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VW & Co. haben das Nachsehen 26.01.2022 23:25:00

Chipkrise belastet Tesla kaum: Was Tesla besser macht als die Konkurrenz

Chipkrise belastet Tesla kaum: Was Tesla besser macht als die Konkurrenz

Während etablierte Autobauer 2021 an verschiedenen Fronten zu kämpfen hatten, liefen die Geschäfte beim US-Konzern Tesla ausserordentlich rund. Der Elektroautobauer navigierte deutlich besser durch die Krise als viele altgediente Rivalen.

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• Tesla mit Rekordauslieferungen 2021
• Stark trotz Halbleiterkrise und Lieferkettenchaos
• Geschäftsmodell und -Aufstellung als Vorteil

Für Tesla war 2021 ein Erfolgsjahr. Nachdem der Elektroautobauer im Dezember bei den Fahrzeugauslieferungen den sechsten Rekordmonat in Folge vermelden konnte, summiert sich die Zahl der unters Volk gebrachten Tesla-Fahrzeuge im Gesamtjahr auf mehr als 936'000. Damit übertraf das Unternehmen den Vorjahreswert um satte 87 Prozent.

Autobauer mit schwachem Jahr 2021

Doch der Erfolg von Tesla ist keine Blaupause für andere Autobauer, im Gegenteil. Die Branche ächzte im vergangenen Jahr unter den Folgen der Corona-Krise und insbesondere unter gestörten Lieferketten und Halbleitermangel. Produktionsausfälle waren die Folge, nicht nur die Autobauer selbst, sondern auch Zulieferer gerieten massiv unter Druck.

Das schlug sich auch in den Verkaufszahlen etablierter Automobilkonzerne nieder: Bei Volkswagen brachen die Verkaufszahlen rund um den Globus um 4,5 Prozent auf 8,9 Millionen Fahrzeuge ein. Besonders betroffen war die Kernmarke VW, wo die Verkaufszahlen - verglichen zum schwachen Vergleichsjahr 2020 - nochmals um 8,1 Prozent zurückgingen. Der Lichtblick des Unternehmens: Das Elektroautogeschäft: Hier brachten die Wolfsburger mit 452'900 rein batteriebetriebenen Fahrzeugen mehr Autos unters Volk als im Jahr zuvor.

Noch härter als den VW-Konzern traf es 2021 den Traditionsautobauer General Motors, der sogar zuletzt seine Vormachtstellung in den USA an den japanischen Konkurrenten Toyota abgeben musste. Und auch bei Ford waren die Verkaufszahlen rückläufig - allein auf dem US-Markt verlor das Unternehmen im Gesamtjahr 6,8 Prozent verglichen zu 2020.

Halbleiterkrise und Lieferkettenprobleme

Dabei war es insbesondere der Mangel an Halbleitern, der vielen etablierten Autobauern im letzten Jahr zu schaffen machte. Denn offenbar haben viele Branchenvertreter, aber auch deren Zulieferer, unterschätzt, wie schnell sich die Kundennachfrage nach dem schwachen COVID-geprägten Jahr 2020 wieder erholen würde. Halbleiterhersteller konnten die dringend benötigten Chips nicht schnell genug liefern, was zu Produktionseinbussen führte und einige Automobilhersteller sogar zu zwischenzeitlichen Werksschliessungen veranlasste.

Tesla hat diese Herausforderungen besser bewältigen können - aus zwei Gründen. Zunächst hat der Musk-Konzern die Nachfrageentwicklung offenbar besser abschätzen können als viele Konkurrenten. Tesla war also auf eine Erholung in Richtung Vorkrisenniveau eingestellt. Darüber hinaus hat Tesla einen elementaren Vorteil gegenüber der Konkurrenz: Der EV-Konzern hat sich in deutlich geringere Abhängigkeit von Zulieferern begeben. Tesla gab - anders als GM & Co. - die Verhandlungen um Halbleiter nie an Lieferanten ab, sondern etablierte sich selbst in einer starken Verhandlungsposition.
Zudem reagierte das Unternehmen maximal flexibel auf die immer stärker ausgeprägte Chipkrise. Schon im Ergebnisbericht zum dritten Quartal erklärte Tesla, man habe "alternative Teile und programmierte Software verwendet, um die durch diese Engpässe verursachten Herausforderungen zu mildern". Konkret hat Tesla fehlende Chips zum Teil einfach selbst hergestellt oder alternative Halbleiter benutzt und dafür die hauseigene Software angepasst - eine Option, die viele andere Autobauer bislang nicht in Erwägung gezogen hatten. Firmenchef Elon Musk sprach in diesem Zusammenhang von einer "vertikalen Integration":

Das brachte dem Unternehmen eine bessere Verhandlungsposition ein, hinzu kommt, dass die Art von Halbleitern, die Tesla in seinen Fahrzeugen verbaut, von Konkurrenten weniger nachgefragt werden. Die Experten von Morgan Stanley haben in einer Investorenmitteilung zudem noch einen weiteren Vorteil für Tesla ausgemacht: Skaleneffekte. Zwar verkaufen Traditionsautobauer wie VW & Co. in Summe deutlich mehr Fahrzeuge, Tesla wächst aber deutlich schneller als die etablierte Konkurrenz. Das habe Halbleiterhersteller dazu veranlasst, Tesla als strategischen Kunden wahrzunehmen, schreiben die Experten.

