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Euro am Sonntag-Aktien-Tipps 24.02.2018 21:32:00

Luxusmode: Warum nicht mal rotzfrech und potthässlich?

Luxusmode: Warum nicht mal rotzfrech und potthässlich?

Gediegene Eleganz und Glamour waren gestern. Wer bei kaufkräftigen Kunden ankommen will, muss neue Wege gehen. Und vor allem Mut beweisen.

Moncler
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von Andreas Pilmes, Euro am Sonntag

Es gilt als Ritterschlag: Am 20. ­Februar eröffnete erstmals die Schau des Labels Moncler die Mailänder Modewoche, eine der wichtigsten Veranstaltungen der Branche. Damit steigt das italienische Unternehmen, weithin eher für Daunenjacken bekannt, auf in den Olymp der Damenoberbekleidung, auf ein Level mit Edelmarken wie Armani, Versace oder Prada. Das ist nicht schlecht für eine Firma, die 1952 mit der Herstellung von Zelten, Schlafsäcken und Anoraks für Bergsteiger begann. Reichlich mysteriös wurde angekündigt, in Mailand das "Moncler Genius Building" zu enthüllen, "das symbolische und konkrete Herzstück der neuen Markenvision".

Was damit gemeint ist? Längst werfen die Italiener nicht nur wattierte Jacken zu Spitzenpreisen auf den Markt, sondern auch Sommerkleider, Sakkos, Taschen, Brillen und sogar Umhänge für den verwöhnten Hund. Ende vergangenen Jahres hat Moncler seine beiden Luxuskollektionen für Damen und Herren eingestellt und ersetzt diese nun durch eine neue Linie. Der Rest ist natürlich noch top secret. Fakt ist: Das Unternehmen hat sich im lukrativen Markt für High Fashion etabliert. Auf der Liste der 2017 angesagtesten Labels weltweit, die die Mode-Suchmaschine Lyst erstellt, belegt die Firma den siebten Platz.

Bestens gekleidet waren Aktionäre mit Moncler seit dem Börsengang im ­Oktober 2013. Gleich zum Debüt gab es 40 Prozent Kursplus, Vorstandschef und Mehrheitseigner Remo Ruffini wurde zum Milliardär. Seither sind er und die Anteilseigner Schritt für Schritt reicher geworden. Moncler gilt mittlerweile als eine der verlässlichsten Aktien in der mitunter schon mal schnell drehenden Modebranche. Binnen drei Jahren hat sich ihr Kurs verdoppelt.

Wie schnell sich die Dinge ändern können, mussten dagegen die Aktionäre von Burberry erfahren. Zwischen 2006 und 2014 hatte Chefin Angela Ahrendts die seinerzeit angestaubte Edelmarke mit dem typischen Karomuster zur ­Fashion-Ikone gemacht, ohne dabei den Massenmarkt aus den Augen zu verlieren. Als sie dann zu Apple wechselte, ging es auch mit den Briten wieder ­bergab. Nun ist die Firma erneut in der Änderungsschneiderei, das Sortiment schrumpft, 20 Millionen Pfund sollen eingespart werden. Ein großes Aktien- Rückkaufprogramm konnte den Kurs­verfall bislang nicht stoppen. Der Turn­around könnte jedoch anstehen. Kreativchef Christopher Bailey nimmt im März seinen Hut.

Dass also Burberry nicht zu den an­gesagtesten Marken 2017 zählte, mag nicht weiter verwundern. Erstaunlicher ist, dass Ikonen wie Prada, Armani, Chanel oder Dior dort ebenso wenig vorkommen. Ein anderes Label aus der Liga der ganz Großen führt die Hitliste an: Gucci. Bei Lyst wurde die Marke 2017 sogar öfter gesucht als Oberbegriffe wie "shoes" oder "dresses". Auf Platz 2 folgt Balenciaga. Beide gehören zum Luxusriesen Kering. Was sie zudem eint, erklärt das führende Fachblatt "Vogue": "Sie konnten den Hype um sie in Abverkäufe verwandeln, was sich auch in der Liste der meistverkauften Produkte 2017 bemerkbar macht, deren Top 5 von Gucci und Balenciaga dominiert wird."

Unberechenbare Kundschaft

Offenbar haben die Macher der beiden Marken den Nerv der neuen Kundschaft für Luxusprodukte wie Designermode getroffen. Kamen laut einer Studie der Unternehmensberatung Bain & Company 2016 noch 73 Prozent des Luxusumsatzes von älteren Semestern, so wird 2025 fast die Hälfte der Kunden zur Generation der Millennials gehören, den zwischen 1981 und 2000 Geborenen. Und die legen womöglich eher Wert auf das neueste Smartphone oder den Yoga-Urlaub als auf klassische Luxusgüter. Heißt: Die Kundschaft wird immer unberechenbarer, dafür aber steigt die Zahl der Käufer - vor allem dank kaufkräftiger Chinesen. 2017 zog deren Nachfrage nicht zuletzt wegen Steuererleichterungen auf Luxusartikel um 20 Prozent an.

