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Bewertungen im Blick 03.03.2023 23:22:00

Ungereimtheiten im "Top 50 Report" für das Crypto-Valley: Sind die Zahlen zu schön, um wahr zu sein?

Ungereimtheiten im

Die Investmentgesellschaft Crypto Valley Venture Capital (CV VC) veröffentlicht jährlich den "Top 50 Report", der einen Überblick über die Entwicklungen im Crypto Valley geben soll, dessen Zentrum die Schweizer Stadt Zug ist. Doch die Bewertungsmethoden, die der Risikokapitalgeber dabei anwendet, sind nicht unumstritten.

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• Kritik an Methodik des "Top 50 Report"
• Bewertung der Krypto-Firmen im Schweizer Crypto Valley besonders im Blick
• Wert von Krypto-Stiftungen wird mit Marktkapitalisierung der Kryptowährungen gleichgesetzt

Mitte Januar erschien der aktuelle "Top 50 Report" für das Crypto Valley, der von Crypto Valley Venture Capital (CVVC) in Zusammenarbeit mit der Bank Frick erstellt wurde. Er analysiert und visualisiert nach eigenen Angaben den Stand der Blockchain-Industrie im Crypto Valley zum Jahresende 2022. Unter diesem Begriff zusammegefasst werden dabei die gesamte Schweiz und Liechtenstein, wobei die Schweizer Stadt Zug das Herzstück des Crypto Valley bildet. Allerdings wirft der Report in Bezug auf seine Daten einige Fragen auf.

Kriterien für Auswahl der Firmen bleiben im Dunkeln

Laut dem Report waren im Dezember 2022 1'135 Firmen im Crypto Valley aktiv und damit nur sieben mehr als ein Jahr zuvor. Die Zahl der Beschäftigten bei diesen Firmen fiel im Vergleich zum Vorjahr auf 5'766 zurück. Werden jedoch nur die Top 50 Firmen betrachtet, wuchs die Mitarbeiterzahl von 1'010 auf 1'248 an. Allerdings gebe es laut "Inside IT" bereits bei der Zahl der Gesamtbeschäftigten Unklarheiten, da nicht erkennbar sei, "welche Firmen mit welchen Abteilungen gezählt werden". So werden im Report als Banken, die im Kryptobereich aktiv sind, etwa auch Julis Bär, Vontobel, Swissquote und die Hypi Lenzburg aufgezählt. Welche Mitarbeiter oder Abteilungen dieser durchaus grösseren Schweizer Institute dem Crypto Valley zugeordnet werden, ist jedoch nicht transparent. Die Auswahl der Firmen beziehungsweise deren Einheiten sei sehr gezielt ausgewählt, gab der damalige Studienautor Ralf Kubli bereits zum Vorjahresbericht auf eine entsprechende Nachfrage von "Inside IT" an - und brachte damit keinerlei Licht ins Dunkel. Auch im aktuellen Bericht ist die Situation nicht transparenter.

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Der Arbeitgeber mit den meisten Angestellten im Crypto Valley ist laut "Top 50 Report" übrigens Bitcoin Suisse. Der Krypto-Finanzdienstleister hat allerdings kurz nach Erscheinen des Reports Entlassungen in der Schweiz, Dänemark und Liechtenstein angekündigt.

Zu viele Einhörner im Crypto Valley?

Auch bei den neun Einhörnern, die der Bericht zum Jahresende 2022 im Crypto Valley verortet, gibt es Ungereimtheiten. Bei zwei der Einhörner - als Unternehmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde US-Dollar - handele es sich laut "Top 50 Report" um die "kommerziellen Firmen" 21.co und Safe, die übrigen sieben sind Blockchain-Plattformen, namentlich Dfinity, Near, Cosmos, Solana, Web3 Foundation, Cardano und Ethereum. Wie "Tippinpoint" hervorhebt, handele es sich bei der Bewertung der Einhörner jedoch nicht um eine zeitnahe Einschätzung durch den Finanzmarkt, wie es normalerweise üblich sei, sondern um einen Wert, den die Autoren des "Top 50 Report" aus Funding, eigenen Bewertungen und der Anzahl der Mitarbeiter in der Schweiz berechnet hätten. Das sei laut der Webseite unter anderem bei Solana problematisch, weil das Kryptoprojekt enge Verbindungen zu der kollabierten Kryptobörse FTX und deren ebenfalls insolventer Schwesterfirma Alameda Research aufweise - Sam Bankman-Fried unterstützte Solana, und Alameda Research investierte stark in die Kryptowährung - und dementsprechend Ende 2022 heftig in Mitleidenschaft gezogen wurde, weshalb Zweifel am Wert von Solana und dem Einhorn-Status angebracht seien.

