte bereits zu Beginn seiner Amtszeit ein Ausrufezeichen gesetzt".
Entschlossen gegen zu tiefe Teuerung
Einer der drei Experten, die einen grossen Schritt erwartet bzw. gefordert hatten, war Karsten Junius von der Bank J. Safra Sarasin. Er kommentiert den Schritt nun so: "Der neue Präsident Martin Schlegel signalisiert eindeutig, dass er genauso entschlossen ist, die zu niedrige Inflation zu bekämpfen, wie sein Vorgänger Thomas Jordan." Bekanntlich ist die Teuerung in den letzten Monaten mit zuletzt 0,7 Prozent deutlich unter die 1-Prozent-Marke gefallen und dürfte wegen vermutlich bald sinkender Mieten und Strompreisen weiter fallen.
Ähnlich kommentiert auch Reto Cueni von der Bank Vontobel. Die SNB-Spitze habe mit dem Schritt klar gemacht, dass sie willens sei, sich der mauen Inflation, die sich zudem in den kommenden Monaten noch weiter abschwächen dürfte, entschlossen entgegenzustellen. Und dies, obwohl sie dafür bereits wieder nahe an die Null-Zins-Grenze stosse und den bereits heisslaufenden Immobilienmarkt weiter anheizen dürfte.
Für Daniel Hartmann von Bantleon hat der Inflationsausblick den Notenbankern letztendlich "keine andere Wahl gelassen", als einen grossen Zinsschritt zu tun. Die Teuerungsrate habe zuletzt die SNB-Prognose vom September spürbar unterschritten und im Januar drohe im Zuge der Strompreissenkung sogar ein Rückgang der Inflationsrate auf 0,0 Prozent. Die Gefahr eines Unterschreiten des Zielbereichs (0,0-2,0%) sei daher in den kommenden zwei Jahren nicht von der Hand zu weisen.
Weitere Zinssenkungen nicht mehr so dringend
Ob der Zinsschritt nun der Vorbote für Negativzinsen ist oder ob mit dem grossen Zinsschritt nun der Tiefpunkt bei den Zinsen schon bald erreicht ist, wird unterschiedlich beurteilt. Nachdem die SNB bei der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung noch explizit sagte, dass weitere Zinssenkungen möglich seien, liess sie diese Formulierung weg und sprach lediglich noch davon, dass sie die Situation weiter genau beobachte und die Geldpolitik wenn nötig anpassen werde.
Für Alessandro Bee von der UBS ist das ein Hinweis darauf, dass die SNB "keinen stärkeren Bedarf an Zinssenkungen sieht in den nächsten Quartalen". Brian Mandt von der Luzerner Kantonalbank verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die SNB ihre Inflationsprojektionen für 2026 und 2027 nach oben revidiert habe. "Der Spielraum, dass die SNB den Leitzins noch weiter senkt, ist damit enger geworden, zumal die SNB für 2025 mit einer Beschleunigung der Wirtschaft rechnet." Die Latte für weitere Leitzinssenkungen der SNB liege relativ hoch nach dem heutigen Entscheid, sagt auch GianLuigi Mandruzzato von der EFG Bank.
Gero Jung von Mirabaud erwartet derweil eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte im März. Die Inflation dürfte im nächsten Jahr nur knapp über 0 Prozent liegen, was darauf hindeute, dass sich der disinflationäre Prozess fortsetze, begründet er seine Meinung. Fredy Hasenmeile von Raiffeisen sieht gar eine "gestiegene Wahrscheinlichkeit", dass die Nationalbank ihren Leitzins noch weiter Richtung Null senken müsse. Das Leitzinsniveau sei mittlerweile zwar wieder "zumindest leicht expansiv", die Nationalbank bewerte die Abwärtsrisiken für die Inflation und die Konjunktur jedoch weiterhin höher als die Aufwärtsrisiken.
uh/rw
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