Die Kaufkraft der Generation Y (wie die Millennials in Soziologen-Sprech heißen), aktuell insgesamt 2,45 Billionen Dollar, wird sich bis 2025 verdreifachen, erklärt Nathalie Remy von der Unternehmensberatung McKinsey. Um an das Geld zu kommen, gehen auch Edelmarken mittlerweile virtuelle Wege. Ohne Webshop geht gar nichts mehr, und auch nicht ohne Social Media, dem Marketingkanal der Millennials, so Remy.

Manche ergraute Luxusmarke sucht ihr Heil zudem in Kooperationen mit ­angesagten Jugendlabels. Louis Vuitton aus dem LVMH-Konzern etwa tat sich mit dem New Yorker Skater-Label ­Supreme zusammen. Gucci dagegen reagiert mit eigener Unberechenbarkeit. Kreativchef Alessandro Michele entwirft witzig und vor allem auffällig: ­Mitunter erinnern seine Pullover oder T-Shirts an Kinderkleidung. Seit er vor zwei Jahren das Ruder übernommen hat, ist der Anteil der Millennials unter den Gucci-Kunden auf mehr als 50 Prozent gestiegen, ein Zuwachs von 40 Prozent. Und der Umsatz wuchs im dritten Quartal um 49 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Gucci-Chef Marco Bizzarri steht zwar im Visier der italienischen Steuerfahndung, seinen Laden hat er aber im Griff. Entscheidungen des Managements müssen einen von ihm installierten Millennial-Rat aus unter 30-Jährigen passieren. Beispielsweise, so Bizzarri, kritisierte der Rat, dass beim Zuschnitt von Gucci-Taschen zu viel Leder verschwendet werde. Also änderte man das Verfahren - und spart nun auch noch Geld.

Glamour und gediegene Eleganz jedenfalls waren einmal Kennzeichen für Luxusmode. Heute kommt es darauf an aufzufallen, mutig und vor allem anders zu sein, um die jüngeren Kunden zu gewinnen. Ehrfurcht vor der Tradition ist nicht angesagt. Das zeigt auch die Nummer 2 der Lyst-Liste, Balenciaga. Der 650 Euro teure Schuh Triple-S - entworfen von Kreativchef Demna Gvasalia, einem Georgier mit deutschem Pass - sieht laut "Süddeutscher Zeitung" aus, "als sei man mit einem potthässlichen Turnschuh in einen zweiten potthäss­lichen Turnschuh reingetreten, und dann noch mal in einen dritten". So ­gesehen, ist bei der Mailänder Mode­woche mit allerlei Absonderlichkeiten zu rechnen.

Investor-Info

Moncler
Der Aufsteiger

Sechs Tage nach der Mailänder Show, am 26. Februar, gibt Moncler die Ergebnisse für 2017 bekannt und lädt gleich darauf zum Kapitalmarkttag. Die Erwartungen sind groß: Mit 14 Prozent Umsatzplus auf fast 1,2 Milliarden Euro, 34 Prozent Zuwachs beim Ebitda und 20 Prozent beim Ergebnis rechnen die Analysten im Schnitt. Im allgemeinen Absturz zuletzt zeigte die Aktie Steherqualitäten. Nicht mehr billig, aber für Langfristanleger durchaus einen Blick wert.

Kering
Der Absahner

Die starke Nachfrage nach Gucci und der ­Luxusboom in China füllen Kerings Kasse. Im Schlussquartal 2017 schoss der Umsatz des zweitgrößten Luxuskonzerns um mehr als ein Viertel auf 4,26 Milliarden Euro in die Höhe. Im Gesamtjahr stieg das operative Ergebnis um 56 Prozent. Die Marktkorrektur hat die zuvor hohe Bewertung der Aktie relativiert.

LVMH
Der Ausdauernde

Bulgari, Givenchy, Dior, Fendi - das sind nur einige der rund 60 Prestigemarken des weltweit führenden Luxusunternehmens. LVMH ist aufgrund seiner breiten Aufstellung ein Basisinvestment in die Branche. Diese pro­fitiert derzeit vor allem von der wieder erstarkten Kaufkraft der Chinesen. Der Kursrücksetzer um gut sechs Prozent zuletzt ist eine Chance. Zudem wirft die Aktie knapp zwei Prozent Dividendenrendite ab.






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Bildquelle: Brunel Johnson/Unsplash,Kris Atomic/Unsplash

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