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Pilotprojekt 06.04.2022 21:16:00

Für mehr Transparenz im Goldhandel: Schweizer Startup digitalisiert Goldindustrie mittels Blockchain-Technologie

Für mehr Transparenz im Goldhandel: Schweizer Startup digitalisiert Goldindustrie mittels Blockchain-Technologie

Auch wenn Gold unter Anlegern nach wie vor beliebt ist, bringt eine Investition in das gelbe Edelmetall doch einige Unsicherheiten mit sich. Ein häufiger Kritikpunkt ist etwa, dass nicht nachvollziehbar ist woher das Gold eigentlich stammt und unter welchen Bedingungen es abgebaut und verarbeitet wurde. Ein Schweizer Startup will hier nun Abhilfe schaffen.

• Gold mit Transparenz-Problem
• World Gold Council startet Pilotprojekt
• Nachvollziehbarer Transaktionsverlauf

Mangelnde Transparenz im Goldhandel

Besonders in Zeiten von grosser Unsicherheit, wie aktuell etwa der Corona-Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine, greifen viele Anleger zu Gold. Das Edelmetall hat nach wie vor den Status eines sicheren Hafens und Inflationsschutzes inne. Trotz seiner Beliebtheit in Krisenzeiten hat Gold einen entscheidenden Nachteil: mangelnde Transparenz. Wie die "Neue Zürcher Zeitung" schreibt, ist es kaum nachprüfbar, woher eingeschmolzenes Gold stammt. Besonders im Hinblick auf Geldwäsche, Kinderarbeit und Umweltverschmutzung wird die Branche für die mangelnde Nachverfolgbarkeit immer wieder kritisiert. Besondere Brisanz erhielt das Thema mit jüngsten Sanktionen gegen Russland. Die russische Zentralbank sitzt auf riesigen Goldreserven von über 2'300 Tonnen, wie "Capital" berichtet.

Bundesverwaltungsgericht entscheidet für Schweizer Goldraffinerien

Einen besonderen Stellenwert hat der Handel mit dem gelben Metall in der Schweiz. Wie auf einen Bericht der Nachrichtenagentur "awp" zurückgeht, werden zwei Drittel aller weltweiten Goldmengen in der Eidgenossenschaft raffiniert und verarbeitet. Aber auch hierzulande ist nicht immer klar, woher das Gold eigentlich stammt. Ende März urteilte das Bundesverwaltungsgericht der Agentur zufolge, dass die vier Schweizer Raffinerien die Herkunft des Goldes nicht offenlegen müssen. Zuvor verlangte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) von der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) unter Berufung auf das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung, die Goldlieferanten zwischen 2014 und 2017 offenzulegen. Nicht nur bestehe ein öffentliches Interesse an den Informationen, auch benötige die Gesellschaft die Daten für das Erstellen eigener Berichte. Nachdem die EZV der GfbV zuerst die Offenlegung der Daten verweigerte, führte ein Schlichtungsverfahren unter dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (Edöb) allerdings zur Veröffentlichung der Informationen. Dies passte den Raffinerien wiederum nicht. Zustimmung erhielten die Goldhersteller nun schliesslich vom Bundesverwaltungsgericht. So seien die Daten der Privatsphäre der Unternehmen zuzuordnen und fallen unter das Steuergeheimnis.

Mehrere Projekte zur Einführung von Gold-Standards im Aufbau

Für mehr Transparenz im Goldhandel kämpft daher derzeit die gemeinnützige Organisation Swiss Better Gold, die sich als "bahnbrechendes Netzwerk von Industrie, Finanzdienstleistern und anderen Dienstleistern, die die Schaffung verantwortungsvoller Wertschöpfungsketten für Gold von der Mine bis zum Markt unterstützen" bezeichnet. So umfasse die Vereinigung einige wichtige Branchenakteure, die gemeinsam die Arbeitsbedingungen im Goldabbau verbessern und nachhaltige Lieferketten etablieren wollen, wie es auf der Website des Projekts heisst. "Die Initiative unterhält auch einen Dialog mit den Regierungen der Förderländer über die Formalisierung des ASGM-Sektors und die Anforderungen des Schweizer Marktes", heisst es weiter von der Organisation, die 2013 gemeinsam mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ins Leben gerufen wurde.

Auch der Neuenburger Edelmetallverarbeiter Metalor Technologies startete im vergangenen Jahr ein Projekt mit der Universität Lausanne, im Zuge dessen man einen "geoforensischen Pass" entwickelte, wie das Marktportal "finnews.ch" berichtet. Damit soll klar nachvollziehbar sein, aus welchen Minen das Gold stammt, das die Raffinerien weiterverarbeiten.

World Gold Council und London Bullion Market Association starten Pilotprojekt

Einen weiteren Ansatz zur Lösung des Transparenzproblems im Holdhandel entwickeln derzeit der World Gold Council (WGC) und die London Bullion Market Association (LBMA). Das Goldbarrenintegritätsprogramm soll, wie es in einer Ankündigung beider Akteure heisst, ein System etablieren, das die Integrität von Goldbarren, Verwahrketten und Herkunft garantiert - und das mittels Blockchain-Technologie. Damit sollen Verbraucher, Anleger und Händler die Gewissheit haben, dass es sich bei den jeweiligen Beständen um echtes Gold handelt, das ausserdem im Einklang mit der Umwelt und guten Arbeitsbedingungen hergestellt oder beschafft wurde. "Die heute angekündigte Initiative unterstreicht das Vertrauen, das alle Marktteilnehmer in die Integrität und Verantwortlichkeit des Goldes, mit dem sie handeln, und des Goldes, das sie kaufen, haben können", wird Ruth Crowell, Vorstandsvorsitzende der LBMA, in der Mitteilung zitiert. "Dies ist ein grosser Fortschritt bei der Förderung der Transparenz zum Wohle der Goldindustrie." Und auch David Tait, Chief Executive Officer des World Gold Council, zeigte sich über die Zusammenarbeit erfreut: "Dieses transformative Projekt ist der erste Schritt in Richtung einer besser ausgerichteten Goldindustrie, in der wir zusammenarbeiten, um einen zugänglicheren und transparenteren Markt zu gewährleisten. Verbraucher und Investoren wollen wissen, dass ihr Gold verantwortungsvoll und nachhaltig produziert wurde, und die Rückverfolgung der Herkunft von Goldbarren wird dazu beitragen, die höchsten Standards in der gesamten Lieferkette durchzusetzen."

