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Krypto-Flucht 28.03.2022 23:54:00

Russland als Eldorado für Krypto-Geldwäsche: Ruf nach Sanktionen

Russland als Eldorado für Krypto-Geldwäsche: Ruf nach Sanktionen

Moskau gilt als Eldorado für Krypto-Geldwäsche, die kriminellen Geschäfte der Kryptowährungsfirmen werden von den russischen Behörden offen geduldet. Seit dem Ukraine-Krieg gewinnen diese Aktivitäten nochmals an Brisanz, da russische Oligarchen mithilfe von Krypto-Geld die Sanktionen umgehen könnten. Doch neue Verbote könnten die Krypto-Flucht unterbinden.

• Russische Millionäre wollen ihr Vermögen mittels Bitcoin und Co. verschleiern
• Rückverfolgung und Blockierung der Krypto-Transaktionen ist rein technisch möglich
• Lob und Kritik für Vorschläge der Krypto-Sanktionen gegen Russland

Der Federation Tower in Moskau ist Cyberkriminellen aus der ganzen Welt ein Begriff. Der Moskauer Wolkenkratzer ist ein wahres Eldorado für Verbrecher jeglicher Provenienz, da russische Kryptowährungsfirmen dort hohe Vermögen ohne offizielle Identifizierung "umschlagen". Die Krypto-Kriminalität wird von den russischen Behörden offen geduldet, wenn nicht gar gefördert. Bitcoin, Ethereum und Co. stellen dabei die Brücke zwischen dem unregulierten Finanzsystem, das von vielen kriminellen Aktivitäten gekennzeichnet ist, zum international regulierten Dollar-Finanzsystem dar. Für viele millionenschwere Russen, die von den westlichen Sanktionen nach Putins Invasion stark betroffen sind, kann dies das ersehnte Schlupfloch darstellen, um ihr Vermögen zu schützen. Auch Ipek Ozkardeskaya, Analystin bei der Swissquote Bank, gibt in der Tagesschau zu Bedenken: "Bitcoin könnte ein möglicher sicherer Hafen für russische Oligarchen sein, um Sanktionen zu vermeiden, da es im Bitcoin-Netzwerk und bei Kryptowährungsgeschäften keinen Zensor gibt".

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Rückverfolgung der Krypto-Transkationen rein technisch möglich

Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass der Erwerb jeglicher Kryptowährungen stets anonym erfolge. Vielmehr lassen auch kleinere Krypto-Börsen nur identifizierte Nutzer zu. "Je grösser die Beträge werden, desto weniger möglich sind anonyme Transaktionen. Das ist ein gewünschtes Ergebnis der Regulierung der letzten Jahre", sagt Philipp Sandner, Leiter des Blockchain-Centers an der Frankfurt School of Finance, gegenüber der Tagesschau. Rein technisch sei eine Kontrolle der grösseren Transaktionen also möglich, aber die Bürokratie verhindere bislang die Durchsetzung. Aufgrund der Dezentralität von Kryptowährungen können staatliche Institutionen den Zahlungsverkehr bislang kaum überwachen, geschweige denn blockieren - selbst wenn die Identität der Nutzer bekannt sein sollte. Aus diesem Grund ist die hohe Kriminalitätsrate auch einer der Hauptkritikpunkte gegen Kryptowährungen.

Kryptowährungen als weitverbreitetes Geldwäschemedium

So benutzen Drogenkartelle insbesondere aus Mexiko und Kolumbien die Dezentralität der Krypto-Welt, um illegal erworbene Vermögen zu verschleiern. Wie der jüngste Bericht des Internationalen Suchtstoffkontrollrat ICNB (International Narcotics Control Board) aufzeigte, nimmt die Blockchain schon seit mehreren Jahren gegenüber Geldwäschemedien wie Kasinos oder Freihandelszonen an Bedeutung zu. Zwar gibt es mehrere Unternehmen wie allen voran Chainanalysis, die sich auf die Rückverfolgung der Blockchain-Transaktionen spezialisiert haben, aber besonders kleinere Transaktionen können mittels verschiedener Dienste verschleiert werden. In den USA unterliegen Transaktionen unter 2'830 US-Dollar nicht der Meldepflicht, sodass Kriminelle ihre Geschäfte in viele kleine Tranchen zerstückeln. Laut dem Chainanalysis Cyber Crime Report 2022 haben Kriminelle auf der Blockchain 2021 rund 14 Milliarden US-Dollar erbeutet und 8,6 Milliarden US-Dollar "rein" gewaschen. Diese Zahlen beziehen sich aber lediglich auch die nachverfolgbare Cyberkriminalität, somit dürfte die Dunkelziffer erheblich höher ausfallen. Ein grosser Teil davon ist in Russland abgewickelt worden.

