Weichenstellung |
31.10.2020 21:13:00
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Darum entscheidet sich am Tag der US-Wahl auch das Schicksal von Uber und Lyft
Das Datum der US-Präsidentschaftswahl rückt immer näher. Doch am 3. November entscheidet sich nicht nur, wer für die nächsten vier Jahre an der Spitze der USA stehen wird, sondern auch ob die Fahrdienstleister Uber und Lyft ihr Geschäftsmodell grundlegend umkrempeln müssen.
• Streit um Status der Fahrer von Uber, Lyft und Co. vor Entscheidung
• Kalifornien mit möglicher Vorreiterrolle für gesamte USA
Wenn die Menschen in Kalifornien in knapp zwei Wochen zur Wahl schreiten, geben sie nicht nur ihre Stimme für den künftigen US-Präsidenten ab, sondern entscheiden auch über mehrere Gesetzesvorhaben. Eines davon ist die Proposition 22, die unter anderem von den Fahrdienstleistern Uber und Lyft als Antwort auf ein bestehendes kalifornisches Gesetz auf den Weg gebracht wurde. Denn laut kalifornischem Recht müssten Uber, Lyft und Co. ihre Fahrer eigentlich als Angestellte behandeln - und nicht wie bisher als Subunternehmer. Bereits im August dieses Jahres war ein Versuch unternommen worden, die Anwendung dieses Gesetzes durchzusetzen, doch die Fahrdienstvermittler erwirkten in letzter Sekunde einen Aufschub. Mit der Proposition 22 soll nun am 3. November per Volksentscheid endgültig geklärt werden, welchen arbeitsrechtlichen Status die Menschen haben, die Dienstleistungen im Rahmen App-basierter Unternehmen erbringen - und welche Leistungen ihnen zustehen.
Bezahlung und Sozialleistungen für Fahrer im Fokus
Bislang behandeln Uber und Lyft ihrer Fahrer als selbstständige Unternehmer. Sollte Proposition 22 angenommen werden, würden diese Personen auch weiterhin eine separate Klasse an Arbeitern bilden, für die eigene Regeln gelten. Denn laut "San Francisco Chronicle" würde in diesem Fall das Landesrecht und jedes lokale Gesetz, das sich auf App-basierten Transport oder Auslieferungsdienste bezieht, permanent augehebelt werden.
Wird Proposition 22 jedoch abgelehnt, müssten sich Uber und Lyft dem kalifornischen Gesetz unterwerfen und ihre Fahrer zu Angestellten machen - mit teuren Konsequenzen für die Unternehmen. Denn dann hätten die Fahrer Anspruch auf den geltenden Mindestlohn, bezahlte Überstunden und weitere Sozialleistungen, wie etwa Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Zuschüsse zur Arbeitsunfähigkeits- und Arbeitslosenversicherung. Ein harter Schlag für die Fahrdienstvermittler, die bis heute nicht profitabel sind. Kritiker werfen Uber und Lyft laut der Nachrichtenseite "Pymnts" auch vor, dass sie Fahrer bislang nur deshalb als Subunternehmer behandeln würden, um keine Sozialleistungen zahlen zu müssen. Allein durch fehlende Einzahlungen in die Arbeitslosenversicherung konnten die beiden Startups seit 2014 laut Informationen von "Netzpolitik" mehr als 400 Millionen Dollar sparen.
Sollte Proposition 22 abgelehnt werden, müssten die Fahrdienstleister also ihr Geschäft umorganisieren und zusätzlich wohl höhere Preise von den Nutzern verlangen, um die steigenden Kosten zu decken - oder Kalifornien verlassen, wie sie es bereits im August angedroht haben. Diese Optionen wollen sie jedoch offenbar unbedingt verhindern. Für die Kampagne "Ja zu Proposition 22" haben Uber, Lyft und andere Unternehmen mit ähnlichem Geschäftsmodell in den vergangenen Monaten laut "MarketWatch" bereits die Rekordsumme von mehr als 185 Millionen US-Dollar ausgegeben - ein Indiz dafür, wie wichtig die Entscheidung für diese Firmen ist. Die Opposition, bestehend aus Gewerkschaften und Mitglieder der Demokratischen Partei, ließ sich ihre Kampagne hingegen nur zehn Millionen US-Dollar kosten.
Uber mit aggressivem Wahlkampf
Uber versucht dabei besonders aggressiv, die Stimmung der Wähler zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Auf Twitter berichten Nutzer der App von Push-Nachrichten, die zur Unterstützung des Gesetzesvorhabens aufrufen, während anderen bei der Auswahl eines Fahrzeugs Gedankenblasen mit "Ja zu 22" angezeigt werden.
It’s not even clear to me why this car has a thought bubble pushing Prop 22, but the constant propagandizing at every turn is pathetic and desperate. Pay your workers! Protect your riders! #NoOnProp22 pic.twitter.com/565h8eSoaC
- Veena Dubal (@veenadubal) September 29, 2020
Auch Uber-CEO Dara Khosrowshahi trommelt in einem Blog-Beitrag für die Annahme von Proposition 22. Dabei spricht er zum einen von "hohen Kosten", die anfallen würden, wenn man Fahrer zur Angestellten machen würde, zum anderen schürt er aber auch die Angst vor Einkommensverlusten. Denn laut seiner Darstellung würden hunderttausende der insgesamt rund 1,2 Millionen Uber-Fahrer in den USA über Nacht die Möglichkeit zu arbeiten verlieren, falls Proposition 22 abgelehnt werden würde. "Wenn Uber [...] Fahrer anstellen würde, hätten wir nur 260.000 verfügbare Vollzeit-Stellen - und daher wären 926.000 Fahrer in Zukunft nicht mehr in der Lage, mit Uber zu arbeiten", so Khosrowshahi. Besonders jetzt, da sich die Wirtschaft der USA durch die Corona-Pandemie in einem fragilen Zustand befinde, sei dies der falsche Weg, so der Uber-CEO weiter. Hinzu käme noch, dass die meisten Fahrer gar nicht wollten, dass man sie als Angestellte behandle, sondern die Flexibilität genießen würden, die das jetzige Arrangement mit sich bringe.
Abstimmung in Kalifornien mit Symbolcharakter
Zunächst steht am 3. November jedoch erst einmal nur die Behandlung der Uber- und Lyft-Fahrer in Kalifornien zur Entscheidung. Allerdings hat Kalifornien laut dem "San Francisco Chronicle" oftmals eine Vorreiterrolle für die gesamten USA. "Was hier passiert ist unglaublich wichtig für viele Staaten, die über eine solche Gesetzgebung nachdenken", sagte auch William Gould, emeritierter Professor an der Stanford Law School, gegenüber "MarketWatch". Auch der Ausgang der Präsidentschaftswahl dürfte das weitere Schicksal von Uber und Lyft beeinflussen. Denn das kalifornische Landesparlament, das bereits im Sommer die Umsetzung der aktuellen Gesetzeslage erzwingen wollte, wird von Demokraten dominiert. Auch der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden ist laut "MarketWatch" ein Gegner von Proposition 22. Sollte er daher die Wahl zum US-Präsidenten gewinnen, könnte der Standard für die Einordnung der Arbeiter in Kalifornien womöglich in ein nationales Gesetz einfließen, glaubt Gould. Für das bisherige Geschäftsmodell von Uber und Lyft wäre das dann wohl der Todesstoß.
Redaktion finanzen.ch
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