"Geringe Handelsrange" |
07.05.2022 22:33:00
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Investmentstratege warnt vor schwierigen Zeiten - Wie Anleger dennoch gewinnen können
Robert Doll verfügt über 40 Jahre Investmenterfahrung und hatte bereits viele hohe Positionen inne. Für die kommenden Monate rechnet er jedoch mit einer engen Handelsspanne. Eine gezielte Aktienauswahl könnte sich für Anleger mehr denn je auszahlen - zwölf Aktien aus verschiedenen Bereichen hält er dabei für besonders vielversprechend.
• Restriktive Geldpolitik der Fed könnte 2023 für US-Rezession sorgen
• Doll empfiehlt besonders Finanzwerte, Energieaktien sowie Microsoft und Apple
Doll war bereits Investmentmanager bei prestigeträchtigen Unternehmen wie Merril Lynch oder BlackRock. Im vergangenen Jahr nahm der gefragte US-Amerikaner aus seiner Pension heraus eine neue Stellung bei Crossmark Global Investments an. Für dieses Unternehmen beleuchtet er die wichtigsten Themen am Aktienmarkt und gibt vielbeachtete Prognosen über weitere Börsenentwicklungen ab.
Doll: Höchste Inflationsraten liegen wohl hinter uns
Doll geht fest davon aus, dass die Inflation in den kommenden Wochen ihren Höhepunkt erreichen wird beziehungsweise im April bereits erreicht hat. Für Ende 2022 rechnet der Investmentstratege mit einer Inflationsrate von 4 Prozent. Zwar würden Lieferengpässe schrittweise abnehmen, jedoch würde sich die Inflation weiterhin über dem anvisierten Ziel von 2 Prozent per annum bewegen. Die Löhne werden um 6 Prozent steigen, die Produktivität um 2 Prozent - heraus käme eine Inflation von 4 Prozent. Aus diesem Grund werde die amerikanische Notenbank Fed über die kommenden Monate hindurch die Leitzinsen stetig erhöhen.
Doll sieht die Wahrscheinlichkeit einer Rezession 2023 bei 50 Prozent
Eine solch restriktive Geldpolitik der Fed könne wiederum den derzeit gesunden Zustand der US-Wirtschaft erheblich verschlechtern. So schätzt Doll die Wahrscheinlichkeit einer Rezession für Ende 2023 bei 50 Prozent ein. In diesem Jahr werde die Wirtschaft in den USA hingegen weiter wachsen. Die Zinsen seien - unter Berücksichtigung der Inflationsrate - weiterhin im negativen Bereich, was stimulierend für die Wirtschaft wirke. Ebenfalls hätten Konsumenten noch 2,5 Billionen US-Dollar überschüssige Barmittel, die sie während der Corona-Pandemie akkumuliert hätten und in naher Zukunft ausgeben werden. Doch diese beiden positiven Faktoren würden 2023 auslaufen - und dann könnte ein Bärenmarkt 2023 die Folge sein.
"Tauziehen zwischen Bullen und Bären"
Für 2022 ist Doll aber deutlich weniger pessimistisch. Vielmehr rechnet er für Ende 2022 mit einem S&P 500-Schlussstand von 4'550 Punkten, was einem Gewinn von 5,8 Prozent im Vergleich zum derzeitigen Stand von 4'300,17 Zählern (Schlusskurs vom 4. Mai 2022) darstellt. Der breite amerikanische Index habe mit knapp 4'800 Punkten Anfang Januar und mit etwas weniger als 4.200 Punkten im März bereits seine diesjährigen Extrema gesehen, prognostiziert Doll. Angesichts der insgesamt erfreulich verlaufenden US-Berichtssaison betont er: "Bei einem Niveau des S&P 500 knapp über 2.200 würde ich kaufen", zitiert "MarketWatch" den Börsenveteranen.
Doch insgesamt sieht Doll für den Rest des Jahres eine "trendlose" Entwicklung. Es gebe ein ausgeprägtes "Tauziehen zwischen Bullen und Bären". Erstere heben die guten Unternehmenszahlen und die geringe US-Arbeitslosigkeit hervor, während sich letztere auf die problematischen makroökonomischen Faktoren wie Inflation, Leitzinserhöhung und geopolitische Risiken konzentrieren. Nur durch eine gezielte Aktienauswahl könnten Anleger dennoch mit einem ordentlichen Gewinn das Jahr beenden. Welche Aktien empfiehlt Doll hierbei?
Energieunternehmen: Trotz starker Performance weiterhin chancenreich
Generell empfiehlt Doll weiterhin Value-Aktien. Zwar seien diese in den vergangenen Monaten bereits deutlich besser gelaufen als Growth-Titel. Aber der Investmentstratege ist der Meinung, es sei "nur etwa die Hälfte des Value-Vorteils über den Growth-Sektor ausgereizt".
Zu den klassischen Value-Aktien zählen die üblicherweise gering bewerteten Ölunternehmen. Diese performten in diesem Jahr bereits sehr gut - doch Doll sieht mittel- bis langfristig noch weiteres Kurspotenzial. Er selbst werde aber zunächst eine Beruhigung der Energieunternehmen-Rally abwarten. Seine Lieblingsunternehmen in dieser Branche: Marathon Petroleum und ConocoPhilips.
Finanzwerte: Unter ihrem langjährigen Bewertungsniveau
Weitere günstig bewertete Value-Titel befänden sich im Finanzsektor. Die Finanztitel hätten ein niedriges zweistelliges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), während das KGV des Gesamtmarkts "in den hohen Zehnern" läge. Daraus folgert Doll, dass Finanzaktien nur zu zwei Drittel so hoch wie der breite Markt bewertet sind, wohingegen dieses Verhältnis im historischen Vergleich bei 80 bis 90 Prozent liege. Neben der geringen Bewertung sprechen auch die zunehmenden Zinsen für die Finanzbranche.
Besonders attraktiv findet Doll die Grossbank Bank of America, die Zahlungsdienstleister Visa und MasterCard, sowie die Versicherungsunternehmen MetLife und Aflac.
Technologiesektor: Differenzierung essentiell
Innerhalb des Technologiesektors unterscheidet Doll zwischen drei Unternehmenstypen. Zunächst gibt es die vergleichsweise gering bewerteten Tech-Unternehmen, die ihre Gewinne schon heute erzielen, jedoch geringer wachsen. Diese litten nicht sonderlich unter hohen Zinsen. Dolls Favoriten unter dieser Gruppe: Intel, Applied Materials und Cisco.
Unter der zweiten Gruppe fasst Doll die bereits äusserst profitablen, aber weiterhin wachsenden Mega-Cap-Techtitel zusammen. In dieser Gruppe bevorzugt Doll die Giganten Apple und Microsoft, von Investments in Amazon, Netflix und Meta rät er dagegen ab.
Die dritte Gruppe besteht nach Dolls Definition aus bislang meist unprofitablen Unternehmen, die für die kommenden Jahre hohes Wachstum versprechen. Viele von diesen Titeln wie zuletzt Teladoc Health oder hierzulande Delivery Hero wurden bereits heftig abverkauft. Trotz der gesunkenen Preise dieser Unternehmensklasse empfiehlt Doll keinen Einstieg. Diese Aktien litten besonders stark unter dem Umfeld steigender Zinsen.
Redaktion finanzen.ch
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