Herbe Beschuldigung |
22.04.2018 19:48:00
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Aktionäre werfen Tesla-Chef Elon Musk bewusste Irreführung vor
Als ob Tesla mit der "Produktionshölle" beim Model 3 nicht schon genug Probleme hätte, steht dem Konzern jetzt auch noch ein Gerichtsverfahren ins Haus. Aktionäre sehen sich von Elon Musk getäuscht und prangern die Informationspolitik bei Tesla an.
Ärgerlich ist das nicht nur für die vielen Vorbesteller, die bereits seit vielen Monaten auf ihren Model 3 warten, sondern auch für Investoren, die aufgrund der ursprünglichen Ankündigungen zum Model 3 auf bessere Verkaufszahlen, einen möglichen Unternehmensgewinn und einen Kurssprung für die Tesla-Aktie gesetzt hatten. Genau die gehen jetzt auf die Barrikaden, beziehungsweise vor Gericht - und werfen dem Konzern sowie seinen Führungskräften vor, die Anleger bewusst über die (mangelnden) Produktionsfortschritte getäuscht zu haben.
Hat Tesla von Anfang an gelogen?
Die Aktionäre Kurt Friedman, Uppili Srinivasan und Gregory Wochos haben ursprünglich bereits im Oktober 2017 eine Sammelklage gegen das Unternehmen Tesla, CEO Elon Musk sowie den aktuellen CFO Deepak Ahuja und den ehemaligen CFO Jason Wheeler eingereicht. Nun wurde die Klageschrift jedoch noch einmal ergänzt und um neue Details erweitert.
Die Kläger werfen den Top-Managern des Elektroautobauers vor, zwischen Mai 2016 und Oktober 2017 die Investoren bezüglich der Produktionskapazitäten des Model 3 in die Irre geführt und den aktuellen Stand der Dinge bewusst verdreht zu haben.
Im Mai 2016 hatte Tesla erstmals öffentlich über die Pläne für die Produktion des Model 3 gesprochen und im Oktober 2017 bei Vorlage der Auslieferungszahlen für das dritte Quartal 2017 erstmals zugegeben, dass die Produktion stockt. Die Tesla-Aktie reagierte darauf mit einem kräftigen Kursrückgang: Seit ihrem Allzeithoch bei 389,61 US-Dollar im September 2017 hat sie rund 25 Prozent an Wert verloren - auch zum Leidwesen der Kläger, die einen großen Teil der Schuld bei Musk, Ahuja und Wheeler sehen. Denn im Gegensatz zu der Behauptung, dass Tesla bereit und voll im Zeitplan für die Serienproduktion des Model 3 sei, die von den Angeklagten im fraglichen Zeitraum immer wieder wiederholt wurde, habe Tesla in Wirklichkeit einen unzureichenden Bestand gehabt und sei unvorbereitet gewesen, um das Model 3 so zu lancieren wie angekündigt. Das Tesla-Führungsteam rund um Elon Musk hätte das laut den Klägern wissen müssen, da sie die Fabrik in Fremont regelmäßig besucht hätten, die Mängel laut Angestellten für jeden Besucher der Fertigung klar sichtbar gewesen seien und Musk & Co. außerdem von anderen Tesla-Managern mehrfach darauf hingewiesen worden wären, dass ein Erreichen des Produktionsziels von 5'000 Model 3 pro Woche bis Ende 2017 unmöglich sei.
Anklageschrift führt Musk eigene Aussagen vor Augen
Um ihre Behauptungen zu untermauern und zu zeigen, dass der Produktionsplan für den Model 3, der Investoren präsentiert wurde, auf Lügen basiere, zitieren die drei Aktionäre in ihrer Anklageschrift ausführlich aus den Quartalsberichten und Telefonkonferenzen von Tesla zwischen Mai 2016 und Oktober 2017. Noch am 2. August 2017 - also wenige Wochen, bevor sich die Produktionsprobleme nicht mehr verschleiern ließen - sagte etwa Elon Musk in einer Telefonkonferenz, dass Tesla auf einem guten Weg sei, gegen Ende des Jahres 5'000 Model 3 pro Woche zur produzieren. Unter anderem diese Aussage sei sachlich falsch gewesen, so die Kläger.
