Experten-Kolumne |
01.07.2014 14:17:05
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Pensionskassenwechsel - Optimierung mit Tücken
Kolumne
Für KMU lohnt es sich nicht, eine eigene Pensionskasse zu gründen. Selbst für grössere Unternehmen stellt sich die Frage, ob sie aus der Autonomie einer Firmenpensionskasse zu einer Sammelstiftungs- oder Versicherungslösung wechseln sollen.
Manchmal ist es die Absicht, eine fundamental neue Lösung zu wählen. Hintergrund ist oft, dass die administrativen Kosten zu hoch werden oder auch die Vermögensverwaltung an einen kompetenten Partner delegiert werden soll. Ebenfalls werden Sanierungsrisiken übertragen. Vielfach wird auch der bestehende Vertrag fast routinemässig nach 3-5 Jahren gekündigt und die Konditionen in einem Marktvergleich überprüft. Die Kriterien für einen derartigen Vergleich sind komplex. Zumeist stellen jedoch die Kosten für Verwaltung und die sogenannte Risikoprämie Hauptkriterien dar, anhand derer primär entschieden wird. Es ist jedoch festzustellen, dass zwei Parameter sehr bedeutsam sind, die oftmals bei einem Wechsel nicht einbezogen oder nicht vollständig gewürdigt werden.
Zuerst einmal ist hier der Deckungsgrad (DG) zu erwähnen, der ähnlich dem Marktpreis einer Aktie als finanzielles Barometer der Stiftung angesehen werden kann. So bedeutet ein DG von mehr als 100%, dass die Verpflichtungen unter den von der Pensionskasse gewählten Annahmen gedeckt sind. Es gibt also mehr Vermögenswerte als Verpflichtungen. Es soll hier jedoch nicht die Höhe des DG betrachtet werden, sondern der Unterschied im DG zwischen der neuen und alten Kasse.
Im Fall 1 ist es der Wunsch eines Versichertenkollektivs, in eine Kasse mit höherem DG zu wechseln. Doch wie sollen die zusätzlichen Mittel zur Erhöhung bereitgestellt werden? Es ist offensichtlich, dass aus ökonomischer Sicht in irgendeiner Form ein Ausgleich erfolgen muss. Sofern dies nicht erfolgt, handelt es sich um ein Geschenk der neuen Kasse an den zu begrüssenden Anschluss zu Lasten des bisherigen Versicherungskollektivs. Sofern eine Ausfinanzierung eingefordert wird, ist dies eine zusätzliche finanzielle Belastung, die kaum auf Zustimmung der Destinatäre bzw. des Arbeitgebers stossen dürfte. Doch gibt es in der Praxis verschiedene Methoden, die es ermöglichen, einen derartigen Ausgleich zu vermeiden oder über die Zeit abzufedern. Sofern die aufnehmende Kasse es ermöglicht, den alten Deckungsgrad zu übernehmen - also ein individueller DG per Anschluss möglich ist - entfallen etwaige Ausgleichszahlungen. Eine weitere Methode besteht darin, die zukünftige Verzinsung zum Ausgleich zu nutzen.
Aus der Sicht des Arbeitnehmers wie Arbeitgebers verursacht eine DG-Angleichung Veränderungen. Sofern der Deckungsgrad erhöht wird, bedeutet dies mehr Sicherheit. Dies konkretisiert sich darin, dass Sanierungen unwahrscheinlicher werden. Für den Versicherten bedeutet dies im Prinzip, dass er eher mit einer höheren Verzinsung rechnen kann. Jedoch wird im Fall 1 zumeist ein Teil dieser Verzinsung zur Erhöhung des DG benutzt und kommt dem Versicherten nicht direkt zu Gute. In diesem Modell bezahlen die Arbeitnehmer die Erhöhung der Sicherheit. Sofern der Arbeitsplatz gewechselt wird, verbleibt die Wertschwankungsreserve (Teil des DG höher 100%) und kann vom Arbeitnehmer nicht mitgenommen werden, was einen direkten Verlust für den Arbeitnehmer darstellt.