Dass der Autobauer die Produktion seiner Fahrzeuge fast vollständig selbst übernimmt und zudem über eine eigene Batterieproduktion verfügt, hat dem Unternehmen im Vergleich mit Konkurrenten in der aktuellen Marktlage einen grossen Vorteil verschafft. So konnte Tesla seinem Geschäft nachgehen, ohne die Produktion stoppen zu müssen.

Branchenriesen unflexibel

Dass Tesla die Krise deutlich besser verkraften konnte als der Grossteil der Branchenvertreter dürfte aber auch an der Grösse des Unternehmens liegen. Im internationalen Vergleich ist der weltgrösste Elektroautobauer nach Gesamtverkaufszahlen nämlich ein kleines Licht. Auch die Zahl der Produktionsstätten ist übersichtlich: In Fremont in Kalifornien laufen Model S, Model 3 und Model Y vom Band, im Tilburger Werk in den Niederlanden wird gar nicht mehr produziert, hier findet lediglich die Endmontage statt. Im Werk in China werden der Model 3 und Model Y produziert, zudem stellt das Unternehmen in seiner Asien-Dependance auch Batteriezellen und Supercharger her. In der neuen Gigafactory in Grünheide nahe Berlin sollen der Model Y und später der Model 3 vom Band laufen, zudem will Tesla hier eine Batteriezellenproduktion aufbauen. Ob diese so gross werden wird wie im Stamm-Batteriewerk in Nevada, wo zudem der Semi-Truck gebaut werden soll, bleibt abzuwarten. Auch die Tesla-Fabrik in New York hat sich auf Supercharger konzentriert, zudem werden hier Teile für das Solardach-Geschäft hergestellt.

VW verfügt unterdessen über 120 Produktionsstandorte in 19 Ländern Europas und 19 Ländern Amerikas, Asiens und Afrikas. General Motors agiert ebenfalls global und ist eigenen Angaben zufolge mit Produktionsstätten auf sechs Kontinenten aktiv. Auch Ford agiert weltweit mit über 60 Fabriken.

Neben den eklatanten Unterschieden in der Zahl der Produktionsstätten ist auch die Modellpalette von Tesla verglichen mit der grosser Autobauer übersichtlich: Mit Model S, Model 3, Model X und Model Y hat das Unternehmen seine S.3.X.Y.-Reihe auf dem Markt, hinzu kommen der Semi-Truck sowie Roadster und Cybertruck, die sich allerdings noch nicht in Produktion befinden. Dem gegenüber stehen 50 verschiedene Modelle im Volkswagen-Konzern, GM verkauft allein mit seiner Marke Chevrolet 7 verschiedene Modelle, hinzu kommen Fahrzeuge der Marken Buick, Cadillac und GMC. Und auch der Ford-Konzern ist mit einer grossen Modellpalette unter anderem in den Segmenten PKW, SUV und Nutzfahrzeuge unterwegs.

Die schiere Grösse der Automobilriesen macht diese allerdings in der aktuellen Lage unflexibler, während der schlankere Ansatz von Tesla dafür sorgt, das Unternehmen wendiger zu halten. Die kleinere Lieferkette und die Möglichkeit, schnell und flexibel Anpassungen bei der Produktion der übersichtlichen Zahl an Fahrzeugmodellen vornehmen zu können, bringt dem Konzern von Elon Musk in der derzeitigen Branchenlage einen Vorteil.

Blick in die Zukunft

Dass dieser nicht von Dauer sein muss, hat allerdings auch Tesla erkannt. Im Rahmen der Drittquartalszahlen räumte das Unternehmen ein, dass das kreative Manövrieren im Hinblick auf die angespannte Lage im Lieferkettenbereich wohl nicht mehr so gut umsetzbar sein wird, wenn die Produktionszahlen steigen und damit auch mehr Halbleiter und Autoteile benötigt werden.

Hinzu kommt, dass sich die Situation im Halbleitermarkt 2022 entspannen dürfte und sich auch etablierte Autobauer wohl besser auf die aktuellen Branchenbedingungen einstellen werden. Bereits jetzt bemühen sich VW & Co. um den Aufbau einer eigenen Batterieproduktion, allein in Europa wollen die Wolfsburger mit 6 eigenen Batteriezellwerken an den Start gehen. Im Bereich Halbleiter soll man in Erwägung ziehen, die Dinge ebenfalls in die eigene Hand zu nehmen: "Der Volkswagen Konzern verfolgt momentan auch Überlegungen, in die Entwicklung eigener Chips einzusteigen", so ein VW-Konzernsprecher kürzlich gegenüber dem sächsischen Nachrichtenportal Oiger.

Der Vorsprung von Tesla könnte dann schrumpfen, während sich die Lage für VW & Co. wieder zunehmend entspannen dürfte. Hinzu kommt, dass Tesla aktuell mit eigenen Problemen in-house zu kämpfen hat. So musste das Unternehmen erst kürzlich Hunderttausende Fahrzeuge in den USA und China zurückrufen, wegen möglicherweise "sicherheitsgefährdender Mängel". Zudem bleibt Teslas Herzstück, das Autopilot-System, nach Unfällen im Fokus der US-Bundesbehörden.

Um seinen fundamentalen Vorsprung zu halten, muss Tesla auch diese Probleme in den Griff bekommen.

Redaktion finanzen.ch

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