Auch in anderen Punkten hätte Tesla die Aktionäre angelogen. So sei etwa erst im Oktober vonseiten Teslas von "Produktionsengpässen" gesprochen worden, obwohl diese sowohl in der Gigafabrik, die die Batterien für den Model 3 produziert, als auch in der Fertigungsanlage in Fremont von Anfang an bestanden und so eine Massenfertigung des Model 3 im Jahr 2017 unmöglich gemacht hätten. So sei etwa die Gigafabrik im vergangenen Jahr nie in der Lage gewesen, 5.000 Batterien pro Woche zu fertigen - eine zwingende Voraussetzung für die Produktion von 5'000 Model 3 pro Woche. Das hätten leitende Angestellte Musk und Co. auch bereits Mitte 2016 mitgeteilt. Ebenso sei die vollautomatische Fertigung längst nicht so weit gewesen, wie vom Unternehmen nach außen kommuniziert. Dies sei jedoch erst durch einen Bericht des "Wall Street Journal" im Oktober 2017 ans Licht gekommen, wonach der Model 3 in großen Teilen per Hand gefertigt werde - obwohl die vollautomatisierte Fertigungsstraße laut früheren Tesla-Angaben bereits im Mai nahezu einsatzfähig hätte sein müssen.
Laut den Klägern hat Tesla durch sein Verhalten zwischen Mai 2016 und Oktober 2017 die Informationspflichten verletzt, die börsennotierte Unternehmen gegenüber ihren Aktionären haben und diesen dadurch erheblichen finanziellen Schaden zugefügt. Ob der Konzern tatsächlich gegen geltende Wertpapiergesetze verstoßen hat und welche Konsequenzen das im Falle eines Schuldspruchs hat, muss nun ein Gericht entscheiden. Tatsächlich erscheint es jedoch äußerst unglaubwürdig, dass Elon Musk im August 2017 noch nichts von den Problemen gewusst haben soll - obwohl er jeden Mittwoch, am sogenannten "Elon Day", der Fertigung einen Besuch abstattete und die Produktion nicht nur minimal unter Plan lag. Auch weitere ambitionierte Ziele des Tesla-Chefs erscheinen dadurch in einem anderen Licht.
Kann man Tesla noch glauben?
Das aktuelle Ziel von Tesla ist es, bis zum Ende des ersten Halbjahrs 2018 beim Model 3 eine Produktionsrate von 5.000 Fahrzeugen pro Woche zu schaffen. Um diese Marke zu erreichen, bleiben Tesla-Chef Elon Musk nun allerdings nur noch rund zweieinhalb Monate Zeit - und momentan steht die Produktion erst einmal still. Kein gutes Zeichen für den Zielsprint. Ein Tesla-Sprecher beteuerte zwar, dass der Produktionsstopp notwendig sei, um umfassende Aufrüstungen für die geplante Produktionsoffensive vorzunehmen, allerdings muss das Unternehmen anschließend auch erst einmal die vier bis fünf fehlenden Tage wieder aufholen. Der letzte derartige Produktionsstopp im Februar hat jedenfalls nicht dazu geführt, dass das damalige Quartalsziel doch noch erreicht wurde. Durch eine Produktion rund um die Uhr, die im Anschluss an die Pause beginnen soll, soll das dieses Mal jedoch anders werden. Allerdings zeigt diese Maßnahme auch, dass Tesla sein Ziel mit den bisherigen Arbeitszeiten wohl wieder deutlich verfehlt hätte.
Auch eine andere Aussage von Elon Musk darf wohl angesichts der jüngsten schwachen Entwicklungen bei der Produktion des Model 3 in Zweifel gezogen werden. Denn am 2. August 2017 hatte sich der Tesla-Chef bei einer Telefonkonferenz besonders weit aus dem Fenster gelehnt: "Worüber sich die Leute absolut keine Sorgen machen sollten, ist, dass Tesla Ende des nächsten Jahres eine Produktion von 10'000 Einheiten pro Woche erreichen wird", so Musk vollmundig. Zurückgenommen hat er dieses Versprechen bisher nicht. Da aber bisher nicht einmal halb so viele Model 3 pro Woche vom Band rollen, steht wohl auch dieses Versprechen auf wackligen Beinen - und könnte womöglich bald für einen weiteren Nachtrag zur Anklageschrift sorgen.
Redaktion finanzen.ch
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