Die "grossartigen Sieben" |
20.07.2021 06:05:00
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Jim Cramer: Diese US-Aktien dürften trotz Corona Stärke beweisen
Die zweite Welle der Corona-Pandemie rollt über den Globus und setzt den Aktienmärkten weltweit erneut zu. Doch während die Indizes in den USA und Deutschland einknicken, dürften einige Aktien weiterhin Stärke beweisen und sogar noch höher steigen, glaubt Börsenkenner Jim Cramer.
• Cramer: Annahmen der Anleger zu den Aktien so mächtig, dass sie alles andere übertrumpfen
• Vor allem jüngere Anleger treiben Kurse an
Am Aktienmarkt hat die Corona-Pandemie bereits zahlreiche Gewinner und Verlierer hervorgebracht und wird die Kurse vieler Papiere auch weiterhin prägen. Zu den absoluten Gewinnern dürften laut "CNBC"-Moderator Jim Cramer dabei die "grossartigen Sieben" gehören. Dabei handelt es sich um Aktien, die seiner Meinung nach bis zum Ende der Pandemie - also der allgemeinen Verfügbarkeit eines wirksamen Impfstoffes - nur eine Richtung kennen: nach oben. Zu dieser Gruppe gehören laut Cramer der Anbieter von Videokonferenzsoftware Zoom, der Streaminggeräte-Hersteller Roku, der Fitnessgeräte-Hersteller Peloton, der Streaming-Anbieter Netflix, die Zahlungsdienstleister Square und PayPal sowie der E-Autobauer Tesla.
Diese Aktien hätten sich "von allen Messgrössen entkoppelt" und würden vom Enthusiasmus der Anleger immer höher getrieben werden. "Es ist fast so, als wenn diese Aktien die Heimmannschaft in irgendeiner riesigen Aktienliga wären und unterstützt werden müssten, komme was wolle", schreibt Cramer in einem Artikel für "The Street", der im Wesentlichen eine Abschrift seiner "CNBC"-Sendung "Mad Money" vom 19. Oktober darstellt. Dabei gebe es für jede Aktie eine These, an die Anleger so stark glauben würden, dass jegliche Techniken, um den tatsächlichen Wert des Unternehmens zu ermitteln, davon geschlagen werden würden. Das sei vor allem unter jüngeren Anlegern der Fall. "Sie haben eine Annahme, finden eine Aktie, die zu der Annahme passt und hören dann nie auf sie zu kaufen, lange nachdem die traditionellen Käufer auf Grundlage der Bewertung schon zu Verkäufern geworden sind", so der "Mad Money"-Host.
Die "grossartigen Sieben", wie Cramer die Gruppe der Aktien selbst taufte, würden daher auch während der Pandemie immer weiter steigen, auch wenn diese Stärke teilweise den Fundamentaldaten widerspreche. "Jeder Tag ist eine Kaufgelegenheit, egal ob die Aktie sinkt oder fällt, und es gibt keine bessere Kaufgelegenheit als nach einer enttäuschenden Bilanz", fasste Cramer die Stimmung bezüglich der Titel zusammen.
Netflix profitiert von Status als "Wachstumsaktie"
Als Paradebeispiel für diesen unbedingten Glauben an eine solche These ungeachtet der tatsächlichen Geschäftszahlen nennt Jim Cramer die Aktien der Streamingplattform Netflix. Aufgrund der Corona-Pandemie, der damit verbundenen Vorgaben für die Kinobetreiber weltweit und dem bestehenden gesundheitlichen Restrisiko für Kinobesucher laute die These hier, dass "niemand auf der ganzen Welt noch ins Kino geht, was bedeutet, dass die Bullen-Annahme für Netflix wahr sein muss, egal was das Unternehmen bei der Zahlenvorlage präsentiert", so der "CNBC"-Moderator kurz vor Veröffentlichung der Netflix-Bilanz. "Wenn die Aktie nach der Zahlenvorlage [...] sinkt, dann lehrt die Geschichte, dass man trotzdem kaufen sollte, ungeachtet der Bilanz", führte Cramer weiter aus.