Moskau: Eldorado für Krypto-Geldwäsche

Russland gilt schon lange als einer der Hauptländer für Krypto-Geldwäsche. Michal Gronager, Chef der Datenplattform Chainanalysis, bezeichnet im Manager Magazin Russland gar als "Lieblingsland der Krypto-Kriminellen". Durch den Kauf von Kryptowährungen können vermögende Russen ihr Vermögen in Millionenhöhe vor dem Einfrieren retten. Auch der russische Staat könnte grosse Mengen an bislang Krypto-Coins halten. Bezüglich der Abwicklung dieser illegalen Geschäfte scheint besonders der Federation Tower (russisch: Federazija), mit 374 Metern Höhe ein markanter Wolkenkratzer in Russlands Hauptstadt, herauszuragen. Informationen von Chainanalysis zufolge sitzen im Federation Tower Dutzende von Firmen, die - von den russischen Behörden ungehindert - umfangreiche Krypto-Geldwäsche betreiben.

Sanktionen gegen russische Krypto-Geschäfte schwer umzusetzen

Einige Politiker fordern die Krypto-Börsen dazu auf, jegliche russische IP-Adressen vom Krypto-Zahlungsverkehr auszuschliessen. Beispielsweise stellte die US-Senatorin Elizabeth Warren vor Kurzem einen Gesetzesentwurf vor. Sie wolle damit dagegen vorgehen, dass "Putin und seine Kumpanen" die "historischen Wirtschaftssanktionen" mithilfe der Bewegung und Lagerung von Kryptowährungen umgehen können, twitterte Warren. Die von ihr vorgeschlagene Regelung würde das US-Finanzministerium verpflichten, wirksame Technologien zu entwickeln, mit denen digitale Coins verfolgt werden können. Zudem sollen Unternehmen gezwungen werden, verdächtige Transaktionen mit ausländischen Ländern zu melden, wie Blockchainwelt berichtet. Jegliche Krypto-Geschäfte mit russischen Akteuren würden damit unter Strafe gestellt, die vermittelnden Börsen würden ebenfalls bestraft werden.

Der Gesetzesentwurf der Demokratin sorgt aber auch für Kritik, so hält die kryptofreundliche Lobbyvereinigung Coin Center diesen für verfassungswidrig. Generell stellen sich viele Krypto-Enthusiasten gegen eine Überwachung oder gar Blockierung von den Krypto-Finanzströmen, da sie dadurch die charakteristische Dezentralität von Bitcoin und Co. torpediert sehen. Gronager schlägt dagegen vor, die Überweisung von US-Dollar nach Russland grundsätzlich zu verbieten, was die Ursache der Krypto-Kriminalität im Keim ersticken lassen könnte: "Solange die Dollars fliessen können, funktioniert dieses Krypto-System. Wenn keine Dollars fliessen können, dann helfen Kryptowährungen auch nicht", so Gronager.

Unklare Informationslage

Die Krypto-Geldwäsche ist von Natur aus unklar, intransparent und schwer nachzuverfolgen. Während des Ukraine-Krieges gilt dies im besonderem Masse, da russische Investoren nach den Ausschluss Russlands aus dem Banken-Kommunikationsnetz SWIFT versuchen, ihre Auslandsvermögen mittels diverser Strategien zu verschleiern und womöglich nach Russland zu transferieren. So gibt es bislang auch kaum verlässliche Information über den Krypto-Verkehr in Russland. Jonathan Levin, der Mitgründer von Chainanalysis, betonte, er habe bislang "keinen Beweis dafür gesehen, dass Russland oder Putin systematisch Kryptowährungen nutzen, um Sanktionen zu umgehen." Deshalb besitzt jede Aussage darüber spekulativen Charakter.

Eins steht aber fest: Kryptowährungen haben längst eine globalwirtschaftliche und somit auch hohe geopolitische Bedeutung erreicht und erfreuen sich gerade auch in kriminellen Kreisen hoher Beliebtheit. Die Frage, ob - und wenn ja wie - man Bitcoin und Co. einer besseren internationalen Kontrolle unterziehen sollte, wird gewiss auch künftig noch sehr hitzige Debatten erregen. Der Ukraine-Konflikt wirkt dabei als ein Katalysator, der das politische Bewusstsein über die Nachteile dezentraler Finanztransaktionen erhöhen könnte.

Redaktion finanzen.ch

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