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10 Jahre nach Krisenbeginn 05.08.2017 03:10:17

Weltwirtschaft: Warum die Baustelle nicht kleiner wird

Weltwirtschaft: Warum die Baustelle nicht kleiner wird

Vor zehn Jahren begann die schwerste Finanzkrise seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Viel wurde getan, um die Märkte stabiler zu machen, doch Risiken bleiben.

von Astrid Zehbe, Euro am Sonntag

Dass etwas in der Finanzwelt im Argen liegt, erfuhr Angela Merkel Ende Juli 2007 bei den Salzburger Festspielen. Während die Kanzlerin auf den Beginn der Premiere der Oper "Eugen Onegin" wartete, schrieb ihr der heutige Bundesbankchef Jens Weidmann eine SMS: "Die IKB ist in Schwierigkeiten." Ihre Antwort war kurz und knapp und lässt rückblickend erahnen, wie wenig die Welt auf die sich anbahnende ­Finanzkrise vorbereitet war: "Was ist die IKB?"

Die Welt aus den Fugen

Das Kürzel steht für die Deutsche Industriebank, ein bis dahin als solide geltendes Kredit­institut, das vor allem mittelständische Unternehmen finanziert. Fernab des Kerngeschäfts hatte die Bank - wie auch viele andere Geldhäuser - mit riskanten Papieren auf US-Hypothekendar­lehen spekuliert. Als Ende 2006 die Immobilienblase in den USA platzte und das verschachtelte Konstrukt aus verbrieften Kredit­forderungen wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel, war die IKB eines der ersten Opfer.

In den darauffolgenden Monaten geriet weltweit ein Institut nach dem anderen in Schief­lage. Trotz milliardenschwerer Rettungspakete war der Flächenbrand in vollem Gang und fand seinen Höhepunkt am 15. September 2008 mit der Pleite der US-Bank Lehman Brothers.

An den Börsen folgten Kurs­abstürze, der Welthandel brach ein, und zahlreiche Länder rutschten in eine schwere Rezession. Die Folgen der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seit Ende des Zweiten Weltkriegs sind bis heute spürbar -und es mehren sich die Risiken für eine erneute Krise.

Dabei wurde auf nationaler und internationaler Ebene viel getan, um ähnliche Szenarien in Zukunft zu verhindern. Der ­Derivatemarkt, der mit seinen komplexen Produkten und undurchsichtigen Strukturen die Krise ausgelöst hatte, wurde stärker reguliert. Die Rating­agenturen, die die Risiken der faulen Hypothekenpapiere unterschätzt hatten, unterliegen schärferen Kontrollen. Und Notenbanken sind angehalten, Kreditexzesse zu stoppen, bevor Blasen entstehen.

Banken bleiben Risiko

Die gravierendsten Maßnahmen wurden jedoch im Bankensektor getroffen, der - angeschlagen und untereinander eng verwoben - noch immer großes Potenzial hätte, die nächste Krise auszulösen. In den USA verabschiedete die Regierung 2010 die Gesetzesreform Dodd-Frank, welche umfassende Regeln für mehr Stabilität an den Finanzmärkten enthält. In Europa wurden mit strengeren Eigenkapitalanforderungen im Rahmen von Basel III sowie der 2014 in Kraft getretenen Bankenunion ebenfalls wichtige Schritte unternommen, die Sicherheit des Bankensektors zu erhöhen.

Was in der Theorie gut klingt, sieht in der Praxis ernüchternd aus. Während US-Präsident Donald Trump den Dodd-Frank Act lieber heute als morgen abschaffen würde und bereits per Dekret eine Überprüfung angeordnet hat, hakt es in Europa am Willen, die Regeln konsequent einzuhalten.

Im Juni rettete Italien die Veneto Banca und die Banca Popolare di Vicenza mit Staatshilfen in Höhe von 17 Milliarden Euro. Den im Rahmen der Bankenunion etablierten Abwicklungsmechanismus für notleidende Institute umging das Land einfach - und die europäischen Aufseher blieben untätig.

Dabei hat das Beispiel der unter faulen Krediten ächzenden spanischen Banco Popular Anfang Juni gezeigt, dass marode Banken effizient und zügig abgewickelt werden können. Die Verluste schulterten Aktionäre und Gläubiger, die Steuerzahler kostete die Abwicklung keinen Cent.

Verschuldung hoch wie nie

Die konsequente Einhaltung des Haftungsprinzips, bei dem Steuerzahler in möglichst letzter Instanz zu Rettungsmaß­nahmen herangezogen werden, würde nicht nur Fehlanreize verhindern, sondern auch die Staatskasse entlasten. Denn die milliardenschweren staatlichen Rettungsmanöver haben dazu beigetragen, dass aus der Finanzkrise eine handfeste Staatsschuldenkrise erwachsen ist, die heute als größtes Risiko für die Weltwirtschaft gilt.

Die globalen Schulden von Staaten, Unternehmen und Privatpersonen liegen laut einer Studie der Beratungsfirma McKinsey bei knapp 200 Billio­nen Dollar - 57 Billionen Dollar mehr als 2007. Gemessen an der weltweiten Wirtschaftsleistung ist das ein Anstieg um 17 Prozentpunkte auf 286 Prozent.

Schuld daran sind auch Maßnahmen, die unmittelbar nach der Finanzkrise die Folgen eben­jener abfedern sollten. Weltweit senkten die Notenbanken ihre Leitzinsen, um Kreditvergabe und Wirtschaft anzukurbeln. Statt Schulden abzubauen, wurden neue angehäuft.

Besonders riskant ist die Situation in Europa. Zwar wurden mit der Reformierung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und der Einführung des Fiskalpakts Schritte eingeleitet, um den Ländern zu solideren Staatsfinanzen zu verhelfen, doch die Schulden steigen weiter in schwindelerregende Höhen. So stehen etwa Griechenland, Italien und Portugal mit zum Teil deutlich über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung bei ihren Gläu­bigern in der Kreide.

Furcht vor steigenden Zinsen

Im aktuellen Konjunktur­umfeld mit niedrigen Zinsen ist das weniger problematisch. Steigen die Zinsen jedoch wieder, wird es für die Staaten teurer, sich zu refinanzieren. Ländern wie Griechenland droht dann im schlimmsten Fall die Staatspleite. Das würde auch all jene Banken in die Bredouille bringen, die sich in rauen Mengen mit Staatspapieren des Landes eingedeckt haben. Ohnehin sind faule Kredite, die mit einer Billion Euro in den Büchern der europäischen Banken stehen, ein hohes Risiko.

Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi dürfte sich der Gefahr bewusst sein und - nach Auslaufen des Anleihekaufprogramms - die Zinsen nur in kleinen Schritten erhöhen. Ökonomen rechnen mit einem Anstieg frühestens 2019.

Für Sparer sind dies schlechte Nachrichten, die Entwertung ihrer Guthaben setzt sich fort. Besitzer von Aktien hingegen dürften eine bedeutende Lehre aus der Finanzkrise gezogen haben: Mut und ein langer Atem zahlen sich aus. Wer vor zehn Jahren in den DAX oder den Dow Jones investierte, musste zwar zunächst herbe Verluste hinnehmen, auf Zehnjahressicht liegen beide Indizes jedoch mit rund 60 Prozent im Plus.

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Bildquelle: Kryczka/Istockphoto,Christian Zachariasen/Getty Images

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