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Börsenausblick 10.08.2015 14:00:00

«Ich erwarte eine Anpassung beim SMI»

Was erwartet Anleger diese Woche, wo bieten sich Chancen und wo Risiken? Jeden Montag gibt an dieser Stelle ein anderer Experte eine Einschätzung über die aktuelle Börsenwoche - heute Adrian Scherer, Anlagestratege beim Vermögensverwalter Limmat Wealth.


Welche Einflüsse der Vorwoche wirken an der Börse nach?
Adrian Scherer*: Die Verhandlungen um das dritte Rettungspaket für Griechenland scheinen auf gutem Weg zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Gespräche von Erfolg gekrönt sein werden, was den Märkten weiterhin einen positiven Grundtenor verleihen wird.

Welche Ereignisse werden die Woche prägen?
Die für Donnerstag erwarteten amerikanischen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung werden gewisse Rückschlüsse auf den Zustand des US-Arbeitsmarktes erlauben, welcher wiederum Einfluss auf den Zeitpunkt der ersten Erhöhung der US-Leitzinsen hat. Aufgrund der engen Verflechtung der Schweiz mit Deutschland, respektive der Euro-Zone, werden die Wachstumszahlen des Bruttoinlandproduktes für das zweite Quartal, welche am Freitag publiziert werden, mit Spannung erwartet.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Der SMI hat alleine im Juli über 7 Prozent zugelegt und notiert inzwischen nahe dem Allzeithoch aus dem Jahre 2007 von 9531 Punkten. Meines Erachtens unterschätzt der Markt den negativen Einfluss des starken Schweizerfrankens auf die Unternehmensgewinne. Ich erwarte eine entsprechende Anpassung und erachte den SMI kurzfristig als ausgereizt.

Welche Schweizer Unternehmen/Branchen stehen in nächster Zeit besonders im Fokus?
Am Donnerstag wird Nestlé die Halbjahreszahlen präsentieren. Von Interesse werden insbesondere das organische Wachstum und der Währungseinfluss sein. Die Analysten haben die Erwartungen reduziert, wodurch das Enttäuschungspotenzial gering ist. Am Freitag veröffentlicht Swiss Life Holding seinen Halbjahresabschluss. Es stellt sich unter anderem die Frage, wie Swiss Life mit den Herausforderungen des Tiefzinsumfeldes fertig wird. Hinweise auf eine mögliche Erhöhung der tiefen Dividendenausschüttungsquote in der Zukunft würden den Titel beflügeln.

Ihr Ratschlag für Anleger - wo bieten sich Chancen?
Der starke Anstieg der Öl- und Gasförderung der letzten Jahre wird anhalten: Saudi Arabien wird die Rolle des "Swing Producers" nicht mehr wahrnehmen und mit dem Ende der Sanktionen wird Iran seine Förderung und die Ölexporte erhöhen. Ich erwarte daher in den kommenden Jahren verhältnismässig tiefe Energiepreise, was die Konsumenten begünstigt. Konsumgüter- und insbesondere Luxusgüteraktien wie Richemont und Swatch werden hiervon marginal profitieren. Gleichzeitig werden Branchen mit einem hohen Energiekostenanteil, wie zum Beispiel Airlines, entlastet.

Wo sehen Sie Risiken?
Beängstigend wäre das folgende Szenario: Es tritt eine Normalisierung der realen (inflationsbereinigten) Zinsen ein, das heisst die Zinsen steigen - hierdurch resultieren Verluste auf Obligationenbestände. Gleichzeitig geraten die Unternehmensgewinne aufgrund gestiegener Finanzierungskosten unter Druck und die Bewertungen der Aktienmärkte fallen wegen des gestiegenen Diskontfaktors. Bei diesem Szenario würde die tiefe, respektive negative Korrelation zwischen Aktien und Obligationen hinfällig und es wären gleichzeitig auf Obligationen und Aktien Verluste zu verzeichnen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit für dieses Szenario schätze ich momentan auf 20 Prozent ein.

Wie schätzen Sie die Entwicklung an der Schweizer Börse über die nächsten 12 Monate ein?
Der aktuelle Börsenzyklus ist inzwischen in seinem siebten Jahr angekommen und es hat eine starke Bewertungsexpansion stattgefunden. Die Attraktivität der Aktien basiert primär auf dem Fehlen interessanter Anlagealternativen. Mit dem Eintreten der USA in einen neuen Zinserhöhungszyklus gegen Ende 2015 steigt die Chance, dass Anleger innert einiger Monate valable Alternativen in Form von Obligationen mit interessanter Rendite kriegen. Ich sehe über die kommenden 12 Monate ein Kurspotenzial im tiefen einstelligen Bereich.

*Adrian Scherer, CFA ist Anlagestratege des unabhängigen Vermögensverwalters Limmat Wealth in Zürich.

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