DG alte Kasse | DG neue Kasse | Unterschied | |
Fall 1 | 100% | 110% | +10% |
Fall 2 | 110% | 100% | -10% |
Im Fall 2 wird eine Kasse gewählt, die einen geringeren DG ausweist. Die Problematik ist identisch mit umgekehrten Vorzeichen. Aus Sicht des Anschlusses gilt es dafür zu sorgen, dass der positive DG-Unterschied nicht verloren geht. Dies kann z.B. dadurch erreicht werden, dass dieser Betrag den Versicherten gutgeschrieben wird. In diesem Fall wird die Sicherheit reduziert, der dabei anfallende Ertrag kommt allein den Arbeitnehmern zu Gute. Im Falle eines Arbeitsplatzwechsels ergibt sich ein Gewinn für den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber sieht sich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit konfrontiert, dass er an Sanierungen teilnehmen muss.
Im heutigen Umfeld steigender Börsen haben sich die Deckungsgrade stark erhöht und damit auch die Unterschiede zwischen einzelnen Vorsorgeeinrichtungen. Diese hat es jedoch immer gegeben. Die Grundsatzfrage, ob derartige Unterschiede im Rahmen der Solidarität als „unvermeidbar“ angesehen werden sollen, wurde nie offen gestellt und wird individuell geregelt. Zumeist wünscht die Vorsorgeeinrichtung ihr bestehendes Versicherungskollektiv zu schützen und den Wechsel zumindest finanziell neutral zu gestalten. Wie oben angemerkt bewirkt dies noch keine Symmetrie für Arbeitgeber und –nehmer. Es ist anzunehmen, dass ein Wechsel eher versteckte negative Effekte für den Anschluss hat. Es gilt daher die Auswirkungen von DG-Unterschieden insgesamt und bezogen auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer genau zu prüfen.
Zumeist ist der Wechsel zu einer Sammeleinrichtung oder Vollversicherung auch mit der Übertragung der Rentenzahlungen verbunden. Dieser Punkt rückt immer mehr in den Blickpunkt, da hier beim Wechsel definierte Verkaufswerte für Rentenverpflichtungen ausgehandelt werden. Die dazu notwendigen Beträge übersteigen zumeist den dafür bilanzierten Betrag. Dies liegt daran, dass neue Vorsorgeeinrichtung generell ungern die mit Rentnern verbundenen Risiken übernehmen. Es handelt sich hier bekanntlich um die Langlebigkeit aber auch die zukünftige Rendite. So sind die Preise für Rentenübertragungen massiv gestiegen. In der Immobilienbranche würde man von einer Blase sprechen, da - wie auch bei den Immobilien - langfristig von sehr geringen Zinsen ausgegangen wird.
Die Übertragung von Rentner erfolgt damit zu den heutigen hohen Marktpreisen und macht deutlich, wie theoretisch die Bewertung der Passivseite mit einem technischen Zinssatz ist. Die Überlegung, ob man die Rentner in dieser Marktsituation überhaupt übertragen sollte, ist sicher eine Schlüsselfrage für die Ökonomie eines Wechsels. Ebenfalls ist festzustellen, dass, sofern Rentenverpflichtungen über den Bilanzwerten veräussert werden, eine massive Umverteilung zu Lasten der Aktiven stattfindet.
Fazit ist, dass die Vorsorgewelt sich im Wandel befindet. Bisherige Beurteilungskriterien für die Attraktivität eines Wechsels, die vor allem auf Kosten beruhen, sind teilweise überholt oder waren es auch schon immer. Der Wechsel zu einer neuen Sammelstiftung oder Vollversicherung ist ein komplexer, finanztechnischer Vorgang, der mit Sorgfalt geplant werden muss. Die grossen Vorsorgeeinrichtungen haben begonnen, hier spezielle interne Kompetenzen und Methoden zu entwickeln, um derartige Transaktionen kompetent durchzuführen.
Vieles spricht dafür, dass der Wechsel zukünftig immer mehr eine strategische Dimension beinhaltet und Optimierungen von Kosten durch Verhandlungen mit dem bestehenden Partner erfolgen werden.
Olaf Meyer: Stiftungsratspräsident Profond Vorsorgeeinrichtung
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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