Tatsächlich legte Netflix im Oktober enttäuschende Quartalszahlen vor: Das Wachstum flaute gegenüber den Vorquartalen und auch dem Vorjahr deutlich ab, die eigene Prognose bei der Zahl der neuen Abos wurde verfehlt und auch der Gewinn enttäuschte die Analysten. Die Netflix-Aktie fiel daraufhin am Tag nach der Zahlenvorlage um knapp sieben Prozent und stagniert seitdem auf diesem Niveau.
Für Cramer aber wohl kein Kauf-Hindernis, zumal Netflix laut seiner Einschätzung nicht nur vom Stay-At-Home-Trend während der Corona-Pandemie, sondern auch von seinem Status als Wachstumsaktie profitieren dürfte. Denn Aktien wie Netflix, die als Wachstumstitel gelten würden, seien "es immer wert, bei Schwäche gekauft zu werden - bis etwas schief geht und die Geschichte auseinanderfällt. Und zum jetzigen Zeitpunkt denken Käufer und Investoren [bei Netflix] nicht einmal daran, dass das im Bereich des Möglichen liegt", so der Börsenkenner.
Auch Peloton, Zoom und Roku profitieren von Stay-At-Home-Trend
Ähnlich wie Netflix würde auch Peloton seinen Kunden eine häusliche Alternative für Tätigkeiten anbieten, die vor der Pandemie auswärts stattgefunden hätten, so Cramer. Während Netflix den Kinobesuch ersetze, sei Peloton mit seinen vernetzten Fitnessgeräten eine Alternative zum risikoreicheren Besuch eines Fitnessstudios. "Peloton ist zu einem Kult-Namen geworden, die eine Aktie, die man kaufen kann, anstatt ein Fitnessstudio oder einen Spinning-Kurs zu besuchen, wobei beide zu einer aussterbenden Spezies gehören", schreibt Cramer bei "The Street". Die Peloton-Aktie, die in diesem Jahr bereits um mehr als 300 Prozent zulegen konnte, sei dadurch der Weg schlechthin geworden, um die Pandemie aus einem athletischen Blickwinkel heraus auszuspielen.
Auch Zoom gehört zweifelsfrei zu den grossen Profiteuren des Stay-At-Home-Trends, da zahlreiche Unternehmen die Home-Office-Möglichkeiten seit Beginn der Pandemie ausgeweitet haben. Das Unternehmen, das Software für Videokonferenzen anbietet, sei dadurch laut Cramer zur "grössten Geschichte [...] seit dem Aufkommen des Personal Computers" geworden. Zoom habe "ein völlig verrücktes Wachstum, wie ich es noch nie gesehen habe", schwärmte der "CNBC"-Moderator angesichts des gewaltigen Kursplus von mehr als 650 Prozent seit Jahresbeginn - und damit dürfte das Ende der Erfolgsgeschichte noch längst nicht erreicht sein. "Jedes Mal, wenn man hört, dass die COVID-Fälle ansteigen, geben diese Investoren, die sich nicht um die Bewertung scheren, mit beiden Händen Geld für Zoom-Aktien aus", so Cramer weiter.
Auch mit Blick auf die Roku-Aktie spricht Cramer von einer nicht rational zu erklärenden Liebe der Anleger. Das Unternehmen produziert Media-Player, mit denen - wie beispielsweise auch mit Googles Chromecast - auf Streamingplattformen, Mediatheken und Fernsehsender zugegriffen werden kann. Während Roku hierzulande noch nicht so bekannt sein dürfte, hat es laut Jim Cramer in den USA bei der jüngeren Generation bereits das Kabelfernsehen abgelöst. "Denken Sie daran, dass wir hier über thesenbasiertes Investieren reden, über Kult-Aktien, und die These unter jüngeren Käufern lautet, dass es im traditionellen TV nichts zu sehen gibt, das sich lohnt, höchstens mit der Ausnahme von Sport - und jetzt [wegen pandemiebedingten Absagen] nicht einmal das", erklärte Cramer den Erfolg von Roku, der sich beim Aktienkurs in einem Performanceplus von gut 60 Prozent seit Jahresbeginn niederschlägt.