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Schweizer Startup aXedras an Projekt beteiligt

In einer ersten Projektphase arbeiten die beiden Branchengrössen mit den Distributed-Ledger-Unternehmen aXedras und Peer Ledger zusammen, um ein System zu demonstrieren, das alle Stationen eines Goldbarrens aufzeigt - von der Herstellung in der Mine, über die Einlagerung im Tresor bis hin zum Endverbraucher. So sollen Goldbarren registriert und ihr vollständiger Transaktionsverlauf erfasst werden. Auch wenn es sich dabei noch um eine Pilotphase handelt, soll die Technologie doch im Optimalfall von allen wichtigen Akteuren der Goldbranche übernommen werden, wie es in der Pressemitteilung heisst. "Dadurch wird die globale Lieferkette von Goldbarren effektiv digitalisiert."

Bullion Integrity Ledger verwahrt Daten transparent

Mit aXedras hat eines der beiden Unternehmen, mit denen WGC und LBMA kooperieren, seinen Sitz in Zug. Der Schweizer IT-Lösungsanbieter hat es sich eigenen Angaben zufolge zum Ziel gesetzt, der Edelmetallindustrie zur Digitalisierung zu verhelfen. Ermöglicht werden soll dies durch den sogenannten Bullion Integrity Ledger, der Daten transparent verwahren soll. "Es handelt sich um ein mitgliederbasiertes Netzwerk für die Peer-to-Peer-Interaktion zwischen den Beteiligten, wodurch vertrauenswürdige und unveränderliche Daten gewährleistet werden", so aXedras. "Die Integrität des Produkts wird von Lieferanten, Raffinierern, Transporteuren, Tresoren, Banken, Uhren- und Juwelierherstellern bis hin zum Endverbraucher garantiert." Im vergangenen Jahr erhielt das Unternehmen bereits Unterstützung durch Microsofts Schweizer Startup-Programm.

Laut der NZZ sind bereits 25 Teilnehmer aus dem Goldgeschäft im aXedras-Pilotprojekt involviert, darunter die Schweizer Raffinerien Argor-Heraeus, Valcambi und Metalor. Mitbewerber MKS Pamp hingegen soll sich für das System des kanadischen Unternehmens Peer Ledger entschieden haben.

Zahlreiche "Insellösungen" im Goldhandel

"Wir sind stolz darauf, diesen Meilenstein erreicht zu haben", so aXedras-CEO Urs Röösli im Rahmen einer Pressemitteilung. "Mit der Unterstützung dieser beiden renommierten Organisationen wird die digitale Transformation der Edelmetallindustrie rasche Fortschritte machen. aXedras hat die Bullion Integrity Ledger™-Lösung über Jahre hinweg entwickelt und freut sich darauf, das aXedras™-Ökosystem von vertrauenswürdigen Geschäftspartnern zu erweitern, um die gesamte Wertschöpfungskette von Gold und Edelmetallen zu bedienen." Wie Röösli gegenüber der NZZ erklärte, sei eines der Hauptprobleme im Goldhandel, dass es sehr viele unterschiedliche "Insellösungen" gebe, die untereinander nicht kompatibel seien. Darüber hinaus werde aufgrund von hohen Sicherheitsstandards nach wie vor viel mit Papierdokumenten gearbeitet, die einen schnellen und unkomplizierten Zugriff auf Daten verhindern.

Fälschungssicheres Zertifikat begleitet gesamten Prozess

Mit dem System von aXedras können Daten laut dem CEO allerdings digital gespeichert werden, was eine höhere Effizienz zur Folge habe, da die Informationen problemlos weitergegeben werden können. Dabei behalten die involvierten Unternehmen die Kontrolle über ihre Daten, weil kein zentrales Register vorliege. Stattdessen erhält jeder Goldbarren von Beginn an ein fälschungssicheres Zertifikat, was den gesamten Prozess transparenter und vertrauenswürdiger mache. Jedes physische Goldprodukt erhält gleichzeitig ein digitales Äquivalent. Zwar bestehe Röösli zufolge nach wie vor das Grundproblem, dass die Herkunft eines einzelnen Moleküls nicht nachvollzogen werden könne, wenn Gold eingeschmolzen wird, dennoch lasse sich früher feststellen, woher das Gold für Barren eigentlich herkommt. Bereits jetzt verwenden NZZ zufolge einige Raffinerien nur sortenreines Gold aus jeweils einer Mine, was mit eigenen Zertifikaten belegt wird. Die Plattform könnte also als Grundlage für diese verschiedenen Nachweise gelten.

Sollte das Integritätsprogramm nach der Pilotphase tatsächlich verbreitet Anwendung finden und sich im Goldhandel etablieren, seien darüber hinaus ähnliche Systeme für Edelmetalle wie Silber, Platin oder Palladium denkbar.

Redaktion finanzen.ch

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