Berechnung der Marktkapitalisierung der Top 50 in der Kritik

Ohnehin ist die Bewertung der Akteure im Crypto Valley durch den "Top 50 Report" vielerorts ein Stein des Anstosses. In der Vergangenheit musste sich CV VC bereits durch "Inside IT" vorwerfen lassen, den Zeitraum für Ermittlung und Vergleich der Marktkapitalisierung willkürlich so ausgewählt zu haben, dass sich die Entwicklung möglichst positiv darstelle. So wurde die Veröffentlichung des Reports beispielsweise Anfang 2021 verzögert - und dadurch geschickterweise ein deutlicher Kursanstieg bei Kryptowährungen mitgenommen. Im darauffolgenden Bericht wurde als Vergleichsgrösse wiederum ein anderer Zeitpunkt und nicht der Stichtag des vorausgegangenen Reports gewählt, sodass sich ebenfalls ein grösserer Anstieg ergab. Auch wenn dies beim aktuellen "Top 50 Report" nicht der Fall war, gibt es Kritik an der Art, wie die Krypto-Firmen im Schweizer Crypto Valley bewertet werden.

Im diesjährigen Top 50-Bericht wurden die Unternehmen aus dem Crypto Valley erstmals in Blockchain-Unternehmen und kommerzielle Firmen unterteilt. "Blockchain-Plattformen sind Distributed Ledgers, die sich auf einen Konsensmechanismus mit einem nativen Token stützen. Ihre Präsenz im Crypto Valley ist darauf zurückzuführen, dass ihre Organisationen in der Schweiz/Liechtenstein registriert sind. [...] Kommerzielle Unternehmen werden klassisch mit einer regulären Kapitalstruktur gegründet und nicht (oder noch nicht) durch Token finanziert", heisst es im Report. Während für Blockchain-Unternehmen die "Marktkapitalisierung von Plattform-Token zum 31. Dezember 2022" herangezogen wurde, werde bei den anderen Firmen die Eigenkapitalbewertung entweder anhand der letzten Finanzierungsrunde, Informationen des Unternehmens oder aktuellen Schätzungen berechnet, heisst es im Bericht weiter.

Bei der zuletzt ermittelten Marktkapitalisierung aller Firmen des Crypto Valleys von rund 185 Milliarden US-Dollar entfallen 175,6 Milliarden US-Dollar auf Blockchain-Plattformen nach Marktkapitalisierung und nur 9,7 Milliarden US-Dollar auf kommerzielle Unternehmen nach Aktienbewertung. Allein Ethereum sei dabei laut den Studienautoren mit einem Marktwert von 148,9 Milliarden US-Dollar für den Grossteil der Marktkapitalisierung des Crypto Valleys verantwortlich - obwohl die Ethereum-Plattform gleichzeitig nur elf Mitarbeiter in der Region hatte. Auch sonst ist der Bezug der zweitgrössten Kryptowährung zum Crypto Valley eher gering. Zwar ist die Ethereum Foundation in Zug ansässig, allerdings belief sich deren Vermögen laut "schweizeraktien.net" Ende März 2022 lediglich auf 1,6 Milliarden US-Dollar. Ein deutlicher Unterschied zum Marktwert von 148 Milliarden US-Dollar, der für das Crypto Valley angerechnet wird, und der in etwa der gesamten Marktkapitalisierung von Ethereum zum Jahreswechsel entspricht.

Denn wie die Verfasser des "Top 50 Report" ja auch angeben, setzen sie den Wert der Trägerstiftung mit dem Marktwert der jeweiligen Kryptowährung gleich - und rechnen diesen vollständig dem Crypto Valley zu, da die Stiftung dort ihren Sitz hat. Laut "schweizeraktien.net" stelle sich dabei aber die Frage, "ob es nicht sehr gewagt ist, das Marktvolumen einer Kryptowährung als Bezugsmassstab für eine Firmenbewertung heranzuziehen". Denn das sei vor allem in Bezug auf Stiftungen völlig unüblich. "Grundsätzlich fragwürdig ist es, gemeinnützigen Stiftungen überhaupt einen Marktwert zuordnen zu wollen. Ausserhalb des Crypto Valley wurde dieser Versuch bislang noch nicht unternommen", so die Finanzwebseite weiter. Normalerweise würden höchstens die Vermögenswerte der Stiftung bewertet - und die lägen eben nur bei 1,6 Milliarden US-Dollar. Die Bewertung der Blockchain-Plattformen des Crypto Valley im "Top 50 Report" erscheine also mehr als fragwürdig, zumal Krypto-Experten im Zusammenhang mit Kryptowährungen ohnehin ungern von Firmen sprechen würden und das Marktvolumen in diesem Bereich nicht mit dem Marktwert einer Firma gleichzusetzen sei. Womöglich sind die Firmen im Schweizer Crypto Valley insgesamt also deutlich weniger wert. 21.co, die grösste unter den kommerziellen Firmen, kommt laut dem Bericht mit 50 Mitarbeitern übrigens nur auf eine Marktkapitalisierung von zwei Milliarden US-Dollar.

Redaktion finanzen.ch

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Bildquelle: Chinnapong / Shutterstock.com,Wit Olszewski / Shutterstock.com,Steve Heap / Shutterstock.com
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