PayPal und Square profitieren von Image
Bei den Aktien der Zahlungsdienstleister Square und PayPal ist es etwas schwieriger zu erkennen, warum ausgerechnet sie von der Pandemie profitieren sollten - zumal sich selbst Jim Cramer über den Erfolg von Square wundert, da viele mittelständische Unternehmen zu dessen Kunden gehören, die durch die Corona-Pandemie in Bedrängnis geraten sind. Dennoch sind die Square-Aktien in diesem Jahr bereits um mehr als 160 Prozent gestiegen.
Laut dem "CNBC"-Moderator würden Square und PayPal unter ihren Anlegern einfach als "welche von den Guten" gelten, da sie den Zugang zu Geld "demokratisieren" würden - und somit mit Geschäftszahlen durchkämen, für die andere Unternehmen in der gleichen Situation an der Börse längst kräftig abgestraft worden wären. PayPal etwa sei "eine Firma, die entweder die rosigsten Vorhersagen verpasst oder die Schätzungen mehrfach gesenkt hat, und es hatte nie etwas zu bedeuten", so Cramer - und genau das zeichnet für ihn die "grossartigen Sieben" aus.
Doch PayPal profitiere laut dem Aktienexperten nicht nur von seiner Beliebtheit unter jüngeren Menschen, die heute lieber über den Zahlungsdienstleister statt mit Kreditkarte einkaufen würden, sondern auch von dem Interesse älterer institutioneller Investoren, die für ihren Portfoliomix Bankaktien benötigen, jedoch jegliches Kreditrisiko vermeiden wollen. Dieser Trend, statt auf herkömmliche Banken auf PayPal und Co. zu setzen, dürfte sich wohl durch die anhaltende Corona-Pandemie verstärken. Denn das Ausfallrisiko zahlreicher Kredite dürfte steigen, je länger das Coronavirus grassiert und je stärker Wirtschaft und Privathaushalte dadurch in Bedrängnis geraten.
Tesla als "Story-Aktie"
Bei Tesla liegt der Fall hingegen etwas anders. Auch wenn Jim Cramer die Aktie des E-Autobauers als Mitglied der "grossartigen Sieben" in einem Atemzug mit den Corona-Gewinnern nennt, lässt sich aus seinem Kommentar heraushören, dass er auch unabhängig von der Pandemie an die Gewinnchancen des Unternehmens rund um Elon Musk glaubt. "Ich habe immer gesagt, dass Tesla eine Kult-Aktie ist, selbst nachdem ich im vergangenen Jahr dem Kult beigetreten bin. Diese Basis an Aktienbesitzern wird nirgendwohin gehen und genauso wenig werde ich das tun. Ist das ein Zirkelschluss? Absolut. Und es hat trotzdem auch einen monströsen Gewinn bei dieser [Aktie] hervorgebracht", so Cramer bei "CNBC". Seit Jahresbeginn kann die Tesla-Aktie ein beachtliches Kursplus von rund 380 Prozent vorweisen und kommt auf eine Marktkapitalisierung von 400 Milliarden US-Dollar. Diese Bewertung scheine laut Cramer zunächst "absurd", aber Besitzer der Tesla-Aktie seien sich sicher, dass es Elon Musk irgendwie schaffen werde, dass der E-Autobauer in diese Bewertung hineinwachse. "Sie wissen das einfach und sie werden sich davon nicht abbringen lassen", so Cramer - und das dürfte die Aktie auch weiterhin antreiben.
Cramer warnt: Jede Geschichte hat einmal ein Ende
Doch auch, wenn es bei den genannten sieben Aktien aufgrund der Einstellung der Anleger so scheint, als ob es mit den Kursen nur nach oben gehen könnte, warnte Jim Cramer die Investoren dennoch davor, dass das nicht ewig so weitergehen könne. "Nichts hält ewig, das umfasst auch die Liebesbeziehung des Aktienmarktes mit den grossartigen Sieben", so der Börsenkenner. Irgendwann nach dem Ende der Pandemie wird also wohl auch die Zeit der "grossartigen Sieben" vorbei sein.
Redaktion finanzen.ch
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