Zu riskante Kreditaufnahme |
15.05.2023 03:12:10
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Silicon Valley Bank, First Republic Bank & Co.: Banken machen laut Finanzexperte Michael Milken "immer dieselben Fehler"
Michael Milken, einer der umstrittensten sowie auch anerkanntesten Finanzexperten der Wall Street, sieht in der derzeitigen Regionalbankenkrise in den USA ein typisches Muster: Immer wieder machten Banken dieselben Fehler. Welche Versäumnisse meint er? Und wie könnte es für den US-Bankensektor weitergehen?
• Milken kritisiert fremdfinanzierte Kreditaufnahme durch Regionalbanken
• Kommt jetzt die globale Finanzkrise? Unwahrscheinlich, meint Milken
Michael Milken ist einer der berüchtigtsten Investoren der jüngeren Finanzgeschichte. Der 76-Jährige galt in den 1970er und 1980er Jahren als der Hochzinsanleihen-König schlechthin, er häufte als Banker der Drexel Burnham Lamber-Investmentbank Milliarden an. 1990 fand die Glückssträhne von Milken ein jähes Ende: Er wurde wegen Finanzbetrugs zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt, von der er jedoch lediglich 22 Monate absitzen musste. 2020 von Donald Trump von seinem lebenslangen Berufsverbot als Banker befreit, ist Milken inzwischen wieder als Berater und Kommentator bei verschiedenen Finanzinstitutionen tätig. Zuletzt äusserte er sich auch zur jüngsten Regionalbankenkrise in den USA und erkannte dabei ein wiederkehrendes Muster.
Milken: Regionalbanken haben viel zu hohe Kredite aufgenommen - und falsch eingesetzt
Seit Anfang März hält die Bankenkrise rund um regionale US-Kreditinstitute die Anlegerwelt in Atem. Milken sieht eine fehlerhafte Kreditaufnahmepolitik der betroffenen Banken als ursächlich für deren Zusammenbrüche an. "Du hättest nicht short leihen und long verleihen sollen... Das ist das Einmaleins der Finanzen", erläutert Milken in der CNBC-Sendung "Last Call". Milken sieht in eben jener gehebelten, viel zu hohen Kreditaufnahme von Banken, die anschliessend mit diesem Geld riskante und damit hoch verzinste Anleihen kaufen, einen Standardfehler im Finanzsektor. "Wie oft, wie viele Jahrzehnte lang, werden wir diese Lektion der Kreditaufnahme über Nacht und der Kreditvergabe auf lange Sicht lernen? Ob es nun die 1970er, die 1980er oder die 90er Jahre waren - es sind immer wieder dieselben Fehler."
Anschliessend führt Milken seine Meinungen weiter aus. "Auch in diesem Fall hätten die Banken an sich genug Kredit, sie hätten genug Eigenkapital, sie hätten genug Möglichkeiten, die kommenden Kreditverluste aufzufangen. Sie haben jedoch ihre Grösse verdoppelt, verdreifacht oder vervierfacht, indem sie sich über Nacht zu künstlich niedrigen Zinssätzen Geld geliehen und Zwischenprodukte gekauft haben", so Anleihenexperte Milken, der als Erfinder der in den 1970er und 1980er-Jahren boomenden Schrottanleihen betrachtet wird.
Mit diesen Kapitalverschiebungen rechnet Milken
Die Sparer in den USA reagierten umgehend auf die Probleme der kleineren Kreditinstitute, es kam zu extremen Geldabhebungen bei Banken wie der Silicon Valley Bank (SVB), First Republic Bank & Co. Im Gefolge dieser Bankzusammenbrüche haben die Anleger andere Kreditgeber mit ähnlichen Merkmalen abgestraft. Zu diesen Charakteristika gehören einerseits der hohe Fremdkapitalanteil und andererseits die schwere Gewichtung von riskanten Anleihen in den jeweiligen Portfolios. Diese hoch verzinsten Anleihen hatten während des Niedrigzinsumfelds von 2008-2022 teilweise attraktive Renditen abgeworfen, die im Zuge der Zinswende im letzten Jahr jedoch erheblich an Wert verloren. Unternehmen mit dem höchsten Prozentsatz an unversicherten Einlagen und potenziell schweren Anleiheverlusten in ihrer Bilanz wurden von Sparern und Unternehmen am stärksten unter die Lupe genommen.
Milken rechnet damit, dass sich die Kapitalverschiebungen der Ersparnisse sowie der Kredite fortsetzen werden. Der Gründer des Milken-Instituts denkt, dass der Anteil der Kredite, die sich im Besitz des Bankensystems befinden, nach der Krise abnehmen wird. "Wir werden stärker sein, wenn sie in die Hände von Pensionsfonds übergehen, die langfristige und weniger riskante Verbindlichkeiten haben", so Milken.
Kommt es jetzt zum grossen Finanzkollaps?
Inwiefern werden die Pleiten der besagten Regionalbanken zu einem globalen Finanzchaos führen? Drohen weitere, deutlich heftigere Turbulenzen? Bei dieser Frage gehen die Meinungen auseinander. Während einige Experten sogar ein Revival der Finanzkrise von 2008 befürchten, geben andere Fachleute Entwarnung und betonen den insularen Charakter der kleinen Regionalbanken, deren Kollaps keineswegs als systembedrohend angesehen werden kann. So erwartet unter anderem CNBC-Experte Jim Cramer keine Kettenreaktion infolge der Zusammenbrüche von Silicon Valley Bank, First Republic & Co. Positiv zu werten sei, dass sich für die angeschlagenen Banken zumeist ein solventer Käufer gefunden habe - beispielhaft sei hier die Übernahme der SVB durch die First Citizens Bank, den Kauf der First Republic durch die Traditionsbank JPMorgan oder auch die Elefantenhochzeit zwischen der krisengeplagten Credit Suisse und der stärkeren eidgenössischen Konkurrentin UBS genannt.
Auch Milken gibt Entwarnung: Er hält eine schlimme Finanzkrise für äusserst unwahrscheinlich, was er vorrangig mit der konservativen Vermögenspolitik der Grossbanken erklärt. "Es ist nicht so, dass es in den USA keine grosse Liquidität gäbe. Wir sollten auch berücksichtigen, dass unsere grossen Banken extreme Vorsicht bei der Verwaltung von Verbindlichkeiten und Vermögenswerten walten lassen", meint Milken. Der gesamte US-Bankensektor könne deshalb mit einem blauen Auge davonkommen - müsse jedoch endlich einsehen, dass die gehebelte Kreditaufnahme zum Kauf hochverzinster Vermögenswerte bei einer Zinswende grossen Schaden anrichten kann. "Die Leute konzentrieren sich so sehr auf das Kreditrisiko etc., aber eines der grossen Risiken ist das Zinsrisiko", betont Milken.
Redaktion finanzen.ch
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